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Interview
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Annahita Esmailzadeh: „Ich entspreche nicht dem Stereotyp eines IT-lers“

Annahita Esmailzadeh entspricht nicht dem Klischee eines IT-lers – und doch ist die Microsoft-Managerin erfolgreich in der Branche. Im Interview spricht sie über Stereotype und wie die Tech-Branche diverser werden kann.

6 Min. Lesezeit
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Annahita Esmailzadeh: „Lasst euch nicht von dem typischen ITler-Klischee abschrecken.“ (Foto: Privat)

Seit 2021 leitet Annahita Esmailzadeh das Customer-Success-Management bei Microsoft Deutschland. Vor ihrer aktuellen Funktion verantwortete die studierte Wirtschaftsinformatikerin als Head of Innovation den Innovationsbereich des SAP Labs in München. Als eine der bekanntesten Business-Influencerinnen im DACH-Raum setzt sie ihre Reichweite aber auch auf Social Media ein, um für mehr Diversität in der Wirtschaft zu plädieren – allen voran in der IT. Denn die Technologie-Branche ist vor allem eines: weiß, jung und männlich. „Die Tech-Szene befindet sich zwar im Wandel, doch in den Köpfen einiger Menschen ist die Branche nach wie vor nicht wirklich mit mir und meiner Erscheinung vereinbar“, sagt sie. Im Gespräch mit t3n erklärt sie, wie sie ihren Berufseinstieg wahrgenommen hat, warum der Fachkräftemangel teilweise hausgemacht ist und was sie jungen Frauen rät, die einen Einstieg in die Branche erwägen.

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t3n.de: Annahita, du hast eine steile Karriere erst bei SAP und jetzt bei Microsoft in schon jungen Jahren hingelegt. Hast du während deines Weges das Gefühl gehabt, die Tech-Szene unterstützt Frauen besonders gut während ihres Weges in die Branche?

Annahita Esmailzadeh: Wie so oft im Leben, hängt diese Antwort vom jeweiligen Blickwinkel ab. Ich bin schon seit über zehn Jahren in der Tech-Welt unterwegs und habe auch ein technisches Studium absolviert. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir in dieser Zeit keine Vorbehalte begegnet sind. Ich erinnere mich beispielsweise noch gut an meinen ersten Arbeitstag vor vielen Jahren, in der Entwicklungsabteilung eines mittelständischen Unternehmens, als ich etwas orientierungslos nach meinem neuen Team suchte. Damals fing mich ein hilfsbereiter Kollege im Gang ab und wies mich mit einem breiten Lächeln daraufhin, dass die Marketingabteilung im zweiten Stock sei.

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Ein blöder Einzelfall?

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Nein, dieses Erlebnis sollte tatsächlich das erste dieser Art sein, dem im Laufe der Jahre noch viele weitere folgen würden. Fakt ist: Die Tech-Szene befindet sich zwar im Wandel, doch in den Köpfen einiger Menschen ist die Branche nach wie vor nicht wirklich mit mir und meiner Erscheinung vereinbar. Ich entspreche nicht dem Stereotypen eines IT-lers. Im gleichen Zuge weiß ich aber auch, dass ich bisher in jeder meiner beruflichen Stationen das Glück hatte, auch auf Menschen zu treffen, die an mein Potential glaubten.

Annahita Esmailzadeh: „Ich entspreche nicht dem Stereotypen eines ITlers.“ (Foto: Privat)

Laut dem Verband der Internetwirtschaft liegt der Frauenanteil in der IT in Deutschland bei nur knapp 17 Prozent. Sind diese Vorurteile der Grund, warum so wenige Frauen eine Karriere in Tech erwägen?

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Ich denke, dass der Frauenmangel in der IT eher auf eine Vielzahl verschiedener Ursachen zurückzuführen ist und viele Dimensionen hat. Angefangen von veralteten Rollenbildern und entsprechender Prägung im Elternhaus und in der Schulzeit sowie gesellschaftlich leider immer noch vorherrschender Rollen- und Berufsklischees, aber auch das damit zusammenhängende fehlen weiblicher Vorbilder im Tech-Bereich.

Auf der anderen Seite klagt die IT-Szene seit über einem Jahrzehnt über einen Fachkräftemangel: Warum werden diese Hürden nicht überwunden?

Ich würde das gar nicht so schwarzmalen wollen. Meines Erachtens sind wir hier schon auf einem guten Weg. Aus meiner Sicht wäre es allerdings oftmals sinnvoller, früher anzusetzen und mit entsprechenden Förderprogrammen junge Mädchen schon während der Schulzeit frühzeitig für Tech zu begeistern.

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Gibt es Beispiele für so ein Programm?

Es gibt zum Glück immer mehr solcher Programme. Besonders klasse finde ich zum Beispiel die Girls Hacker School von Julia Freudenberg, die sich gezielt an Mädchen, aber Frauen generell von 11 bis 99 Jahren richtet und diese fürs Programmieren begeistern möchte oder auch Initiativen wie den Girls Day bei meinem Arbeitgeber Microsoft, bei dem bundesweit Mädchen ab zwölf Jahren teilnehmen können. Tage wie dieser geben den Mädchen die Möglichkeit, mit Frauen aus der Tech-Branche ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, welche unterschiedlichen Wege und Karrieremöglichkeiten es in der IT-Welt geben kann.

Nun wird jede Frau in Tech vermutlich mit dem Kopf nicken, wenn du über Vorbehalte sprichst. Wie würdest du den Support denn untereinander bewerten: Helfen Frauen Frauen in besonderem Maße oder gibt es da eher ein toxisches Wettbewerbsdenken?

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Ich halte immer wenig davon, basierend auf Geschlechterklischees pauschale Rückschlüsse zu ziehen und diese vermeintliche Stutenbissigkeit ist in meinen Augen nichts anderes als eine unschöne Schublade, in die Frauen oftmals gesteckt werden. Ich habe großartige Frauen in meinem Umfeld, die mich wahnsinnig supporten, genauso wie ich großartige Männer in meinem Umfeld habe, auf deren Unterstützung ich mich blind verlassen kann. Mir sind aber auch schon einige Menschen – Männer und Frauen – begegnet, auf die ich auch hätte verzichten können.

Wie sah so ein Support in deiner Karriere aus? Was blieb dir da besonders in Erinnerung?

Spontan fällt mir hier sofort eine ehemalige Kollegin aus meiner ersten Zeit in der IT-Beratung ein, die sehr resolut, aber zugleich auch unfassbar kompetent war. Von ihr lernte ich nicht nur jegliche Feinheiten über Just-in-Time-Prozesse, sondern auch das Berater-Handwerk von der Pike auf sowie eine strukturierte und sehr pragmatische Herangehensweise an komplexe Herausforderungen. Aber ich wusste auch den großartigen ehemaligen Chef zu schätzen, der mir als junge Projektleiterin mein erstes Multi-Millionen-Projekt anvertraute, obwohl alle ihm angesichts meines Alters den Vogel zeigten.

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Das Alter, aber auch die Herkunft scheinen neben dem Geschlecht häufig Grund für Ausgrenzungen im Job zu sein. Dabei gelten gerade diverse Teams als besonders erfolgreich. Warum umgeben sich Menschen so oft nur mit Menschen, die ihnen ähneln, und sollte es nicht gerade die vermeintlich moderne Tech-Szene besser wissen?

„Uniformität verhindert leider auch Innovationen.“

Ich denke, dass die Antwort darauf relativ banal ist. Angenommen, wir stecken fünf Menschen desselben Alters und Geschlechts in einen Raum. Am besten haben sie noch alle den gleichen akademischen Hintergrund und kennen sich noch aus Schulzeiten, da sie in derselben Gegend aufgewachsen sind. Diese Menschen werden bei Fragestellungen mit hoher Wahrscheinlichkeit rasch einen Konsens finden. Da sie Themen ähnlich betrachten und angehen, wird es während der Entscheidungsfindung sehr wahrscheinlich auch kaum Reibungen geben. Und genau das ist die Krux an der Sache: Zwar sind homogene Teams bequem und das Phänomen, dass Menschen eher andere Menschen fördern, in denen sie sich selbst wiedererkennen, ist bekannt. Doch genau diese Uniformität, die dadurch entsteht, verhindert leider auch Innovationen.

Reicht es, das Team einfach durchzumischen?

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Um Dinge anders anzugehen als bisher und damit den notwendigen Rahmen für Fortschritte zu schaffen, braucht man eine Vielfalt an Sichtweisen, Erfahrungen und Kompetenzen. Es genügt allerdings nicht, Teams lediglich divers aufzustellen. Andere Sichtweisen und Perspektiven, die auch mal unbequem sein können, müssen auch zugelassen werden. Sonst bleibt der Mehrwert diverser Teams ziemlich auf der Strecke.

Annahita Esmailzadeh: „Nach dem Abitur war ich ziemlich planlos.“ (Foto: Privat)

War für dich eigentlich immer klar, dass du in Tech arbeiten willst?

Nein, überhaupt nicht. Nach dem Abitur war ich ziemlich planlos und suchte erstmal online nach einem Studium mit guten Aussichten. Wirtschaftsinformatik tauchte sehr weit oben auf. Ich wurde zum Studium zugelassen und war selbst ganz verwundert, dass mich Tech auf einmal so interessierte. Naja, und der Rest ist dann Geschichte.

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Viele würden sagen: Erfolgsgeschichte. Dir folgen allein Zehntausende auf Linkedin. Sie wollen alle wissen, was du im Job machst und wie du es machst. Hast du geplant, in diese Vorbildrolle zu kommen?

Hättest du mir noch vor wenigen Jahren gesagt, dass mir irgendwann mal so viele Menschen auf Linkedin folgen werden, hätte ich nur ungläubig gelacht. Ich hätte damals nie vermutet, dass meine Inhalte auf so einen wunden Nerv treffen und eine derartige Resonanz erzeugen werden. Heute bin ich sehr dankbar darüber, meine Reichweite für meine Herzensthemen, wie die Relevanz von Diversität in der Wirtschaft oder auch meinen Vorstellungen von moderner Führungs- und Unternehmenskultur, einsetzen zu können.

Glaubst du, dass mehr Frauen den Weg in die Öffentlichkeit wagen sollten, um Business-Influencerin zu werden?

Der Weg in die Öffentlichkeit hat natürlich auch seine Schattenseiten. Ich denke, es ist eine höchst individuelle Entscheidung, ob man diese negativen Facetten in Kauf nehmen möchte oder eben nicht. Fakt ist jedoch: Je mehr weibliche sichtbare Vorbilder es gibt, desto mehr können wir jungen Mädchen und Frauen Mut machen und ihnen eine Stimme geben.

Welchen Tipp würdest du jungen Frauen, die einen Einstieg in die Branche in Erwägung ziehen, mit auf den Weg geben?

Lasst euch nicht von dem typischen ITler-Klischee abschrecken. Ich war keine Leuchte in Mathe und schreibe in meinem Job nun auch schon seit Jahren keinen Code mehr. Um in der Tech-Branche Fuß zu fassen und erfolgreich zu werden, muss man kein Hardcore-Techie werden. Baut euch außerdem frühzeitig ein gutes Netzwerk von Mentoren und Mentorinnen auf und traut euch, um Hilfe zu bitten. Ihr müsst die Welt nicht allein retten.

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Dein t3n-Team

J

Das IT-Klischee wird schon ewig nicht mehr bedient. Die IT ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Antworten
BAReFOOt

Was ist denn der Stereotyp??

Na komm… hau raus, deine Vorurteile, Madame!

Ich will hören wie du es sagst, daß du denkst wir sind alle fette glatzige Schweine…
Denn das wars doch, was mit „Stereotyp“ gemeint war. Wenn wir ehrlich sind, nä?

Von daher könnt ihr euch euer Virtue Signaling sonstwohin hängen.
Ihr tickt immer noch genau so. Ihr habt nur die Polarität des Hasses umgedreht. Die Potentialdifferenz ist immer noch genau so groß.

Antworten
Ben

Was für eine schlechter Artikel ich schliesse mich BAReFOOt an. Ausserdem arbeitet sie ja im höheren Management da wird keine Hardware oder Code angefasst also praktisch gar keine Berührung mit den echten IT’ler. Einfach nur peinlich……

Antworten
Der ITler

Die Frau arbeitet im Customer Success. Hat absolut nichts mit IT zu tun.

Antworten

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