Auswirkungen aufs Klima: Streaming muss nicht das neue Fliegen werden

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„Streaming, das geht auch klimafreundlich. Es muss nicht das neue Fliegen werden“, sagte Umweltministerin Schulze am Donnerstag bei einer Videokonferenz. „Streamen im WLAN oder über Breitbandanschluss ist in der Regel wesentlich energieeffizienter als über das Mobilfunknetz.“ Der Plan der Ministerin ist, die Digitalisierung so klimafreundlich wie möglich zu gestalten.
Schulze nannte dazu Vergleichszahlen: Während eine Stunde Serien schauen über das Mobilfunknetz schlimmstenfalls 90 Gramm Kohlendioxid (CO2) verursache, verbrauche man im WLAN im besten Fall nur zwei Gramm. „Ein ganz erheblicher Teil des Energieverbrauchs beim Videostreamen entsteht bei der Übertragung der Daten von der Cloud zu den Nutzerinnen und Nutzern“, betonte die Ministerin. Dabei gebe es „große Unterschiede – je nachdem, mit welcher Technik die Daten übertragen werden.“
Die Erkenntnisse gehen aus dem Forschungsprojekt „Green Cloud-Computing“ im Auftrag des Umweltbundesamts hervor. Dabei maßen das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration sowie das Berliner Öko-Institut Umweltwirkungen von Onlinespeichern und Videostreaming. Die Ergebnisse beruhen Schulze zufolge nicht wie bei anderen Studien auf Annahmen, sondern erstmals auf realen Messungen.
Durch die Corona-Pandemie stieg die Nutzung etwa von Cloud-Diensten in Deutschland deutlich. Von Februar bis März – also innerhalb eines Monats – habe sich die Datenmenge um 30 Prozent erhöht, betonte der Präsident des Bundesamts, Dirk Messner. Im März wurde am Internetknoten Frankfurt/Main ein Wert von 9,16 Terabit gemessen – der höchste dort je ermittelte Datendurchsatz pro Sekunde. Er entspricht der gleichzeitigen Übertragung von mehr als zwei Millionen HD-Videos.
„Beim Breitbandausbau sollte wo immer möglich Vorfahrt für energieeffiziente Glasfasernetze gelten. Die 5G-Infrastruktur muss das sehr ineffiziente 3G möglichst schnell ersetzen“, forderte die Umweltministerin. Außerdem will sie, dass für Rechenzentren ein verbindlicher Energieausweis eingeführt wird, der Auskunft geben soll über Energieverbrauch und Leistungsfähigkeit.
„Beim Energieverbrauch in den einzelnen Rechenzentren gibt es eine extrem große Spannbreite“, so Schulze. „Insgesamt schlägt der Energieverbrauch und damit die CO2-Belastung in Rechenzentren im Vergleich zu anderen Faktoren bei der Nutzung von Cloud-Diensten aber deutlich geringer zu Buche als bisher angenommen.“
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) betont auch noch einen anderen Aspekt bei der Klimabilanz des Surfens: „Streaming hat einen umso geringeren Klimaeffekt, je nachhaltiger und ökologischer der Energiemix ist“, sagt Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. So sei die Stromerzeugung aus Sonne und Wind nahezu CO2-neutral – im Gegensatz zu der aus Kohle und Gas. „Der CO2-Ausstoß von einer Stunde Streaming ist im polnischen Energiemix etwa 50 Mal höher als in Schweden“, betonte Rohleder. Denn in Polen stamme die Energie noch zu einem großen Teil aus fossilen Quellen.
Deutschland liegt demnach im Mittelfeld. „Damit Streaming das Klima hierzulande nicht belastet, muss der Energiemix schneller und konsequenter in Richtung regenerativer Energiequellen vorangetrieben werden.“ Der Ökostrom-Anteil in Deutschland lag im Jahr 2019 bei mehr als 40 Prozent. In diesem Jahr liegt er, als Folge der Coronakrise, bisher deutlich höher. dpa
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