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Interview

„Bitcoin ist wie Gold – nur schlechter“: Bitcoin-Kritiker Maurice Höfgen im Interview

Die Kollegen von BTC-Echo haben mit MMT-Youtuber Maurice Höfgen über Inflation, die EZB-Politik und Bitcoin gesprochen. Denn sie finden, es ist Zeit, den Diskurs auch für Bitcoin-Kritiker zu öffnen.

Von BTC ECHO
5 Min.
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Bitcoin. (Foto: Chinnapong / shutterstock)

Maurice Höfgen ist Buchautor, Youtuber und einer der Newcomer in der deutschen MMT-Szene. MMT, kurz für Modern-Monetary-Theory, kennst du nicht? Dahinter verbirgt sich eine heterodoxe ökonomische Denkschule, die im reinen Gelddrucken keine Gefahr für Inflation sieht. Im Gegenteil: Kontrollieren Regierungen ihre Währung, wäre es nach Ansicht der MMT fahrlässig, gesellschaftlich wünschenswerte Projekte wie Vollbeschäftigung oder Klimaziele mithilfe von expansiven fiskalischen und geldpolitischen Maßnahmen nicht zu realisieren. Schließlich könne der Staat als Monopolist über die Geldproduktion nicht pleitegehen.

Damit steht die MMT natürlich im diametralen Gegensatz zur Hartgeld-Schule von Bitcoin. Grund genug, Maurice zum Interview zu treffen.

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BTC-Echo: Viele Marktbeobachter sehen in Niedrigzinsen und expansiver Geldpolitik Inflationsgefahr. Teilst du als Verfechter der MMT diese Befürchtung?

Maurice Höfgen: Nein. Ich würde auch sagen, dass die EZB einen guten Job macht im Moment. Sie muss Gas geben mit Niedrigzinsen und großen Anleihekaufprogrammen, weil die Fiskalpolitik seit Jahren im Koma liegt. Da müsste eigentlich mehr Gas gegeben werden, damit die Wirtschaft läuft. Erst wenn die Wirtschaft brummt, steigen auch auf breiter Front die Verbraucherpreise in Richtung der Zielinflation von zwei Prozent.

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„2,5 Prozent Inflation ist nichts Wildes“

BTC-Echo: In den USA sehen wir bereits 2,6 Prozent Inflation, die Prognosen sehen bis Mai sogar drei Prozent Inflation – und das in einer Pandemie. Widerspricht das der These nicht?

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Höfgen: Nein, das sind vor allem Aufholeffekte. Die Inflation war davor sehr niedrig. Außerdem sind 2,5 bis drei Prozent noch nichts Wildes, wenn man ein Inflationsziel von ungefähr zwei Prozent hat. Außerdem spielt hier der gestiegene Ölpreis rein und erhöht die Produktionskosten der Unternehmen. Dazu kommen pandemiebedingt noch höhere Kosten für Hygienekonzepte. Das versuchen die Unternehmen natürlich an die Verbraucher weiterzugeben.

BTC-Echo: Inflation neigt auch dazu, Ungleichheit zu schaffen. Stichwort: Asset-Price-Inflation. Die EZB kauft also auf dem Kapitalmarkt Vermögenswerte und treibt so den Preis. Vermögenswerte besitzen aber eher besser betuchte Menschen. Löhne hingegen steigen nur schleppend. Leiden unter Inflation also nicht vor allem die Schwächeren?

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Höfgen: Inflation ist immer und allen voran ein Verteilungsproblem. Eine Seite gewinnt, weil sie höhere Preise durchsetzen kann, und eine Seite verliert, weil sie mit bestehendem Einkommen höhere Preise bezahlen muss. Typischerweise sind die Unternehmen diejenigen, die schneller ihre Preise anpassen können, als die Beschäftigten ihre Löhne erhöhen können. Das heißt, hier profitieren zunächst die Unternehmen. Dann gibt es noch eine zweite Achse und das ist die zwischen den Schuldnern und den Gläubigern. Bei einer Inflation gewinnen die Schuldner und die Gläubiger verlieren.

„Bitcoin ist ein Spekulationsobjekt“

BTC-Echo: Bitcoin steht als Hartgeld den Vorstellungen der MMT diametral gegenüber. Wie stehst du zu BTC?

Höfgen: Aus MMT-Sicht ist Bitcoin keine Währung, sondern ein digitales Spekulationsobjekt. Ich sage immer: Bitcoin ist die digitale Version von Gold – nur schlechter. Ein funktionierendes Geldsystem braucht Bitcoin nicht. Es gibt dazu noch eine ganze Reihe an Nebenwirkungen. Stichworte: Finanzstabilität und Energieverbrauch.

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BTC-Echo: Da würde ich gerne einhaken. Du sagst, dass Bitcoin schlechter ist als Gold. Als Bitcoiner würde ich sagen, BTC ist Gold 2.0 und auf alle Fälle besser als Gold.

Höfgen: Beides ist vergleichbar. Gold wird aus der Erde und Bitcoin aus einem Informatik-Nebel gebuddelt. Das Gold ist halt ein Unikum, das kann nicht ersetzt werden. Zudem hat Gold immerhin noch einen realen Nutzen, man kann etwa Schmuck daraus herstellen und es gilt als Statussymbol. Bitcoin hat diese Eigenschaft nicht. Das Problem ist, es gibt eine große Konkurrenz unter Kryptowährungen. Bitcoin könnte im Gegensatz zu Gold jederzeit ersetzt werden. Deshalb denke ich, dass Bitcoin die digitale, aber schlechtere Version von Gold ist.

„Ich kann mir schon vorstellen, dass Bitcoin eine Zukunft hat“

BTC-Echo: Denkst du trotzdem, dass Bitcoin in der Finanzwelt als Anlageobjekt eine Zukunft hat?

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Höfgen: Ich kann mir schon vorstellen, dass Bitcoin Zukunft hat. Wenn man sich den Bitcoin Chart anschaut, sieht man ja, dass das eine Geschichte von Hype und Aufschwung ist. Wenn die Marktteilnehmer Bitcoin als lohnenswertes Spekulationsobjekt sehen, kann das auch noch lange so weitergehen. Das passiert ja bei anderen Finanzprodukten auch. Nur, und das unterscheidet den Bitcoin auch von anderen Währungen, kann der Bitcoin auch ganz schnell wieder Richtung Null fallen. Schließlich gibt es keinerlei Mechanismen, die einen solchen Preisverfall aufhalten könnten. Bei staatlichen Währungen ist es, wenn der Wechselkurs fällt, irgendwann immer für irgendwen profitabel, die fallende Währung zu dem dann günstigeren Zeitpunkt zu kaufen. Besonders für diejenigen, die in der fallenden Währung verschuldet sind und ihre Schulden dann günstig tilgen können. Das betrifft vor allem Investoren und Händler. Dieser Mechanismus stützt die Währung und verhindert ihr Abgleiten gen Null. Da aber niemand in Bitcoin verschuldet ist, gibt es diesen Mechanismus da so nicht.

BTC-Echo: Wir als Mitteleuropäer haben eine stabile Währung und sind insofern auch privilegiert. In Ländern wie der Türkei oder Argentinien, die dysfunktionale Finanzsysteme haben, geht die Bitcoin-Nachfrage aber steil nach oben. Bitcoin hat durchaus einen Use Case um vor Enteignung, Kapitalkontrollen oder galoppierender Inflation zu schützen. Siehst du diesen Anwendungsfall auch?

„Wenn man instabilen Währungen entfliehen will, hat BTC einen Nutzen“

Höfgen: Da würde ich tatsächlich für den Bitcoin eine Lanze brechen. Aus individueller und aus liberaler Sicht hat Bitcoin durchaus einen Nutzen, wenn man repressiven Regierungen oder instabilen Währungen entfliehen will. Wenn ich aber die makroökonomische Brille aufsetze, würde ich sagen, für den Argentinischen Peso oder die dortige Regierung hat BTC keinen Nutzen. Da wäre es also nicht sinnvoll, den Peso durch Bitcoin zu ersetzen oder den Handel mit Bitcoin zu fördern. Für den Einzelnen ist es natürlich sinnvoll, eine instabile Währung durch ein besser performendes Asset zu ersetzen.

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BTC-Echo: Wenn du jetzt Regierungsberater wärst und eine steigende Nachfrage nach Bitcoin feststellst, die sogar die Landeswährung verdrängen könnte, würdest du Regierungen raten, Bitcoin zu verbieten?

Höfgen: Was natürlich keinen Sinn ergibt, ist, ein dezentrales System zu verbieten. Das ist technisch nicht möglich. Was aber sehr wohl möglich ist, ist den Handel sehr stark einzuschränken. Man könnte etwa den Exchanges untersagen, Bitcoin zu handeln. Das würde die Hürde erhöhen, mit Bitcoin Handel zu treiben, und damit wiederum den Kurs drücken, weil die Nachfrage eingeschränkt wird. Ein anderer Faktor wäre eine starke Besteuerung der Kapitalgewinne aus dem Bitcoin-Handel. Denn Steuern sind ja auch der entscheidende Faktor, der die Nachfrage auf staatliche Währungen ausmacht. Irgendwann muss jeder Bitcoiner seine BTC loswerden, um seine Steuern in Fiatgeld zu bezahlen. Das stärkt das Fiatgeld und schwächt den Bitcoin.

Übrigens: Wenn du mehr zur MMT und ihre Sicht auf Bitcoin erfahren willst, findest du Maurice Höfgens Youtube-Kanal hier.

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Autor des Artikels ist David Scheider.

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