Stoke Space ist ein Weltraum-Startup aus Kent im US-Bundesstaat Washington, gelegen im Speckgürtel um Seattle, wo auch Redmond, der Hauptsitz Microsofts liegt. Dass diese Nähe allerdings bei der Entscheidung von Bill Gates Clean-Tech-Initiative Breakthrough Energy, mit 65 Millionen US-Dollar die führende Position in einer Serie-A-Finanzierungsrunde von Stoke Space zu übernehmen, gespielt haben könnte, wäre reine Spekulation.
Raumfahrt ist Klimaschutz – sort of
Vielmehr soll die Entscheidung sich ausschließlich unter Klimaschutz-Überlegungen erschließen. „Es gibt keine bessere Möglichkeit, die Erde und die Schwere ihrer klimatischen Herausforderungen zu sehen, als den gesamten Globus aus dem Weltraum zu betrachten“, erläutert Carmichael Roberts, Co-Leiter des Investitionsausschusses von Breakthrough Energy Ventures, in einer Pressemitteilung.
„Stellen Sie sich vor, dass wir in der Lage sind, Waldbrände in jedem Land innerhalb von Minuten zu erkennen, Methanemissionen aus der Öl- und Gasindustrie in Echtzeit zu identifizieren, um sie zu sanieren, oder die Kohlenstoffvorräte weltweit zu überprüfen, um groß angelegte Märkte für den Kohlenstoffausgleich zu ermöglichen“, schwärmt Roberts. „Dies sind nur einige der weitreichenden Möglichkeiten, die ein besserer Zugang zum Weltraum durch fortschrittliche Satellitentechnologie bieten kann“.
Völlig klar, also. Die Raumfahrt dient dem Klimaschutz. Wenigstens arbeitet das von dem ehemaligen Blue-Origin-Mitarbeiter Andy Lapsa gegründete Unternehmen an einer vollständig wiederverwertbaren Rakete. Die soll laut Lapsa „dem Starship ganz ähnlich sein.“ Allerdings ziele man mehrere Nummern kleiner, wolle eher im Tagesgeschäft mit Satellitenstarts sein Geld verdienen, denn große Raumfahrermissionen begleiten. Deshalb soll die Rakete von Stoke Space vor allem eines sein – billig.
Auch diesen Aspekt deutet Roberts auf den Klimaschutz um. Es sei doch schließlich ganz großartig, wenn man einen Weg böte, „um extrem kostengünstige, schnell umsetzbare Starts für spezielle Orbitalzustellungen zu erreichen“, meint er.
Wiederverwertbare zweite Stufe in Entwicklung
Das ist durchaus erstaunlich, denn die Raketenbranche ist bislang nicht für Umweltfreundlichkeit bekannt. Stoke-Space-Chef Lapsa verspricht indes, das zu ändern, ist dabei aber noch nicht sonderlich weit.
„Es gibt eine Vielzahl nicht nachhaltiger Praktiken, die in der Geschichte der Rakete angewandt wurden“, sagt Lapsa gegenüber Geekwire. „Ich denke, wir werden generell schlauer in dieser Hinsicht, und eine wiederverwendbare zweite Stufe ist ein großer, wichtiger Aspekt dabei. Wir können keine Raketen in den Ozean werfen, wenn wir anfangen, hunderte oder tausende Male pro Jahr zu fliegen.“
Das klingt schon sehr nach SpaceX. Während das Musk-Unternehmen aber deutlich weiter ist, beginnt Stoke Space gerade mit der Entwicklung einer vollständig wiederverwendbaren zweiten Stufe. An Ambition kann es Lapsa allerdings durchaus mit Musk aufnehmen. Stoke will bereits bis Ende 2022 mit den Auf- und Abflugtests seiner zweiten Stufe beginnen.
„Sie ist so konzipiert, dass sie aus der Umlaufbahn zurückkommt und an einem präzisen Ort senkrecht landet“, erläutert Lapsa. „Und das bedeutet, dass sie auch von dieser präzisen Position aus starten kann. Wir werden es also direkt vom Boden aus fliegen lassen. Es wird dem Starship sehr ähnlich sein.“
„Methan immer noch besser als Kerosin“
Mit der Serie-A-Finanzierung will Stoke die Testphase für die zweite Stufe erreichen. Ein Booster für die erste Stufe steht indes noch aus. Laut Lapsa soll flüssiger Wasserstoff als Brennstoff für die zweite Stufe und Methan für die erste Stufe verwendet werden. Dass Methan indes kein kohlenstoffneutraler Treibstoff ist, verargumentiert Lapsa so: Es sei immer noch besser als Kerosin.
Wie man es dreht und wendet. Wie sich die Null-Emissions-Vision von Gates Breakthrough Energy Ventures mit diesem Unternehmen verträgt, ist nicht schlüssig zu erklären. Und wie sie sich mit Gates fast schon kategorischer Ablehnung der Erschließung des Weltraums verträgt, erst recht nicht.