Kapitän KI auf großer Fahrt: Autonomes Schiff überquert erstmals den Pazifik
Um die Premiere des LNG-Tankers Prism Courage korrekt einordnen zu können, müssen wir etwas genauer hinschauen. Denn gerade bei Schiffen ist es nicht etwa besonders neu, dass diese in der Lage sind, selbst zu fahren. Die Weite des Ozeans hat schon vor langer Zeit die Ausstattung selbst kleiner Boote mit sogenannten Autopiloten ermöglicht.
Autopiloten sind nicht gleichbedeutend mit autonomer Steuerung
Auch zeitweise Alleinfahrten großer Frachter sind nicht einmal ungewöhnlich. Die können sogar allein in Häfen einlaufen. Das Halten eines stabilen Kurses ist auf dem Meer eben auch sehr viel einfacher als auf Straßen und Autobahnen. Dennoch ist die Premiere der Prism Courage etwas anderes.
Denn wir müssen unterscheiden zwischen Schiffen, die per Autopilot programmiert anhand etwa von GPS-Routen navigieren und solchen, die völlig autonom auf die unterschiedlichsten Bedingungen, die auf einer Ozeanpassage auftreten können, reagieren können. Autonomes Fahren ist immer auch mit dem Treffen von Entscheidungen verbunden. Das tut ein Autopilot nicht.
Das autonome Schiff programmiert sich quasi selbst, indem es mit vielen verschiedenen Arten von Sensormesswerten umgehen muss und nicht nur Entscheidungen darüber zu treffen hat, wie es auf diese reagieren soll, sondern dies auch im Einklang mit dem geltenden Seerecht zu tun.
Besatzung kann sich um andere Dinge kümmern
All das hat die unter der Flagge Panamas fahrende Prism Courage geleistet. Das Schiff verließ Anfang Mai 2022 den Hafen von Freeport im US-Bundesstaat Texas, passierte dann den Panamakanal und überquerte den Pazifik, um nach einer Reise von 33 Tagen das Boryeong-LNG-Terminal in der Provinz Süd-Chungcheong in Korea zu erreichen.
Während der zweiten Hälfte der Reise stand das Schiff unter der Kontrolle des autonomen Navigationssystems HiNAS 2.0. Das Navigationssystem steuerte die Prism Courage nicht nur, sondern wählte auf der Grundlage einer KI von Hyundai Global Service auch die optimalen Routen und Geschwindigkeiten aus. So konnte das Schiff vollständig autonom Wetterbedingungen und Wellenhöhen kompensieren und vorbeifahrenden Schiffen per Echtzeitsteuerung ausweichen.
Autonome Überfahrt sogar beim Treibstoffverbrauch wirtschaftlicher
Wie Hyundai ermittelt hat, konnte durch die autonome Steuerung im Vergleich zur manuellen Überfahrt eine Steigerung der Treibstoffeffizienz um sieben und eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um fünf Prozent erreicht werden. Ausweichmanöver musste das Schiff mehr als 100-mal leisten, wie die Überwachungsdaten des American Bureau of Shipping (ABS) und des Korea Register of Shipping (KR) zeigen, die die Überfahrt mit Argusaugen verfolgt hatten. Damit hat sich Hyundais HiNAS 2.0 seiner Marktreife einen deutlichen Schritt genähert. Seine Zertifizierung steht indes noch aus.
Kapitän Young-hoon Koh zeigte sich zufrieden:
„Die autonome Navigationstechnologie von Avikus war bei diesem Ozeanüberquerungstest sehr hilfreich, insbesondere bei der Beibehaltung der Navigationsrouten, der autonomen Richtungsänderung und der Vermeidung von Schiffen in der Nähe, was die Arbeit der Schiffsbesatzung erleichtert.“