6 Milliarden Euro Umsatz: Deutsche Online-Werbebranche setzt neue Maßstäbe
Der Online-Display-Werbemarkt liegt in diesem Jahr erstmals oberhalb der 6-Milliarden-Euro-Umsatzschwelle. Das teilte jetzt der Onlinevermarkterkreis als Interessenvertretung der Agenturen im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) mit.
Die aktuelle Prognose, die die Werbenden im Rahmen der Dmexco in Köln vorstellen, übertrifft mit einem Anstieg um 11,7 Prozent auf 6,16 Milliarden Euro die bisherigen Erwartungen, auch wenn sich gute Zahlen der Branche bereits zu Beginn des Jahres abgezeichnet hatten, wie Rasmus Giese (United Internet Media), Vorsitzender des OVK, betont: „Das im Frühjahr prognostizierte Ziel von fast sechs Milliarden Euro werden wir deshalb sogar deutlich übertreffen. Online-Display-Werbung steht in Deutschland für vertrauenswürdige und sichere Angebote in reichweitenstarken Umfeldern mit hoher Bekanntheit.“ Vor allem das letztjährige Weihnachtsgeschäft lag hier mit einem Zuwachs von 21 Prozent deutlich über Plan, nachdem sich die wirtschaftliche Unsicherheit im Laufe des Jahres wieder etwas gelegt hatte.
Programmatic Advertising und Online-Video als Wachstumstreiber
Einen besonderen Anteil daran hatte das Programmatic Advertising, das inzwischen fast drei Viertel der Display-Werbeumsätze ausmacht (genauer 74 Prozent, 2023: 72 Prozent). Für dieses Jahr erwarten die Werber:innen außerdem, dass der Anteil von Online-Video-Werbung auf 46 Prozent der gesamten Online-Display-Spendings ansteigt – das wäre dann ein Umsatz von von 2,84 Milliarden Euro und würde immerhin für ein Wachstum von knapp 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresumsatz stehen. Hohe Wachstumsraten verzeichnen nach wie vor die Premium-Werbeformate. In den ersten sechs Monaten 2024 wurde mit 325 Millionen Euro brutto das höchste Budgetvolumen in In-Stream Video Ads umgesetzt. Auch der Bereich Mobile verzeichnet hohe Zuwächse: Unter den Top 5 Ads befinden sich drei Formate für den Small Screen.
Vielversprechend gestaltet sich auch die Wachstumsdynamik bei den Audioformaten. Giese erklärt, dass 52 Millionen Deutsche mindestens gelegentlich Online-Audioangebote nutzen, worunter natürlich auch das klassische Radio mit dem Onlineübertragungsweg fällt. 125 Millionen Euro Umsatz verzeichnete die Branche mit Audiowerbung im vergangenen Jahr, 139 Millionen Euro werden es voraussichtlich bis Ende diesen Jahres werden.
Richtig gut geht’s der Branche auch, wenn man das Ganze nach Branchen aufschlüsselt. Die Werbeumsätze sind in fast allen Wirtschaftszweigen gestiegen. Zweistellige Zuwachsraten bei den Bruttowerbeinvestitionen verzeichneten fünf der zehn größten Wirtschaftszweige. Der Dienstleistungssektor (229 Mio. Euro) und der Handel (225 Mio. Euro) investieren am meisten.
Gute Stimmung unter den Online-Werber:innen
Natürlich hat sich auch die deutsche Werbewirtschaft das Nachhaltigkeitsthema auf die Fahnen geschrieben. Für dieses Bewusstsein und die Verantwortung, entsprechend zu handeln, steht das übergeordnete Konzept Responsible Media. Auf dem aktuellen Online Ad Summit diskutierte der OVK in dieser Woche mit Branchengrößen unter anderem, wie das Werbeökosystem umweltfreudnlich, sozial und wirtschaftlich nachhaltig agieren und wachsen kann. Hier machte Björn Kaspring (Ströer), stellvertretender Vorsitzender des OVK, deutlich, dass es auf die Kooperationsbereitschaft von Publishern, Werbungtreibenden und Agenturen gemeinsam ankomme: „Responsible Media bedeutet eben nicht nur, verantwortungsvolle Business-Modelle zu betreiben. Unabhängige Medien und die Vielfalt der Medien bilden einen der Stützpfeiler für unsere Demokratie. Dabei spielt die Refinanzierung eine entscheidende Rolle.“
Unterhält man sich mit Branchenvertreter:innen, wird schnell klar, dass es der Branche zwar erstaunlich gut geht, dass das Ungleichgewicht zwischen der deutschen und europäischen Werbewirtschaft und den Big Playern aus den USA aber als weiterhin schwierig angesehen wird.
Wenn die Branche sich also angesichts der Dmexco einmal mehr selbst feiert, sollte das nicht darüber hinweg täuschen, dass dies nicht so bleiben muss. Wie eine Umfrage der Hamburger Kommunikationsberatung Frau Wenk unter Digitalexperten zeigt, sehen immerhin 45 Prozent Budgetkürzungen als größte Herausforderung in der eigenen Abteilung oder im Unternehmen. Gut möglich, dass sich die neue Sparsamkeit auch in den Ad Spendings niederschlägt.