„Werde ich einsam sein?“, das ist wohl die typische Sorge von Arbeitnehmern und angehenden Freiberuflern, die ins Homeoffice wollen. Die typische Sorge der Chefs: Wird die Produktivität leiden? Kurze Antwort: Wahrscheinlich nicht, denn auch in Büros wird kräftig Zeit verplempert. Doch ausgerechnet das Gefühl von Einsamkeit könnte Produktivität organisierten Selbstbetrug machen. Der Newsfeed ruft – und alle unsere Freunde sind schon da.
Zwölf Prozent der Arbeitnehmer sitzen ab und an im Homeoffice, schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Computer und Internetjobs machen es möglich, Familien und Jobmobilität machen es nötig. Gerade in den großen Firmen arbeiten immer mehr Menschen, die für Jobs in andere Städte gelockt wurden und nun ein oder zwei Tage in der Woche aus der Heimat arbeiten. Von Zuhause aus zu arbeiten bedeutet, das Arbeiten neu lernen zu müssen. Ratgeber gibt es zu Hauf, doch viele stecken die Idee des Homeoffices in ein Korsett, bei dem man auch gleich ins Büro gehen kann.
Wir haben uns für mehr Arbeit am Heim-Arbeitsplatz Rat bei Leander Wattig gesucht. Der Eventkonzepter und Gründer von Orbanism arbeitet seit zehn Jahren im Homeoffice. Als er nach Berlin zog, musste er ins Coworking Space – zuhause stand der Internet-Anschluss noch nicht. „Am Ende der Woche kannte ich die Lebensläufe der Anderen im Büro und hatte nichts geschafft.“
Diese 8 Tipps helfen:
1. Gut starten
Pünktlich sein, aufräumen, Ziele klären, Ablenkungen ausschalten, so kommen wir gut in den Home-Office Tag. Im Klartext heißt das: Eine gewisse Morgenroutine kann den Tag entscheidend verkürzen. Wer um 7.45 Uhr aufsteht, kann um 8 Uhr am Arbeitsplatz sitzen – komplett mit Kaffee, Wasserglas und aufgeräumten Tisch. Das sollen Büroarbeiter erst einmal nachmachen. Wattig startet mit Kaffee und Nachrichten, geht dann langsam über zu Emails und dann ist er auch schon mitten drin im Arbeitstag.
2. Nicht jeder braucht ein Arbeitszimmer
Da scheiden sich die Geister: Wattig pflegt seinen abgetrennten Arbeitsplatz mit Ordnern und Unterlagen – ein gut aufgeräumter Esstisch (siehe Punkt eins) tut es vielleicht auch. Wenn er wirklich morgens und abends leergeräumt wird. Der Vorteil unserer modernen Arbeit ist: Fast alles, was wir brauchen, können wir im Laptop transportieren. Entscheidend ist hier, dass jeder den idealen Arbeitsplatz für sich entdeckt. Klar ist es cool, in einem Café zu sitzen. Doch nur die wenigsten werden dafür bezahlt, bei der Arbeit gut auszusehen.
3. Dis-zi-plin
„Zuhause prokrastiniere ich auch mal“, sagt Wattig, „aber da gelingt es mir auch eher, weiter zu arbeiten“. Zwischendurch mal die Wäsche machen zu können ist auch ganz praktisch, dann ist aber auch wieder Zeit für die Arbeit. Wattig nennt es „sich von außen beobachten“. Es lohnt sich, aufmerksam für das eigene Verhalten zu bleiben, bewusst Pause zu machen und dann bewusst weiter zu arbeiten. „Und es hilft, etwas zu tun zu haben – wenn du Geld verdienen willst, dann kannst du nicht nur rumdaddeln.“
4. Im eigenen Bio-Rhythmus leben
Ob Frühaufsteher oder Nachteule ist im Homeoffice eigentlich egal, eine feste Arbeitszeit gibt es nicht. Dann macht es aber auch keinen Sinn, irgendwelchen Ratgebern zu folgen, und sich selbst Bürozeiten aufzuerlegen. Wer morgens um sieben die Kinder bereit für den Schulweg machen muss, der kann auch um 7.15 Uhr mit der eigenen Arbeit loslegen. Wer sein Produktivitätshoch erst abends um 9 erreicht, der sollte diese Zeit auch nutzen.
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5. Einfach mal nicht antworten
Produktiv ist wer weiß, wann er wem antwortet – und sich auch mal den Luxus nimmt, nicht erreichbar zu sein.
Klar: Wer im Homeoffice arbeitet, muss genauso erreichbar sein, wie Kollegen im Büro. So verschwimmen die Grenzen der Kommunikationskanäle: „Wenn ich auf Facebook Nachrichten schreibe, kann das privat sein – gleichzeitig organisiere ich hier aber auch meine Events“, sagt Wattig. Das gleiche gilt für Mobiltelefone, Emails, Chatnachrichten. Hier kommen tagsüber Pläne für die nächste Grillparty und abends Anfragen für den nächsten Job. Produktiv ist wer weiß, wann er wem antwortet – und sich auch mal den Luxus nimmt, nicht erreichbar zu sein.
6. Einen Plan haben
Ob mit App oder Notizbuch – oder einfach im Kopf: Es lohnt sich, eine klare Vorstellung vom Tag zu haben. Wer zehn kleine Arbeitspakete vor sich hat, der kann sie vielleicht in jeder beliebigen Reihenfolge erledigen – etwas ratlos von einem zum anderen zu springen wird die Arbeitszeit aber eher erhöhen als verkürzen. „Vielleicht müssen auch drei Dinge an einem Tag X passieren – drei bis vier andere wären nett, müssen aber nicht sein. Das genau zu wissen ist auch eine Motivation“, sagt Wattig. „Und wer etwas abhakt, zieht daraus Kraft für die nächsten Schritte.“
7. Begegnungsorte finden
In kleinen Städten mag es schwierig sein, in größeren ist es nützlich: Cafés und Restaurants haben manchmal Treffpunkte, in denen Teams zusammenarbeiten können und Freiberufler ihre Kunden treffen. Geht doch auch zuhause? Wattig rät ab, weil die Zusammenarbeit dann einen bestimmten Drive bekommt. Der Gastgeber bekommt ein Übergewicht in der Kultur des Teams, das beeinflusst das Projekt.
8. Aufhören
Wer konzentriert durcharbeitet, der kann auch früher Feierabend machen, das ist der große Vorteil der Heimarbeit. Der Nachteil: Es fällt gar nicht weiter auf, wenn wir bis weit über die mentalen Kapazitäten hinaus arbeiten. „Irgendwann wird man weniger produktiv. Die Herausforderung ist es, auch einen Schlusspunkt zu setzen“, sagt Wattig.
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Gerade Disziplin ist das A und O, ohne geregelten Zeitplan und Aufgabenliste wirds zuhause nie was mit dem produktiven Arbeiten
Ich arbeite auch im Home Office und schaffe Zuhause einfach mehr und bin konzentrierter. Mein Chef weiß, dass er sich auf mich verlassen kann. Es wird auch nicht eng genommen wenn ich mal nicht ans Telefon gehe weil ich gerade die Waschmaschine anmache. Unnötiger Smalltalk mit den Kollegen oder andere Ablenkungen kommen erst gar nicht auf.
Ich kann dem nur 100%ig beipflichten. Manchmal habe ich schon ein schlechtes Gewissen, was vergessen zu haben, wenn ich schon ca. 2 Stunden vorher mit dem fertig bin, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte oder im Vergleich zu den Bürotagen schaffe. Und sollte man mal wirklich etwas wichtiges vergessen haben, der Rechner ist ja dann in einer Minute wieder hochgefahren …
Angesichts der hohen Produktivität, die man als Freiberufler an den Tag legt, wenn man im stillen Kämmerlein vor sich hinwerkeln kann, dürfte man so gesehen eigentlich gar keine Stundensätze mehr anbieten, sondern nur noch Festpreise. Man schießt sich sonst nur ins eigene Knie.
Plötzlich wurde es sehr aktuell. Jeder arbeitet heute von zu Hause aus, oft mit Kindern. Wir müssen lernen, unsere Zeit anders zu planen.