Analyse
Youtube dreht den Geldhahn zu: Warum viele Videoblogger sauer sind

Als Youtube-CEO Susan Wojcicki gestern die neuen Vergütungsregeln für Youtuber bekanntgab, ging ein Raunen durch die Community: 1.000 Abonnenten und 4.000 Wiedergabestunden in den letzten zwölf Monaten müssen Youtuber ab sofort vorweisen, wenn sie überhaupt in den Genuss einer Vergütung durch Werbeclips kommen wollen. Für viele kleinere Projekte mit einer spitzen Zielgruppe lohnt sich Youtube damit unter finanziellen Aspekten nicht mehr, sie werden ab dem 20. Februar von sämtlichen Monetarisierungsprogrammen ausgeschlossen.
„Um den Missbrauch der Plattform durch wenige schwarze Schafe zu bekämpfen, entzieht Youtube willkürlich einer großen Zahl von ehrlichen, kleinen Nischen-Youtubern und Video-Bloggern die einzige realistische Einnahmemöglichkeit“, ärgert sich beispielsweise Franz Neumeier, stellvertretender Vorsitzender des Bloggerclub e.V., der sich für die Belange von Bloggern einsetzt.
Als reichweitenstarker Kreuzfahrt-Blogger bietet er seinen Audio-Podcast mit rund 3.000 Hörern seit zwei Jahren zusätzlich auch in einer Youtube-Version an, mit inzwischen 69 jeweils halbstündigen Episoden. Er hält es für einen groben Fehler, dass Youtube offenbar nur noch auf Masse und Mainstream schaut und kleinere, ambitionierte Projekte auf der Strecke bleiben sollen. „Leidtragende sind zahlreiche ehrliche Video-Blogger, die ihre Abonnentenzahl und Wiedergabezeit nicht beispielsweise durch Beauty-Tipps, Katzenvideos oder oberflächliche Effekthascherei jeglicher Art pushen, sondern seriös für ein ernsthaftes, aber eben oft etwas kleineres Publikum arbeiten.“
Händeringend suchen kleinere Youtube-Channels daher aktuell nach Unterstützern in den sozialen Medien. Mehr als tausend Abonnenten sind selbst für etablierte Youtuber, die ein Thema abseits von Gaming und Beauty-Tipps behandeln, eine vergleichsweise hohe Hürde.
Auch die Bewertung der Wiedergabestunden dürfte in Zukunft nicht dafür sorgen, dass das gute alte Bundespost-Motto „fasse dich kurz“ Einzug in die Youtube-Welt findet. Langatmige Unboxing-Videos und Lets-play- und Erklärvideos, die sich länger hinziehen als sie eigentlich müssten – all das werden wir in den nächsten Jahren also zuhauf sehen.
Ebenso wird es für kurze prägnante Videos, die beispielsweise die wichtigsten Eindrücke eines Events zeigen oder schnell und einfach illustrieren, wie man einen Spanngurt befestigt, schwieriger, bei Youtube überhaupt monetarisierbar zu werden. Für viele ambitionierte Projekte, bei denen es nicht auf den letzten Cent ankommt, das wird in den entsprechenden Foren deutlich, könnte Vimeo in Zukunft attraktiver werden. Wer etwas Geld auszugeben bereit ist, bekommt dort schon für fünf bis 15 Euro den passenden Vimeo-Account. Der kommt zwar in den Google-Suchergebnissen etwas schlechter weg, ist im Gegenzug aber deutlich individueller anpassbar als die Youtube-Lösung.
Und noch einer wird hierdurch verlieren: die Werbetreibenden. Die können jetzt zwar sicher sein, im Mainstream-Bereich zwischen Gadgets, Nahrungsergänzungsprodukten und Kosmetikartikeln ihre Zielgruppe zu erreichen, sie werden aber nicht mehr so granuliert Special-Interest-Zielgruppen adressieren können wie das bisher geht. Profitieren könnte von dieser Entwicklung immerhin Facebook: Wenn das Unternehmen es schafft, das Video-Thema rasch und nachhaltig weiter auszubauen, werden die Werbetreibenden sich hier über den noch detaillierteren Datenschatz beim Zielgruppen-Targeting freuen.
Eine Neuerung der Youtube-Regeln, die in der Berichterstattung oft unter den Tisch fällt, ist indes aus Sicht der Zuschauer positiv: In Zukunft werden bei Youtube Preferred angebotene Videos nur noch dann mit Werbeinhalten versehen, wenn sie Youtubes Richtlinien entsprechen. Diese Maßnahme sowie das neu einzuführende Kontrollsystem werden zumindest den Werbetreibenden gefallen, die in der Vergangenheit oft bemängelt hatten, dass ihre Beiträge nicht in einem ihnen angenehmen qualitativ hochwertigen Umfeld erschienen.
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