
Streit um das Alter der Saturnringe. (Foto: Artsiom P/Shutterstock)
Sind die Saturnringe doch nicht so verhältnismäßig jung wie die Dinosaurier, wie kürzlich behauptet wurde? Dazu gibt es eine neue Theorie, die auf den gleichen Daten beruht wie die Dinosaurier-Hypothese.
Saturnringe wohl doch uralt
Unter anderem unter Verwendung von Daten der Raumsonde Cassini kommt ein Forschungsteam unter Leitung des Planetenforschers Ryuki Hyodo vom Institute of Science im japanischen Tokio zu der Annahme, dass die Ringe des Saturn wahrscheinlich doch eher so alt sind wie der Planet selbst – nämlich runde 4,5 Milliarden Jahre.
Um das Alter der Saturnringe gibt es seit Langem einen wissenschaftlichen Diskurs. Eine konsensfähige Annahme besagt, dass die Beschaffenheit der Saturnringe selbst gute Hinweise auf deren Alter geben kann. Alles dreht sich dabei um sogenannte Mikrometeoroiden.
Das sind extrem kleine Partikel, die sich im Weltraum mit sehr hohen Geschwindigkeiten bewegen. Sie sind Überreste von Kometen, Asteroiden oder Staubkörnern, die aus dem frühen Sonnensystem stammen. Ihre Größe reicht in der Regel von wenigen Mikrometern bis zu maximal etwa einem Millimeter.
Ebendiese Mikrometeoroiden würden dann irgendwann auf die hellen Eispartikel getroffen sein, aus denen die Saturnringe bestehen. Der Grad der durch sie verursachten Verschmutzung der Ringe könnte dann als Zeichen für deren Alter dienen.
Bisherige Theorie geht von Verschmutzung durch Mikrometeoroiden aus
Als die Raumsonde Cassini der US-Raumfahrtbehörde Nasa im Jahr 2004 den Saturn erreichte, stellte sie indes fest, dass die Saturnringe relativ hell und sauber wirkten. So kamen Forscher:innen zu der Theorie, dass die Saturnringe etwa 100 bis 400 Millionen Jahre alt sind. Damit wären sie etwa im gleichen Zeitraum entstanden, in dem die Erde von Dinosauriern beherrscht wurde.
Ryuki Hyodo fand das indes nicht plausibel, wie er Space.com erzählte: „Die Vorstellung, dass die Saturnringe jung sind, erschien jedoch im Kontext der langen Entwicklungsgeschichte des Sonnensystems sehr seltsam. Vor einigen Millionen Jahren lebten auf der Erde die Dinosaurier. Dies würde bedeuten, dass das Sonnensystem bereits gut etabliert und relativ stabil war.“
Als sich hingegen der Saturn vor etwa 4 bis 4,5 Milliarden Jahren bildete, sei das Sonnensystem noch „weitaus chaotischer“ gewesen, so Hyodo. „Viele große planetarische Körper waren noch in Bewegung und interagierten miteinander, was die Wahrscheinlichkeit eines bedeutenden Ereignisses, das zur Bildung der Saturnringe hätte führen können, erheblich erhöhte.“
Mikrometeoroiden verdampfen, verschmutzen aber die Saturnringe nicht
Um das Rätsel zu lösen, entwickelten Hyodo und seine Kolleg:innen 3D-Computermodelle, die Zusammenstöße zwischen Mikrometeoroiden und den Ringen simulieren können. Solche Einschläge ereignen sich in der Regel bei Geschwindigkeiten von etwa 108.000 Kilometern pro Stunde und erzeugen Temperaturen von mehr als 9.725 Grad Celsius.
Das führe zum Verdampfen der Mikrometeoroiden, so die Forscher:innen. Das so entstehende Gas würde sich dann ausdehnen, abkühlen und im Magnetfeld des Saturn kondensieren, wodurch elektrisch geladene Ionen und mikroskopisch kleine Partikel entstünden.
Die Simulationen zeigten dann, dass diese geladenen Teilchen entweder mit dem Saturn kollidieren, seiner Anziehungskraft entkommen oder in die Atmosphäre des Planeten gezogen werden. So bliebe nur sehr wenig dieses Materials übrig, das die Ringe verschmutzen könnte.
Deshalb seien die relativ sauber geblieben, meinen die Wissenschaftler:innen. Hyodo weist darauf hin, dass „ein sauberes Erscheinungsbild“ nicht unbedingt bedeute, „dass die Ringe jung sind“.
Ergebnis widerspricht Cassini-Daten nicht
Hyodo betont dabei, dass die neue Studie die Ergebnisse von Cassini nicht widerlege, sondern lediglich zeige, dass die bisherige Interpretation der Cassini-Daten falsch sein könnte. „Alles in allem würde ich sagen, dass die Saturnringe wahrscheinlich sehr alt sind – etwa 4,5 bis 4 Milliarden Jahre alt“, so Hyodo. „Als Planetenforscher, der sich mit der Entstehung des Sonnensystems befasst, erscheint mir unser Ergebnis plausibler.“
Hyodos Team will nun Laborexperimente durchführen, um den Einschlag von Mikrometeoroiden auf Eisteilchen zu simulieren, um zu sehen, ob sich die Computermodelle so bestätigen lassen. Ihre bisherigen Ergebnisse haben die Forscher:innen um Hyodo jüngst im Wissenschaftsmagazin Nature Geoscience vorgestellt.