Wikipedia: So versucht Russland, die öffentliche Meinung zu manipulieren
Es ist Krieg in der Ukraine. Russland tötet dort nicht nur, sondern versucht auch, in einem Informationskrieg die Richtung im öffentlichen Diskurs zu bestimmen. Eine aktuelle Studie legt dar, wie zweifelhafte Accounts etwa Artikel der freien Enzyklopädie Wikipedia immer wieder in Sprache und Fakten anpassen. Auf 24 Seiten belegt das Papier anhand von Netzwerk-Visualisierungen und Artikel-Analysen, dass eine Reihe suspekter Accounts regelmäßig staatlich-unterstützte Quellen und Propaganda-Narrative injizieren.
Netzwerk-Mapping macht Verbindungen deutlich
Die Forscher:innen des unabhängigen Institute for Strategic Dialogue (ISD) und des Centre for Analysis of Social Media (CASM) konzentrierten sich zunächst auf die englischsprachige Seite zum Ukraine-Krieg. Dabei untersuchten sie Konten, die diese Seite editiert haben und irgendwann gesperrt wurden.
Die Forscher kartierten das Bearbeitungsverhalten und stießen auf weitere Wikipedia-Seiten, auf denen bösartige Akteure Netzwerk-Mapping betrieben. Darunter versteht man das verteilte Editieren von Artikeln, um nicht aufzufliegen.
Einträge haben Objektivierung pro-russischer Darstellungen zum Ziel
Die Studie enthüllt dabei ein Netzwerk von zwielichtigen „Redakteuren“, die versucht haben, das Narrativ in Richtung der russischen Propaganda zu manipulieren. Das umfasste sprachliche Änderungen, „um die Objektivität pro-westlicher Darstellungen zu minimieren und die Objektivität von Pro-Kreml-Darstellungen zu maximieren“. Sie unterfütterten diese zum Teil nur leichten Modifikationen mit Quellen, die zu russischen Staatsmedien führten.
Ähnliche Konten bearbeiten dieselben Narrative
Die Arbeit isolierte 86 gesperrte Konten, die 791.771 Überarbeitungen vorgenommen haben. Um ihre Verbindungen aufzudecken, verwendeten die Wissenschaftler:innen eine Netzwerkkarte. Sie sind für 681 Edits des Artikels über den Krieg verantwortlich.
Jeden Einzelnen überprüfte das Team manuell und fand 22 Edits mit 37 Domains, die staatlichen Ursprungs waren. 16 davon waren umstritten, weil sie offensichtliche Narrative aufwiesen, die mit dem vom Kreml gesponserten Informationskrieg übereinstimmten. Die Studie belegt die Änderungen mit Beispielen.
Staatsmanipulation? Eindeutige Zuordnung schwierig
Bösartige Organisationen setzen diverse Mechanismen ein, um ihre Aktivitäten zu verschleiern. Das Papier nennt etwa Strohmänner, Tag-Teams, Fake-Accounts, Click-Farms und Deep Fakes. Im Falle der Strohmänner kennt man allerdings schon viele Accounts, von denen man weiß, dass sie ferngesteuert agieren.
Die meisten gesperrten Nutzer:innen der Untersuchung unterhielten mehrere Konten oder verstießen in anderer Weise gegen die Bestimmungen. Die Studie gibt zu, dass eine eindeutige Zuordnung sehr schwer ist. Sie sammelt jedoch eine Menge Hinweise, die den Schluss nahelegen, dass der Kreml versucht, den öffentlichen Diskurs zu manipulieren. Auf der anderen Seite ist es wohl nicht die einzige Körperschaft, die sich das traut.