„Amazon-Steuer“: Kommt die Paketgebühr bald auch für deutsche Städte?
Die Stadt Barcelona hat eine E-Commerce-Zustellungsabgabe beschlossen. Die soll für alle größeren Onlinehändler kommen, die Waren und Pakete im Stadtgebiet der spanischen Stadt an private Kund:innen zustellen. Sie beträgt 1,25 Prozent der Bruttoerlöse der in Barcelona ausgelieferten Waren und gilt sowohl für Post- und Paketdienstleister als auch für die Onlinehändler und Marktplatzbetreiber selbst, soweit diese selbst ausliefern (also auch Amazon, die wie in Deutschland eine eigene logistische Lieferflotte betreiben). Pakete an gewerbliche Kunden oder an Lager oder zentrale Weiterverteilungseinrichtungen (Packstationen oder ähnliches) werden nicht betroffen sein.
Die Abgabe, die als Amazon-Steuer in die Diskussion einging, obwohl sie natürlich nicht nur für das Handelsimperium gilt, hat jetzt im Stadtrat der Großstadt eine große Mehrheit gefunden und wurde zu einem Politikum im gerade auf Hochtouren laufenden spanischen Kommunalwahlkampf. Noch sind einige Teile der Regelung unklar gefasst und bieten, so befürchten Handelsexpert:innen, reichlich Spielraum und Möglichkeiten, umgangen zu werden. Doch das Projekt ist von langer Hand geplant und wurde intensiv auf Rechtslücken geprüft, wie Kommunalpolitiker versichern.
So funktioniert die Amazon-Steuer
Die neue Steuer wird allerdings ledigilich für Postdienstleister mit einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 1 Mio. Euro gelten, auch Amazon ist in Spanien als Postdienstleister registriert. Die Kommunalpolitik der katalonischen Metropole geht von einem damit verbundenen Warenvolumen Höhe von rund 200 Millionen Euro pro Jahr aus, woraus sich 2,6 Millionen Euro Mehreinnahmen ergeben würden. Man will mit dem so eingenommenen Geld einerseits in den Straßenbau investieren, erhofft sich davon aber auch weniger Verkehr und bessere Luftqualität. Gleichzeitig zielt die Maßnahme auch darauf ab, dass Barcelona bessere Chancen hat, die Luftverschmutzungswerte innerhalb der EU-weit geltenden Grenzen zu halten.
Ob es gelingt, das Konsumverhalten der Barcelonier nachhaltig zu verändern und den einheimischen Handel vor Ort zu stärken, ist noch unklar. Gerade der Präsenzhandel hatte, ähnlich wie in Deutschland, lange Zeit über Geschäftseinbußen geklagt und hierfür vor allem spanien- oder weltweit agierende Onlinehändler verantwortlich gemacht, die zu deutlich günstigeren Mietkosten agieren könnten.
Dass die Abgabe, die ja unter anderem auch auf Amazon abzielt, den Handelsriesen entscheidend treffen wird, ist eher unwahrscheinlich. Wir hätten von Amazon gerne erfahren, wie hoch der Anteil an Waren ist, die in Barcelona durch Amazon selbst zugestellt werden. Außerdem hätte uns interessiert, wie hoch die dadurch entstehenden jährlichen Mehrkosten sein werden. Beide Fragen wurden uns nicht beantwortet. Man verwies lediglich auf eine Studie, der zufolge der physische Handel zwischen 1,5 und 2,9 Mal mehr CO2-Emissionen verursache als der elektronische Handel.
Barcelonas stadtplanerischer Sonderweg – die Superilles
Gleichzeitig hoffen viele Händler:innen wohl insgeheim, dass die E-Commerce-Player die Mehrkosten in Form erhöhter Versandgebühren an die Bürger:innen weiterreichen – ähnlich wie dies in Deutschland ja auch bereits bei vielen Händler:innen bei Zustellung auf Inseln geschieht und auch im spanischen Onlinehandel für die Kanarischen Inseln nicht unüblich ist.
In Barcelona passt all das ohnehin gut zur dortigen Stadtplanung. Denn die dortigen Superblocks sind ein vernünftiger stadtplanerischer Ansatz, um weniger Individualverkehr in den Stadtteilen zu haben, nachhaltige Mobilität zu fördern und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern. Innerhalb dieser „Superilles“ genannten Blocks werden bis zu neun Häuserblocks zusammengefasst. Innerhalb dieser Superblocks haben Fußgänger und Fahrradfahrer Vorrang. Das 2016 von der Stadtverwaltung entwickelte Konzept für nachhaltige Mobilität wird inzwischen von einigen anderen europäischen Metropolen adaptiert und hat, anders als von vielen Kritiker:innen befürchtet, nicht zu einem Geschäftssterben geführt – die Anzahl der lokalen Läden stieg sogar um 30 Prozent.
Ist eine solche Abgabe für Deutschland denkbar?
Voller Neid dürften viele deutsche Kommunen und Gewerbetreibende vor Ort auf das Gesetz der spanischen Metropole schauen. Auch hierzulande wurden immer wieder Forderungen nach entsprechenden Kompensationen laut. Doch der Deutsche Städtetag urteilte bereits vor einigen Monaten in der Coronazeit, derartige Maßnahmen könnten nicht sinnvoll funktionieren, wenn sie nur auf kommunaler Ebene getroffen werden. Zudem seien diese rechtlich gerade im deutschen Recht angreifbar und lösten ohnehin nicht das eigentliche Problem der Ungerechtigkeit der Steuern und Abgaben.
Naturgemäß gegen einen solchen Schritt spricht sich auch der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) aus. Dessen Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer erklärte gegenüber der FAZ: „Die Abgabe zeugt von völliger Unkenntnis des modernen Handels, denn sie bestraft die vielen kleinen und mittelgroßen Händler, die auf Onlinemarktplätzen ihr Geschäft aufgebaut haben.“ Stattdessen würden die belohnt, „die sich der Digitalisierung verweigern und stadtplanerische Fehlentscheidungen getroffen haben“.
In der Tat greift die Frontlinie Online versus Offline in Zeiten des Omnichannel-Ansatzes, der inzwischen viele Händler:innen vor Ort dazu veranlasst hat, zusätzliches Mischgeschäft aufzubauen, das vielen Geschäften auch gute zusätzliche Einnahmen beschert, zu kurz. Und auch die Zusteller kämpfen mit den aktuellen Herausforderungen ohnehin schon – von Personalengpässen bis hin zu hohen Benzin- und Energiepreisen. Ähnlich wie in Barcelona sind so viele Hybridgeschäfte wie Ship from Store oder Click & Collect entstanden. Um den Verkehr in den Städten einzudämmen, kann es hingegen sinnvoll sein, verstärkt mit zentralen Auslieferungspunkten, etwa Packstationen, zu arbeiten
Wer dagegen gezielt mehr Gerechtigkeit schaffen will, sollte darüber nachdenken, Steuerschlupflöcher zu stopfen, von denen international agierende Handelskonzerne profitieren – auf Kosten des gesamten übrigen Handels, egal ob dieser übers Netz oder im Geschäft verkauft. Die diesbezüglichen Gesetzeslücken kosten international Milliarden und würden in der Tat im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Marktgerechtigkeit vieles verbessern.
So viel Dummheit auf einen Haufen kann man schlecht ertragen.
Also ob dadurch weniger gekauft würde und versendet würde. Die kosten interessiert Amazon & Co. sowieso nicht, da sie die Kosten an den Endverbraucher weitergeben. Es geht dabei nur darum, dass der Staat Einnahmen verzeichnet und ganz natürlich denkt man sich dann so etwas aus.
Stellt doch einfach mal einen Vergleich zu dem PET Pfand an. Was waren die Gründe dafür und was davon hat wirklich etwas gebracht? Weniger ist es ncith geworden mit den PET Flaschen, oder? Ist doch eher mehr geworden, nicht wahr? So viel zum Thema: Lass uns das mal über Geld regeln. Das ist zu einfach und greift eben nicht.