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Kommentar

Amazon liefert Paradebeispiel, was in der „Zurück ins Büro“-Causa falsch läuft

Amazon pfeift zurück ins Büro. Das Problem ist nicht die Absicht, sondern wie Amazon-CEO Andy Jassy die Anwesenheitsregeln am Team vorbei entscheidet. Ein Kommentar.

4 Min.
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Amazon pfeift Teammitglieder zurück ins Büro. (Foto: Hadrian / Shutterstock)

Die „Zurück ins Büro“-Debatte ist eine, die eigentlich gar nicht mehr geführt werden müsste. Zwei Jahre waren wir während der Pandemie im Homeoffice, und auch ein Jahr danach hat sich das Arbeiten in den eigenen vier Wänden teilweise oder ganz bewährt. Im Grunde könnte es längst heißen: „Been there, done that!“ Oder zu Deutsch: „Ist erledigt, machen wir einen Haken dran!“ Aber immer wieder entfacht ein Streit um das Thema. Den Grund liefern die Arbeitgeber meist selbst. Besonders deutlich wird das am Beispiel Amazon.

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Zurück ins Büro: 3 Dinge, die Amazon-Teams ärgern

Auch der IT-Konzern pfeift die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück ins Büro. Zumindest teilweise, denn Amazon möchte ein Hybrid-System etablieren. Diese Tatsache ist weder schlimm, noch einen Aufreger wert – anders als das Gebaren darum, wie CEO Andy Jassy mit den Menschen in seinem Unternehmen hinsichtlich der Pläne umgeht. Kurzum: vor allem völlig willkürlich! Drei jüngste Beispiele unterstreichen das – und lassen nicht nur mich ratlos zurück. Die Belegschaft probt derzeit den Aufstand. Und ich verstehe das durchweg.

  1. Andy Jassy und sein Management fordern die Anwesenheit an drei Tagen. Welche Tage das sind, entscheiden jedoch nicht mehr die Team-Leads beziehungsweise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter sich. Die Tage werden festgelegt – unabhängig davon, ob sie mit den To-dos der Teammitglieder im Einklang stehen.
  2. Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Büro produktiver seien, wird der Amazon-Chef nicht müde zu betonen. Dabei beruft er sich gebetsmühlenartig auf interne Analysen. Inwieweit die Teammitglieder im Homeoffice jedoch weniger produktiv sind, verrät er nicht. Die internen Analysen bleiben verschlossen.
  3. Besonders rigide: Andy Jassy hat mehrere im Homeoffice arbeitende Teammitglieder aufgefordert, umzuziehen. Und zwar an einen Bürostandort des IT-Konzerns, damit sie die Hybrid-Regel für sich nicht argumentativ ausschließen können. Fragwürdig nur, warum der zuvor auswärtige Remote-Arbeitsplatz erst genehmigt wurde.

Was hier besonders auffällt, ist, wie die Menschen in dem Unternehmen völlig entmündigt werden. Dabei hat Amazon zu Beginn der Pandemie und darüber hinaus vollmundig bekräftigt, dass niemand ins Büro zurück gezwungen wird. Auf der Code-Konferenz in Los Angeles hatte er noch gesagt: „Wir planen nicht, von den Leuten zu verlangen, dass sie zurückkommen.“ Es habe sich gezeigt, dass die Teams auch ortsungebunden verantwortungsbewusst ihre Aufgaben erledigen. Nur ein Jahr später hat sich das geändert?

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Ich will mir nicht anmaßen, einem CEO zu sagen, inwieweit er das Team ins Büro beordern darf oder nicht. Das ist eine Entscheidung, die jede Organisation für sich treffen muss. Und sicherlich hat auch nicht jede Firma die gleichen Ausgangsvoraussetzungen beispielsweise hinsichtlich der IT-Infrastruktur oder der Remote-Führungsqualitäten der Managerinnen und Manager darin. Aber ich maße mir an, zu wissen, wie auch unpopuläre Entscheidungen an ein Team herangetragen werden sollten. Sicher nicht so, wie Jassy es gerade tut.

Intransparente Entscheidung, brachiale Kommunikation

Die Hybrid-Regel ist bevormundend und intransparent, genauso wie die Kommunikation des Amazon-Chefs. Es fehlt an Empathie für die Lebensumstände der Menschen und an fehlendem Verständnis für deren Arbeitsrealitäten. Jemandem einen Umzug aufzuzwingen, das muss man sich erstmal trauen. Einem Team zu sagen, wann in der Woche es sich für ein Gespräch zu treffen hat und wann es To-dos in Ruhe abarbeiten soll, zeugt von Micromanagement per excellence. Wer würde diese bittere Pille anstandslos schlucken?

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Tatsächlich nicht viele in der Belegschaft, denn der Trubel ist gewaltig. Petitionen mit bis zu 30.000 Unterschriften sind an die Öffentlichkeit geraten und sprechen Bände. Etliche Kündigungen sind zudem publik geworden. Auch und vor allem, weil die Empörung sich in die sozialen Medien übertragen hat. Ein PR-Fiasko sondergleichen. Was ist da los bei Amazon, fragen Beobachter sich. Andy Jassy richtet ein ähnliches Chaos an, wie es schon Elon Musk bei Twitter getan hat. Auch der regiert brutal über die Köpfe des Teams hinweg.

Es wird ein Führungsverständnis sichtbar, das als durchweg tradiert und rückwärtsgewandt gilt: von oben nach unten, ohne das Team einzubeziehen. Dabei gehört Amazon eigentlich zu den innovativsten Großunternehmen der Welt. Potenzielle Gewinne werden so drastisch reinvestiert, dass sie fast schon regelmäßig den Börsenkurs auf Talfahrt schicken. Amazon ist das egal, denn langfristiger Fortschritt ist ihnen wichtiger als kurzfristige Kursentwicklungen. Dieses Verständnis wäre auch bei der Mitarbeiterführung wünschenswert.

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Führungsverständnis könnte sich noch rächen

Derzeit kann Andy Jassy sich so ein autoritäres Verhalten und die damit einhergehenden Kündigungen leisten. Amazon ist wie alle großen Tech-Unternehmen im Krisenmodus. Auf Einstellungsstopps folgten Kündigungen. Die sind jedoch teuer, denn sie gehen mit Abfindungen einher. Jedes Teammitglied, das jetzt freiwillig geht, geht günstig. Kurzfristig gesehen mag das aufgehen. Langfristig gesehen verliert der IT-Konzern seine größten Innovationstreiber – die Talente. Nach der Krise könnte sich das rächen, wenn wieder rekrutiert wird.

Das Führungsverständnis bleibt sicher im Gedächtnis!

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Jesco

Und ich verstehe Andy Jessi zu 100 %. Er ist nicht alleine! That’s life!

Antworten
Malte malte.schroeder@me.com

Ich denke, die Mitarbeiter:innen haben Arbeitsverträge unterschrieben, die kein Recht auf Home-Office beinhalten. Wenn der Arbeitgeber einen Kompromiss zugesteht und an 2 von 5 Tagen Home-Office ermöglicht, dann verstehe ich nicht, wie man so dreist sein kann, die Bedürfnisse des Unternehmens zu ignorieren und ein vollkommen kompromissloses Verhalten an den Tag zu legen.

Antworten
Rick

So ist das@Malte!

Einige Journalisten merken das aber leider nicht. Sie müssen ja nur Schreiben!
Sauber analysiert wird nicht mehr! Leider sieht man Ihren Kommentar nicht, weil man 20 Meter durch Werbung scrollen muss auf dieser Plattform.

Antworten
DiesDasAnanas

Naja, dann darf sich Amazon aber nicht wundern wenn Leute kündigen. Der Officezwang ist eine Managementmethode, die a) Hilflosigkeit der Führungsriege öffentlich darstellt und b) ein mittlerweile so tiefer Einschnitt in das Leben von Mitarbeitenden ist, dass es – mMn – eindeutige Zahlen braucht um beweisen zu können „MitarbeiterInnen sind im Office produktiver und glücklicher“… alles andere ist Willkür.

Antworten

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