Brennendes Hoverboard: Amazon muss in den USA auch für Marketplace-Artikel haften

In Kalifornien hat Amazon Probleme wegen Marketplace-Artikeln. (Foto: Shutterstock).
Ein Berufungsgericht in Kalifornien hat laut Medienberichten jetzt entschieden, dass der Onlinehändler Amazon für Produkte haftbar gemacht werden kann, die über den Marketplace durch Drittanbieter verkauft werden. Die von Amazon vertretene Position, man sei lediglich die Plattform, die das Geschäft initiiere und vermittele, die seit vielen Jahren auch andere Marktplätze wie etwa Ebay vertreten, wurde damit zum zweiten Mal in Kalifornien als nicht rechtens bewertet.
Für den Fall Amazon könnte laut der Urteilsbegründung hinzukommen, dass es für den Kunden nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, ob eine Ware von Amazon selbst oder von einem Dritthändler stammt. Eine klare Abgrenzung in Form eines eigenständigen Teils der Amazon-Website könnte das Problem lösen. Die Produkte von Drittanbietern erscheinen typischerweise in den Amazon-Angeboten mit einer kleinen Textzeile, die darauf hinweist, dass Amazon selbst nicht der eigentliche Verkäufer ist.
In der konkreten Sache ging es um ein Hoverboard eines Drittanbieters, mit dem eine Kundin Brandverletzungen erlitten hatte, nachdem dieses einen Brand verursacht hatte. Für Amazon ein klarer Fall – man argumentierte, dass ja auch der Betreiber eines Marktes nicht für die Waren seiner Marktteilnehmer hafte. Das sah das Gericht freilich anders, indem es feststellte, dass eine „direkte Verbindung in der vertikalen Vertriebskette gemäß der kalifornischen Doktrin der verschuldensunabhängigen Haftung“ vorliege. In einem Statement erklärte amazon.com, man investiere „stark in die Sicherheit und Authentizität aller Produkte, die in unserem Shop angeboten werden, einschließlich der proaktiven Überprüfung von Verkäufern und Produkten, bevor sie gelistet werden, und der kontinuierlichen Überwachung unseres Stores auf Anzeichen für ein Problem“.
Es ist nicht der erste Fall dieser Art: In einem ähnlichen Fall hatte ein Gericht kürzlich geurteilt, dass Amazon für einen schadhaften Notebook-Akku haftbar gemacht werden könne.
Amazons doppelte Rolle als Verkäufer und Marktplatzbetreiber
Verbraucherschützer in den USA sehen das als einen großen Sieg für die Kunden. Denn Amazon könne sich in Zukunft nicht mehr so einfach darauf berufen, dass man nicht in Marketing und Verkauf der Waren involviert sei. In der Tat dürfte man auch in Deutschland viele Kunden finden, denen die genaue Konstellation der Handelsbeziehungen nicht klar ist – ähnlich wie dies auch bei anderen Plattformen der Fall ist. Am ehesten ist das noch bei Ebay klar, weil hier Ebay selbst ja nicht als Händler auftritt. Aber sowohl bei Amazon als prominentestem Anbieter als auch bei Plattformen wie Kaufland (ehemals Real) oder Zalando sind sich sicherlich nicht alle Kunden über den Unterschied bewusst, zumal in einigen Fällen ja auch Amazon Ansprechpartner für Reklamationen ist.
Auf Deutschland und die EU hat das besagte Urteil natürlich keinerlei direkte Auswirkungen. Es könnte aber sein, dass Amazon dadurch in den USA dazu ermuntert wird, die Mitwirkung (und die rechtlichen Auswirkungen) der Marketplace-Verkäufer noch transparenter zu machen – und diese Veränderungen auf der US-Website kommen naturgemäß nach und nach auch für die europäischen Marktplätze. Schlecht wäre das nicht: Es dürfte wohl auch in Deutschland noch Kunden geben, denen nicht ausreichend klar ist, wann sie bei Amazon selbst und wann bei einem Dritthändler kaufen – noch dazu, weil Amazon für viele von ihnen das Fulfillment übernimmt. Hierzulande sind es dagegen eher die Händler, die teilweise Amazons Doppelrolle anprangern, weil ihnen diese Vorteile verschaffen kann. Und kürzlich hatten Amazon-Marketplace-Händler im Rahmen einer Umfrage erklärt, dass sie die Kommunikation mit dem Unternehmen oftmals nicht auf Augenhöhe empfinden.