In einigen Ländern und noch mehr Unternehmen wird die Vier-Tage-Woche seit einigen Jahren immer wieder Tests unterzogen – zum Teil auch mit Erfolg. Als Vorteil gilt, dass die Mitarbeiter entspannter sind und etwa Burn-outs seltener vorkommen. Zugleich soll die Produktivität nicht deutlich sinken. Durchgesetzt hat sich die Verkürzung der Arbeitszeit aber noch nicht. Jetzt gießt ein mehrjähriges Experiment in Island neues Wasser auf die Mühlen der Unterstützer.
4-Tage-Woche: Experiment mit knapp 3.000 Teilnehmern
Das Experiment bestand aus zwei Feldversuchen zur Untersuchung des Effekts der Verringerung von Arbeitszeiten. Ein Test startete schon 2015, an ihm nahmen bis zu 2.500 Beschäftigte teil. Am zweiten Teil des Experiments nahmen ab 2017 über 400 Personen teil, wie Spiegel-Online schreibt. Wie groß das Vier-Tage-Woche-Experiment in Island war, zeigt der Blick auf die Gesamtzahl der arbeitenden Bevölkerung auf der Insel: 200.000.
Die Ergebnisse der Feldstudien scheinen durchweg positiv zu sein. Demnach haben die Teilnehmer ihre Wochenarbeitszeit von jeweils 40 auf 36 oder 35 Stunden reduziert. Das Gehalt blieb gleich, die Produktivität und die erbrachte Leistung sollen ebenfalls gleichgeblieben sein oder sich sogar noch verbessert haben. Um das zu erreichen, waren im Rahmen des Experiments auch Arbeitsroutinen überarbeitet worden. So wurden Meetings verkürzt oder durch E-Mails ersetzt. Auch suchten die Initiatoren gezielt nach Aufgaben, die sich streichen lassen konnten.
Work-Life-Balance deutlich verbessert
Wie schon in anderen ähnlichen Versuchen berichteten die Teilnehmer, dass sich ihre Work-Life-Balance deutlich verbessert habe. Auch seien sie weniger gestresst und Burn-out-gefährdet. Noch nicht ganz klar ist, ob sich die Ergebnisse auch auf andere Länder übertragen lassen. Und: Die Verkürzung auf 36 oder 35 Arbeitsstunden ist strenggenommen nicht wirklich eine Vier-Tage-Woche. Die entspräche bei acht Stunden täglicher Arbeitszeit eher 32 Stunden.
Zudem ist Island in puncto Wochenarbeitszeit im weltweiten Vergleich weit vorn. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte auf der Insel soll im Jahr 2019 bei 44 Stunden gelegen haben. In Deutschland waren es „nur“ 41 Stunden. Viele arbeiten da schon jetzt kürzer. So gibt es etwa in der westdeutschen Metallindustrie seit 1995 eine 35-Stunden-Woche, im Einzelhandel seit 1991 eine 37,5-Stunden-Woche. Im Öffentlichen Dienst (West) arbeiten die Mitarbeiter pro Woche 38,5 Stunden.
„Um das zu erreichen, waren im Rahmen des Experiments auch Arbeitsroutinen überarbeitet.“
Das ist der entscheidende Satz. Wenn meine Woche zur Hälfte mit Meetings gefüllt ist bei denen wiederum nur in der Hälfte der Fälle meine Anwesenheit wirklich erforderlich war, dann ließen sich einige Stunden die Woche locker einsparen. Das gilt auch für viele wiederkehrende Routinetätigkeiten die locker (teil)automatisiert oder einfach nur unsinnig und abgeschafft werden könnten.