Eigentlich sind Zeiten, in denen die Zinsen steigen, Gift für die Börsenkurse von Tech-Unternehmen. Das liegt daran, dass hohe Zinsen nach den Modellen der Aktienanalysten die Bewertung von Unternehmen belasten, die erst in der Zukunft Gewinne machen werden.
Umso überraschender sind auf den ersten Blick die hohen Kurszuwächse der wichtigsten US-Tech-Aktien, die dem Nasdaq zu einem soliden Gewinn verholfen und auch die Performance der amerikanischen Index S&P500 gestützt haben. Als „Magnificent 7“, also die glorreichen Sieben, bezeichnet man die Aktien dieser Unternehmen. Zu der Gruppe gehören Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Tesla und Meta.
Wer sie 2023 im Portfolio hat, konnte sich freuen: Die Tesla-Aktie hat ihren Kurs mehr als verdoppelt, Chiphersteller Nvidia konnte seinen Wert sogar mehr als verdreifachen. Apple, Alphabet, Microsoft und Amazon schafften jeweils mehr als 40 Prozent Kurszuwachs, die Meta-Aktie stieg sogar um 179 Prozent.
Börsen-Guru want vor Preisschock
Albert Edwards, Stratege der französischen Großbank Société Generale, warnt jedoch vor einem drohenden Absturz: „Für mich gibt es eine massive Blase, die darauf wartet, 2024 zu platzen.“ Der Aufschwung im US-amerikanischen IT-Sektor bereite ihm „Kopfschmerzen“.
Nachdem 2022 ein schlechtes Jahr für den Technologiesektor war, habe das Auftauchen von ChatGPT 2023 einen „FOMO-Rausch“ ausgelöst, den selbst ein Anstieg der Anleiherenditen auf über fünf Prozent nicht stoppen konnte, schreibt der Analyst.
Die Überrendite von US-Tech sei weitgehend von den Magnificent 7 getrieben worden und die Bewertung der Aktien, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), sei so hoch wie nie zuvor. „Die größte Überraschung, die eine Schockwelle durch die Portfolios schicken könnte, ist das Platzen der Blase am US-IT-Markt, die den gesamten US-Markt in einen Abschwung stürzt“, warnt Edwards. Er hält die Tech-Blase für bedrohlicher, als eine mögliche Rezession in den USA oder China oder die Entwicklung von Inflation und Zinssätzen.
Ist das eine Kursblase?
Mit seiner Meinung ist Edwards aber eher allein, andere Analysten sehen die „Überperformance“ der glorreichen Sieben entspannter.
Das Handelsblatt hat sich die Bewertungen der Sieben und ihre Bilanzdaten genauer angeschaut und kommt zu dem Schluss: Nur bei einem Wert gibt es wirklich Grund, von einer Überbewertung zu sprechen – und das ist Tesla.
An der Börse wird der Konzern von Elon Musk aktuell mit 746 Milliarden Euro bewertet, verdient im Schnitt aber nur 8,5 Milliarden Euro. Analysten erwarten, dass der Gewinn in diesem Jahr sogar um 30 Prozent niedriger ausfallen wird als noch 2022.
Die anderen großen Tech-Konzerne haben dagegen zuletzt hohe Gewinne eingefahren. Alphabet, Meta und Microsoft haben ihre Gewinne prozentual jeweils zweistellig gesteigert, Amazon schaffte nach dem Nettoverlust im Vorjahr sogar einen Milliardengewinn. Nvidia versechsfachte seinen Gewinn gegenüber 2022 – und wächst damit so langsam in seine hohe Bewertung hinein.
Einzig die Apple-Aktie hat zuletzt keine großen Sprünge gemacht. Trotzdem steht der iPhone-Konzern dank dem Ökosystem, das er um seine starke Marke aufgebaut hat, und hohen Barreserven solide da.