Am 1. März – eine Woche nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine – drohte die russische Zensurbehörde Roskomnadsor an, den Zugang zu Wikipedia zu blockieren. Als Reaktion darauf haben Zehntausende Bürger:innen die örtliche Offline-Version heruntergeladen, um deren Inhalte zu sichern. Das berichtet das US-Magazin Slate. Möglich macht das die gemeinnützige Organisation Kiwix, die Menschen auf der ganzen Welt den Zugang zu der Wissensdatenbank ermöglicht – auch ohne Internet.
Wikipedia 106.000 mal heruntergeladen
29 Gigabyte ist die russische Wikipedia groß, das entspricht 667 Enzyklopädie-Bändern. Im Gegensatz zu diesen lässt sich das gesammelte Wissen bequem auf einem wenige Gramm schweren USB-Stick aufbewahren. Auf diese Idee kamen nun viele Russ:innen, die das Image der NGO Kiwix 105.889 Mal heruntergeladen haben. Das entspricht einem Anstieg von 4.000 Prozent, so die Serverbetreiber, bei denen die russischen Zugriffe zurzeit 42 Prozent des gesamten Downloadvolumens ausmachen sollen. Die Organisation geht von real noch höheren Zahlen aus, da viele Russ:innen VPN-Dienste nutzen würden, um ihre Herkunft zu verschleiern. Kiwix bringt Wikipedia seit 15 Jahren in die entlegensten Regionen der Welt – oder in solche mit starker Zensur.
Trotz der Drohung schaltete die russische Regierung die freie Online-Enzyklopädie noch nicht ab. Doch nachdem sie einen führenden Wikipedia-Redakteur wegen „gefälschter, anti-russischer Inhalte“ verhaftet hat, steigt die Besorgnis. Russische Stellen manipulieren die Wikipedia, wie der Twitterbot @RuGovEdits seit langer Zeit dokumentiert. Solange die Behörden glauben, damit das Phänomen „unter Kontrolle“ zu haben, könnte sich eine Blockade noch hinziehen.
Wikimedia wehrt sich gegen russische Zensur
Auf der anderen Seite versuchte die Regierung immer wieder, Wikipedia zur Löschung von Inhalten zu bewegen. Ging es zunächst um Cannabis, waren es zuletzt Darstellungen über die Ukraine-Invasion. Die Wikimedia Foundation und ihre lokale Dependance, Wikimedia Russland, wehrten sich bisher immer standhaft und erfolgreich gegen die Einflussversuche. Zuletzt veröffentlichten sie ein Statement, in dem sie erläutern, dass der betreffende Invasionsartikel über 11,3 Millionen mal aufgerufen worden sei und es Artikel in 99 Sprachen zu diesem Thema gebe. „Wir werden nicht vor den Versuchen zurückweichen, Mitglieder unserer Bewegung zu zensieren und einzuschüchtern. Wir stehen zu unserer Mission, der Welt freies Wissen zur Verfügung zu stellen“, schreiben die Verfasser:innen dort.