Amazon lockt mit höheren Löhnen: Tönnies beklagt Abwerbeversuche

Mitarbeiter im Amazon-Logistiklager Oelde. (Foto: Amazon)
Mitte Juni hatte Amazon in Nordrhein-Westfalen, nur wenige Kilometer von der Zentrale des Schlachtkonzerns Tönnies, ein neues Logistikzentrum eröffnet. Dort arbeiten aktuell rund 1.000 Menschen, weitere 500 Mitarbeiter für den Versand werden gesucht. Dafür hat Amazon Anzeigen geschaltet, wirbt im lokalen Radio, auf Plakaten, in Flugblättern und Wurfzetteln, wie das Handelsblatt berichtet. Offenbar buhlt der US-Konzern aber auch direkt bei Tönnies um neue Mitarbeiter.
Tönnies beklagt „direkte Abwerbeversuche“
In den vergangenen Wochen habe es „direkte Abwerbeversuche“ am Standort Rheda-Wiedenbrück gegeben, wie ein Konzernsprecher dem Handelsblatt sagte. Zum Teil seien Flugblätter und konkrete Arbeitsangebote zum Einsatz gekommen. Den Namen Amazon oder weitere Details zu den Vorgängen wollte der Sprecher aber nicht bestätigen. Ausgerechnet Mitte Juni war die Tönnies-Fabrik in Rheda-Wiedenbrück allerdings für vier Wochen stillgelegt worden. Jetzt wolle der Konzern zu alten Kapazitäten zurückkehren, scheint dabei aber um Arbeitskräfte kämpfen zu müssen.
Ein Problem: Bei Amazon könnten die Mitarbeiter – zumindest auf dem Papier – mehr verdienen als bei Tönnies. Denn der Fleischkonzern zahlt zwar im Produktionsbereich einen durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von 11,35 Euro. Ungelernte Arbeiter bekommen aber den Mindestlohn ausgezahlt, der sich auf unter zehn Euro belaufen soll. Bei Amazon gibt es laut dem Konzern 11,61 Euro Einstiegsgehalt.
Amazon zahlt nicht gut genug für Verdi
Das allerdings ist für die Gewerkschaft Verdi zu wenig, da Amazon als Handelsunternehmen einen Mindeststundenlohn von 14,79 Euro zahlen müsste. Aber auch Verdi gesteht ein, dass die Bedingungen bei Amazon besser seien als bei Tönnies. Insbesondere die auf bis zu sechs Grad heruntergekühlten Fleischfabriken gelten als schwer zu meistern. Beobachtern aus der Region zufolge dürfte es Tönnies schwerfallen, überhaupt Personal zu halten, sollte nicht beim Lohn nachgebessert werden. Darüber hinaus suchen auch andere Firmen aus der Region mit teils deutlich höheren Löhnen nach Personal.
Amazon, das Tönnies schon beim Rennen um das Grundstück für das neue Logistikzentrum ausgestochen hatte, weist übrigens den Vorwurf gezielter Abwerbeversuche zurück. Allerdings bietet der Konzern laut Handelsblatt in Rheda, wo viele der Tönnies-Mitarbeiter wohnen, einen firmeneigenen Shuttle-Service zu dem Logistiklager in Oelde an.
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