Wieder Killerspiel-Debatte? Warum Gamer die Berichterstattung zum Fall Mangione kritisieren

In den USA wurde erneut eine Killerspieldebatte losgetreten. Und die Gaming-Community reagiert verärgert. (Foto: VasiliyBudarin/ Shutterstock)
Der CEO von United Healthcare, Brian Thompson, wurde auf offener Straße in New York erschossen. Die tödliche Attacke sorgt seit geraumer Zeit für Schlagzeilen weltweit. Mittlerweile wird der 26-jährige Luigi Mangione als Tatverdächtiger gehandelt. In der Berichterstattung rund um das Attentat auf Thompson finden sich aber auch einige Beiträge, die eine Ursache für den Mord an dem CEO finden wollen.
Wie erneut eine Killerspiel-Debatte losgetreten wird
So hat ein Artikel von NBC News für Furore in der Gaming-Community gesorgt. Dort heißt es, dass der Verdächtige mit seinen Freunden „Assassinen“ in einem Videospiel verkörpert hätte. NBC News hat die ehemaligen Freunde Mangiones gezielt zu seinen Gaming-Interessen befragt. Andere Medien wie die New York Post sind schnell auf den Zug aufgesprungen.
Das besagte Spiel, um das es geht, ist Among Us. Ein populäres Multiplayer-Spiel mit Comic-Figuren, in dem Spieler:innen Aufgaben erfüllen müssen. Ein kleiner Teil der Gamer:innen wird aber verdeckt als Verräter:innen ausgewählt, die alle anderen unentdeckt ausschalten müssen.
Das Spielprinzip basiert dabei auf dem Gesellschaftsspiel Mafia, das schon 1986 erfunden wurde. Später bekam es einen neuen Aufschwung durch ein mittelalterliches Fantasy-Setting in Werwölfe von Düsterwald. Auch wenn der Artikel die direkte Verbindung zum Mord an Thompson relativiert und betont, dass Among Us schon für Kinder freigegeben ist und die Comic-Grafik keine explizite Gewaltdarstellung ermöglicht, sorgt der Beitrag erneut für Aufregung in der Gaming-Community.
Im Forum von Resetera sammeln sich zahlreiche fassungslose Kommentare von Gamer:innen. Einige von ihnen betonen, dass Among Us eine so große Anzahl an Spieler:innen hatten, dass im Grunde eine globale Gefahr von ihnen ausgehen müsste. 2020 schätzte SuperData Research, dass knapp 500 Millionen Menschen Among Us heruntergeladen und gespielt haben (via The Verge).
Andere kritisieren, dass NBC News nicht einmal einen Screenshot von Among Us im Artikel verbaut hat. So könnte bei Personen, die das Spiel nicht gespielt haben, trotzdem ein gewalttätiges Bild entstehen. Andere vermuten, dass sie ganz andere Spiele als Sündenbock für das Attentat vermutet hätten. So wie es auch in der Vergangenheit der Fall war.

So sehen die Todesanimationen in Among us aus. (Bild Innersloth)
Killerspiele: Hatten wir das Thema nicht schon?
Denn die Killerspiel-Debatte existiert schon seit den 1990ern. Damals wurden allerdings noch Arcade-Games wie Space Invaders zu den besonders gefährdenden Spielen gezählt. Und auch Paintball und Lasertag mussten sich den Titel zunächst gefallen lassen. Nach dem Amoklauf in Erfurt im Jahr 2002 wurde der Begriff auch in Deutschland immer wieder mit Videospielen wie Counter-Strike in Verbindung gebracht.
Seither wurden unzählige Studien darüber geführt, ob Videospiele aggressives Verhalten bei Kindern und Erwachsenen fördern oder ihre Empathie beeinträchtigen. Ein glasklarer Kausalzusammenhang konnte bis heute nicht bewiesen werden. Was die Gaming-Community an den aktuellen und vergangenen Diskussionen aufregt, ist, dass Spiele oftmals als einziger Grund für die Gewalttaten – und für damit einhergehende Schlagzeilen – herangezogen werden.
Die Realität war aber bei keinem der Gewalttaten in der Vergangenheit so eindimensional. Oftmals gab es psychische Probleme, ein schwieriges Elternhaus oder soziale Konflikte, die in der Killerspiel-Debatte außer Acht gelassen wurden – oder deren Ursprung auch wieder in Videospielen gesucht wurde. In Deutschland sind die Diskussionen seit einigen Jahren wieder etwas abgeebbt. Das liegt auch daran, dass sich einige Politiker:innen mehr mit Videospielen beschäftigen. So gab es etwa 2011 eine LAN im Bundestag. Und eigentlich ist Gaming auch in den USA seit Jahren salonfähig. Zuletzt wurde World of Warcraft etwa für den Wahlkampf genutzt.