Big Data in der Medizin: Was es braucht, um Leben zu retten
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Die Datenmengen, die wir in unserer modernen, digitalisierten Welt produzieren, sind enorm: Bereits heute liegen wir bei einem Gigabyte pro Kopf am Tag und die Tendenz ist weiter steigend. Doch die Branche, die das größte Wachstum verzeichnet, ist nicht etwa die der digitalen Medien oder die produzierende Industrie – sondern die Medizin. Prognosen zufolge nehmen die verfügbaren Datenmengen bis 2025 hier jährlich um 36 Prozent zu. Den Vorteilen, die das sowohl für das gesamte Gesundheitswesen als auch für die Patienten selbst bedeutet, sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Doch wie können Daten in der Medizin konkret weiterhelfen? Und was ist notwendig, um große Datenmengen überhaupt nutzbar zu machen?
Im Kampf gegen das Virus
Das Coronavirus, das noch immer viele Teile der Welt in Atem hält, ist ein aktuelles Beispiel dafür, wie die Medizin von Big Data profitieren kann. Die Johns-Hopkins-Universität ist eine der Quellen, die – unter anderem basierend auf den Daten des Robert-Koch-Instituts – einen begehrten Datensatz mit aktuellen Covid-19-Fallzahlen zur Verfügung stellt. Um die Zahlen analysieren und entsprechende Handlungsempfehlungen daraus ableiten zu können, müssen sie jedoch zunächst aufbereitet werden. Und hier kommt die Kraft von Big Data ins Spiel, wie Todd Crosslin, Head of Healthcare Stategy bei dem Cloud-Data-Plattform-Anbieter Snowflake, uns im Interview erklärt: „Datenexperten wie das ungarische Unternehmen Starschema bündeln Daten aus unterschiedlichen Quellen, optimieren sie hinsichtlich ihrer Qualität und generieren daraus eine einheitliche und kohärente Informationsquelle, die wir unter anderem auf unserem Snowflake-Data-Marketplace kostenfrei zur Verfügung stellen. Damit ist der Datensatz bereit für die sofortige Nutzung durch Datenwissenschaftler, Epidomologen und Journalisten. Regierungen bekommen durch den aufbereiteten Datensatz beispielsweise die Möglichkeit, datengestützte Entscheidungen für die zivile Notfallplanung zu treffen.“
Ein weiteres wichtiges Glied in dieser Kette ist die Corona-Warn-App, die die Bundesregierung kürzlich auf den Markt gebracht hat. Obwohl sie konzipiert wurde, um Infektionsketten zuverlässig nachzuvollziehen und den Reproduktionsfaktor niedrig zu halten, scheiden sich aktuell an ihr die Geister. Für die einen konnte ein solches Angebot von offizieller Seite gar nicht schnell genug kommen. Andere bleiben in Anbetracht des Schutzes ihrer persönlichen Daten weiterhin skeptisch. Fakt ist aber auch, dass eine solche App ihre Wirkung nur entfalten kann, wenn genügend Menschen mitziehen und ihre Daten zur Verfügung stellen. Um dabei für ein maximales Maß an Sicherheit zu sorgen, werden anonyme Kryptoschlüssel verwendet. Der Austausch findet per Bluetooth zwischen Smartphones statt, die einander nahe kommen, um etwaige Kontaktpersonen im Falle einer Infektion zurückverfolgen zu können.
Nicht ohne meinen Datenschutz
Ähnlich anonymisierte Verfahren könnten beispielsweise auch im Hinblick auf die Erforschung eines Impfstoffes zur Anwendung kommen. „Für Organisationen, die lebensrettende Impfstoffe oder Geräte entwickeln, ist es von enormem Wert, viele verschiedene Daten über unseren Gesundheitszustand zu sammeln“, erklärt Todd Crosslin weiterhin. „Technologien wie die Tokenisierung machen es möglich, dass Menschen medizinische Informationen ohne personenbezogene Daten sowohl sicher als auch in großer Menge über neutrale Token zur Verfügung stellen können. Auf diese Weise können anonymisierte Informationen von Gesundheitsdienstleistern an Pharma- und Medizintechnikunternehmen auf der ganzen Welt weitergeleitet werden, um Innovationen voranzutreiben.“
Auf dieselbe anonymisierte Weise trägt Big Data schon heute erfolgreich dazu bei, selbst seltene Krankheiten frühzeitig zu erkennen und effektivere Diagnosetechniken zu entwickeln. „In den vergangenen zwei, drei Jahren konnten KI-Algorithmen basierend auf großen Datenmengen bereits sensationelle Erfolge erzielen“, berichtet Alexander Thamm, Gründer und CEO der gleichnamigen KI- und Data-Science-Beratung. „Was die Diagnosegenauigkeit von Krankheiten wie Malaria oder Hautkrebs betrifft, konnten die Algorithmen sogar medizinische Experten schlagen oder waren mindestens genauso gut. Und sie können auch sehr seltene Krankheiten häufig schneller und genauer erkennen, als Ärzte dies vermögen.“
Unbegrenzte Möglichkeiten
Doch die Vorteile von Big Data in der Medizin gehen weit über die aktuelle Corona-Pandemie oder andere schwerwiegende Krankheitsbilder hinaus. Große Datenmengen können schon in den kleinsten und alltäglichsten Dingen dazu beitragen, die Gesundheit jedes einzelnen zu verbessern – beispielsweise durch personalisierte Apps wie Endel oder Yazio, deren Funktionsweisen wir uns ebenfalls bereits angesehen haben. „Nahezu jede Datenquelle lässt sich für medizinische Zwecke verwenden“, sagt Todd Crosslin von Snowflake dazu. „Für die Gewichtsabnahme ist es zum Beispiel wichtig, zu wissen, wie viele Schritte eine Person täglich macht, im Hinblick auf die Corona-Pandemie ist es hingegen wichtiger, in welche Nähe zu anderen Personen diese Schritte führen. Daher kann die Speicherung von Ortsdaten einen medizinischen Nutzen haben.“
Ein zentraler Aspekt, der all die Vorteile von Big Data in der Medizin begrenzt, ist aber immer die Frage nach der bestmöglichen Speicherung, die einen agilen Zugriff für alle ermöglicht, die sie analysieren und wichtige Erkenntnisse daraus ziehen müssen. „Spätestens, wenn eine Organisation über Petabytes anonymer Daten verfügt, benötigt sie einen geeigneten Ort, um diese zu speichern und eine sichere Möglichkeit, um die Daten mit anderen Quellen zu verbinden“, erklärt Todd Crosslin im Gespräch. „Cloud-Data-Plattformen haben sich inzwischen als beliebte Methode etabliert, um dieses Problem zu lösen. Mit ihrer Hilfe können Organisationen umfangreiche, nahezu in Echtzeit erstellte Datensätze sicher speichern, analysieren und gemeinsam nutzen.“
Von den Vorteilen, die Cloud-Data-Plattformen mit sich bringen, profitieren inzwischen zahlreiche Industriezweige, denn der Bedarf an schnellen, skalierbaren und vor allem sicheren Lösungen besteht im Einzelhandel genauso wie in der Medienbranche oder der Industrie. In der Medizin haben solche modernen Technologien allerdings nicht nur die Möglichkeit, Lieferketten auf ein Maximum zu optimieren – sie können tatsächlich Leben retten. Und das ist ein Fakt, von dem wir nicht nur im Kampf gegen das Coronavirus zukünftig maßgeblich profitieren werden.
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