Es ist kein großes Geheimnis mehr, dass Microsoft ein größeres Update für sein weit verbreitetes PC-Betriebssystem Windows für nächstes Jahr plant. Seit mindestens März 2023 kursieren entsprechende Gerüchte, während Qualcomm im Zuge der Vorstellung des Snapdragon-X-Elite-Prozessors recht klar auf einen Windows-11-Nachfolger hinwies.
Mit dem Wechsel an der Spitze der Windows-Sparte – der langjährige Chef Panos Panay musste jüngst seinen Hut nehmen und arbeitet seither bei Amazon –, zieht laut einem Bericht von Windows Central eine andere Strategie ein.
Neue Chefetage, neuer Updatezyklus
Den Quellen des Portals zufolge kehre Microsoft dem von Panay eingeführten Updatezyklus den Rücken, der alle drei Jahre eine neue Hauptversion vorsah. Neue Funktionen sollten nach Panays Vorstellung unregelmäßig über sogenannte Moment-Updates verteilt werden.
Die neue Führungsriege plane wieder einen traditionellen Veröffentlichungszyklus: Einmal im Jahr soll ein großes Windows-Update erscheinen. Dennoch sollen die Moment-Updates angeblich nicht vollständig verschwinden, aber wohl sparsamer eingesetzt werden. „Sie werden in Zukunft nicht mehr das primäre Mittel zur Bereitstellung neuer Funktionen sein“, so Zac Bowden von Windows Central.
Windows 12 oder 2H24 auf neuer Plattform Germanium
Wie Windows Central schreibt, soll 2024 eine völlig neue Windows-Plattform mit dem Codenamen Germanium erscheinen. Auf dieser soll dann das Windows-Feature-Update mit dem Codenamen Hudson Valley aufbauen. Germanium soll der Roadmap zufolge im April 2024 einen RTM-Meilenstein (ready to manufacture) erreichen.
Für das Hudson-Valley-Update selbst benötige Microsoft jedoch etwas mehr Zeit. Es soll erst im August fertiggestellt werden. Der Release für bestehende PCs werde dennoch erst im September oder im Oktober erfolgen, heißt es.
Trotz der späteren Veröffentlichung der neuen Version sei ein Marktstart neuer Notebooks auf Basis von Qualcomms Snapdragon-X-Elite-ARM-Prozessor mit der Germanium-Plattform schon im Sommer vorgesehen. Das große Hudson-Valley-Update soll dann später nachgereicht werden.
Was steckt in Hudson Valley?
Mit dem Hudson-Valley-Update knüpft Microsoft offenbar an die Arbeiten der letzten Monate an. Das heißt: Windows erhält weitere KI-Funktionen „der nächsten Generation“, die in das gesamte Betriebssystem integriert werden sollen. Für diese werde dem Bericht zufolge neue NPU-Hardware benötigt.
Laut dem Bericht gehört zu den neuen Funktionen die Einführung einer KI-gestützten Windows-Shell, die mit erweiterten Features für den Copilot bestückt sein soll und permanent im Hintergrund arbeite. Die Shell soll etwa die Suche verbessern, Projekte oder Arbeitsabläufe starten, Zusammenhänge verstehen und mehr. Laut den Windows-Central-Quellen sollen die neuen KI-Funktionen „bahnbrechend“ sein.
Ferner arbeite das Unternehmen an einer neuen Verlaufs- oder Zeitleistenfunktion, mit der Benutzer:innen in der Zeit zurückblättern können, um alle Apps und Websites zu sehen, „an die sich Copilot erinnert habe und die auf der Grundlage der spezifischen Suchkriterien eines:einer Benutzer:in gefiltert werden können“, so Windows Central.
Mit KI soll außerdem die Suche in Windows verbessert werden, indem Nutzer:innen natürliche Sprache verwenden können, um Dinge zu finden, die sie zuvor auf dem PC geöffnet oder gesehen haben. Wenn Nutzer:innen sich nicht mehr an den Namen oder den Inhalt eines Dokuments erinnern können, sei der Suchbegriff „Finde das Dokument, das Bob mir vor ein paar Tagen über Whatsapp geschickt hat“ ein Prompt, der die Windows-Suche verstehen können soll, erklärt das Windows-Blog.
Zu den weiteren KI-Funktionen gehört Windows Central zufolge die sogenannte Super Resolution, mit der mittels NPU des Prozessors die Qualität von Videos und Spielen hochskaliert werden könne. Es sei ferner eine optimierte Version von Live Captions in Arbeit, die in der Lage sein soll, eine Reihe von verschiedenen Sprachen in Echtzeit zu übersetzen. Dabei sei es egal, ob es Sprache in einem Video bei einem Teams-Anruf oder in einem Videocall ist. Eine ähnliche Funktion will übrigens auch Samsung beim Galaxy S24 integrieren.
Microsoft arbeitet laut Windows-Central-Autor Zac Bowden auch an „KI“-gesteuerten Hintergrundbildern, die mithilfe von maschinellem Lernen Ebenen in jedem Bild erkennen und einen gewissen Parallaxeneffekt erzeugen können. Per Mauszeiger oder dem eingebauten Gyroskop lasse sich damit interagieren, heißt es.
Windows 12 oder 24H2: Mehr als nur neue KI-Funktionen
Abseits der zahlreichen KI-Features plane Microsoft, dem Startmenü sowie dem Datei-Explorer einen eigenen Creator-Bereich hinzuzufügen. In diesem sollen alle Microsoft-Dienste, mit denen Nutzer:innen Inhalte erstellen können, an einem Ort zusammengefasst werden.
Diesen Bereich beschreibt Bowden als „Startrampe für Microsoft 365“, indem Verknüpfungen für den Einstieg in ein neues oder bestehendes Designer-Projekt oder Word-Dokument, eine Powerpoint-Präsentation und mehr bereitgestellt werden.
Bowden will außerdem gehört haben, dass Microsoft an mehreren relevanten Verbesserungen für den Energiesparmodus arbeitet, der die Akkulaufzeit bei bestimmter Hardware um bis zu 50 Prozent verlängern soll. Weiter sei eine neue Ökostrom-Funktion für Windows in Arbeit, mit der das Gerät dann aufgeladen werde, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stamme.
Überdies experimentiere Microsoft bei Hudson Valley mit einer neuen Desktop-Oberfläche. Bei dieser sollen Elemente der Taskleiste wie die Systemablage am oberen Rand des Bildschirms platziert sein. Diese Oberfläche befinde sich dem Bericht zufolge jedoch noch in „einer experimentellen Phase“ und werde womöglich noch nicht Teil des großen Updates sein. „Die neuen Windows-Chefs wollen mit ihrer ersten Veröffentlichung nicht zu viel Staub aufwirbeln“, so die Vermutung Bowdens.
Wird das große Update Windows 12 heißen?
Eine der großen Fragen des nächsten Updates scheint noch ungeklärt zu sein: Wird Hudson Valley Windows 12 heißen oder wird es eine weitere Version von Windows 11 sein?
Glaubt man Bowdens Informationen, sei „Microsoft müde geworden“, die Windows-Nutzer:innen mit einem weiteren Release noch stärker zu fragmentieren. So habe Windows etwa 1,4 Milliarden Nutzer:innen, von denen 400 Millionen Windows 11 im Einsatz hätten. Das bedeutet, dass es immer noch eine Milliarde Windows-10-Nutzer:innen gibt, von denen ein großer Prozentsatz aufgrund der Systemanforderungen nicht auf Windows 11 aktualisieren könne.
Ganz gleich, ob die nächste Iteration nun Windows 11 oder 12 heißen wird, werde Hudson Valley aus technischer Perspektive intern als eine neue Windows-Version betrachtet.
Vor dem Release von Windows 24H2 oder Windows 12 beabsichtige Microsoft noch die Veröffentlichung eines weiteren Moment-Updates mit der Bezeichnung „Windows 11 Moment 5“. Die neue Version soll gegen Ende Februar 2024 erscheinen. Mit dem Moment-Update soll unter anderem in Europa die Bing-Suche von Windows entkoppelt werden.
Das klingt spannend! Hoffentlich kann man die KI im Zweifelsfall auch abschalten. Es gibt bestimmt viele Nutzer, die sich nicht reinreden lassen möchten. Davon hängt ab, ob Windows 12 ein Erfolg oder ein Flop wird.