Wie deine Arbeit im Homeoffice nicht zur Isolationsfalle wird
Kennt ihr das Problem? Eine Kollegin geht ins Homeoffice, um fokussiert an einem bestimmten Thema zu arbeiten. Während sie den Tag produktiv für ihre Aufgabe nutzt, läuft der Betrieb vor Ort im Büro weiter wie bisher. Probleme werden pragmatisch über den Schreibtisch hinweg geklärt. Wenn die Kollegin am nächsten Tag zurück im Büro ist, fühlt es sich an wie das Aufholen nach dem Urlaub. Nur, dass es statt ungelesenen E-Mails weniger Anhaltspunkte zum Nachvollziehen des Geschehenen gibt. Schließlich wurde alles einfach direkt geregelt und nicht an die Einbeziehung der „fehlenden“ Kollegin gedacht.
Es ist das wohl das häufigste Negativ-Szenario der Arbeit zu Hause: Die gewollte Isolation von der täglichen Hektik des Teams führt zu einer echten Aufholjagd zum bis dahin Geschehenen. Dabei müsste alles im Slack-Channel des Teams nachzulesen sein? Dafür wurde er doch eingeführt, oder nicht?
Diese negativen Assoziationen mit der „Freiheit“ von Homeoffice sind es, die Firmen oftmals schon beim Nachdenken über „echtes“ verteiltes Arbeiten zusammenzucken lässt. Wenn das schon mit nur einer Person woanders sich trotz des gerade eingeführten Group-Messengers so negativ auswirkt, wie soll das dann erst werden, wenn alle an einem anderen Ort, also Remote, arbeiten?
Wie du Team-Chat-Apps effektiv einsetzt
Der Erfolg von verteiltem Arbeiten wird häufig in erster Linie mit Tools wie Slack für die Organisation der Kommunikation verbunden. Doch wie bei allen Tools hängt der (positive) Effekt von Anwendungen wie Slack auf bestehende Kommunikationsroutinen von der effektiven Nutzung ab. Oftmals ist auch eine unreflektierte Einführung von Slack der Grund für die „schlechte“ Nutzung des Tools im Unternehmen. Wie gut Slack zum Beispiel standortübergreifend wirken kann, lässt sich durch die Regeln der vereinbarten Nutzung, die Kommunikationsprinzipien, beeinflussen. Darin solltet ihr unter anderem Dinge wie die individuelle Verfügbarkeit der Teammitglieder, Klarheit über die eingesetzten Tools sowie über Meetingformate und Regeln für den Umgang mit Feedback definieren.
So könnten daraus entstehende Prinzipien aussehen:
- „FYI-Nachrichten“ erfordern keine Antworten.
- Am Wochenende versendete Nachrichten bedeuten nicht Antworten am Wochenende.
- Wir begrüßen und jeden Tag mit „Guten Morgen“ im Channel.
- Wir erwarten keine Antworten im Channel voneinander außerhalb der Kernarbeitszeiten.
Warum Homeoffice meistens kein Remote Work ist und wie du das ändern kannst
Bei der Arbeit in Remote-Teams geht es nicht darum, jeden im Team woanders hinzuschicken und sich irgendeine Arbeitsweise aufzuzwingen. Es geht darum, jedes Teammitglied zu befähigen, von dort zu arbeiten, wo es am produktivsten ist.
Genau wie wir unsere Zusammenarbeit im Büro so inklusiv gestalten, dass jeder gleichberechtigt partizipieren kann, müssen wir Zusammenarbeit über Standorte hinweg ermöglichen. Im Büro will man sich ja auch nicht bewusst hinter eine schalldämmende und blickdichte Scheibe setzen, wenn man mit jemanden sprechen, geschweige denn arbeiten will. Doch gleichzeitig werden in Meetings immer noch abgeschaltete Webcams oder Video-Call-Teilnehmer mit Mikrofonen jenseits des Haltbarkeitsdatums geduldet.
Inklusive Kommunikation bedeutet das Berücksichtigen der Umgebung jedes Teammitglieds, und jeder sollte unter den gleichen Voraussetzungen auf Augenhöhe kommunizieren – wortwörtlich. So richtet sich etwa wie verwendete Auflösung der Webcam oder des genutzten Tools zur Kollaboration nach den Voraussetzungen des „schwächsten“ Teammitglieds und nicht nach der individuellen Präferenz des Chefs.
Gleichgewicht in der Kommunikation
Genau dieses Prinzip ist anzuwenden, wenn mit einer Person im Homeoffice zusammengearbeitet wird. Versucht, ein Gleichgewicht herzustellen, was die Kommunikation angeht. So sollte sich nicht das ganze Team im Meetingraum versammeln und über deinen Videomonitor anrufen, sondern jeder wählt sich über seinen Computer mit der eigenen Webcam ein. Wenn man den Grundsatz „Wenn eine Person Remote ist, müssen alle Remote sein“ nicht verinnerlicht, kann das schnell zu einer Haltung wie „Ach, wir machen einfach weiter“ bei einem Verbindungsabbruch führen.
Genauso wichtig ist es, Abhandlungen, Entscheidungen und Diskussionen zentral und für alle zugänglich zu dokumentieren. Je mehr man dokumentiert und niederschreibt, desto einfacher kann man es sich später oder auch als Zusammenfassung anschauen. Genauso führt Klarheit über das Warum der gemeinsamen Arbeit (Purpose, Vision, Mission, Values) zu mehr Autonomie des/der Einzelnen, wenn es um das konkrete Wie geht. Diese ist unerlässlich für vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Wenn also das nächste Mal ein Teammitglied im Homeoffice arbeitet, versucht mit ein paar einfachen Verhaltensänderungen, eure Arbeitsweise auf „voll Remote“ umzustellen:
- Jede Entscheidung wird für alle zugänglich und nachvollziehbar niedergeschrieben.
- Arbeitsfortschritte werden nur in digitalen Boards geteilt.
- Bei Video-Calls klinkt sich jeder von seinem eigenen Rechner ein, um keine Subkulturen erzeugen. In Großraumbüros erweisen sich hier einzelne Konferenzräume oder Telefonzimmer als passende Rückzugsmöglichkeiten.
Die Zukunft der Arbeit wird standortunabhängig sein. Ob Leute im Büro zusammenarbeiten oder über Kontinente verteilt, wird keine Rolle mehr spielen. Die Auswahl der Tools, der Prozesse und auch der Mitarbeiter wird sich danach richten, wie flexibel Arbeitsumgebungen eingestellt sind. Dafür ist es notwendig, heutige Paradigmen und Verhaltensweisen bewusst wieder zu verlernen und neue von Grund auf so zu gestalten, dass sie keine Einschränkung, sondern eine Unterstützung von verteiltem Arbeiten darstellen.
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