Black Friday: Müssen wir uns in diesem Jahr Sorgen um Lieferengpässe machen?
Die aktuelle Lage im Onlinehandel macht die Planungen sowohl für Händler als auch Plattformbetreiber schwierig, aber auch die Kunden sind sich nicht im Klaren darüber, was sie im kommenden Weihnachtsgeschäft an Angeboten erwarten können. Auch wenn (oder gerade weil) der Onlinehandel aktuell Rekordumsätze verzeichnet – der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet für dieses Jahr mit einen Gesamtumsatz in Höhe von 85 Milliarden Euro und mit rund 17 Prozent Wachstum im Vergleich zum vorigen Jahr – könnte es im so wichtigen vierten Quartal zu Lieferengpässen kommen.
Gerade der Black Friday mit der dazugehörigen Angebotswoche rund um den ersten Advent ist ein neuralgischer Punkt. Die Shopping- und Vergleichsplattform Idealo hat im Rahmen einer Kundenumfrage herausgefunden, dass die Kunden sich zwar auf die Schnäppchen und Sonderangebote freuen, aber zugleich skeptisch sind. Zwei Drittel (66 Prozent) der befragten Onlinekunden rechnen damit, dass sich die im Zuge der Corona-Pandemie verschärften Lieferengpässe rund um den Schnäppchentag bemerkbar machen werden. Sie befürchten vor allem, dass es zu längeren Lieferzeiten kommt (64 Prozent) und dass Angebote schneller vergriffen sein könnten (65 Prozent). 27 Prozent stimmen der Aussage zu, mit ihren Käufen nicht auf den Black Friday warten, sondern dann zugreifen zu wollen, sobald das gewünschte Produkt verfügbar ist.
Für Händler kann das ein Signal sein, nicht erst bis Ende November mit den passenden Angeboten zu warten. Wie die Google-Ads-Agentur Smarketer herausgefunden hat, beginnt das vor allem im Onlinehandel ausgetragene Jahresendgeschäft schon deutlich früher. Die Online-Marketing-Experten glauben, dass sich der aus China stammende Singles Day am 11. November hervorragend als Generalprobe für Marketingkampagnen eignet. Händler sollten diesen Umsatz-Boost mitnehmen und dabei Erfahrungswerte für die folgenden Wochen sammeln – und die Kunden können so bereits früher mit Sonderangeboten rechnen, da immer mehr Händler in den letzten Jahren schon Mitte November und eigentlich im gesamten November Preise reduziert haben, wie eine Umfrage von Idealo aus dem vergangenen Jahr zeigt.
Schon vor Black Friday gute Schnäppchen zu erwarten
83 Prozent Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr beobachteten Marketingexperten hier 2020. „Wir raten unseren Kunden, schon im Vorfeld mit einem Countdown auf ihre eigentliche Black-Friday-Aktion aufmerksam zu machen oder den Aktionszeitraum schon einige Tage früher zu starten“, erklärt Eric Hinzpeter, Content-Marketing-Experte von Smarketer. Onlinehändler sollten ihre Peak-Strategie sorgsam planen und auf datenbasierte Smart-Bidding-Strategien setzen. Unabhängig vom Timing führt die gezielte Ansprache von Omnichannel-Käufern zu höheren Erträgen, da diese mehr einkaufen und ausgeben. Kunden, die mehr als fünf Kanäle nutzen, kaufen im Schnitt 3,4 Mal so oft und geben dabei das 1,6-Fache aus.
Kunden können dabei in immer mehr Fällen über die Verfügbarkeitsanzeige von Händlern neben den ohnehin verbindlich anzugebenden Lieferzeiten auch herausfinden, in welchen Filialen eine bestimmte Ware vorrätig ist. Hier haben gerade angesichts der Pandemie viele Händler nachgelegt und liefern immer zuverlässigere Angaben. Inzwischen werden bereits 55 Prozent der Online-Einkäufe über ein Smartphone getätigt, 40 Prozent der mobilen Käufe per App durchgeführt – und die meisten Agenturen und E-Commerce-Berater achten daher vor allem auf die Optimierung der Ladezeiten in den Shops.
Recherchieren im Netz, kaufen online und offline
Geändert hat sich allerdings auch speziell durch die Pandemie, dass Kunden gerade in der Vorweihnachtszeit vorab im Netz schauen, was sie kaufen wollen. So verwenden 75 Prozent der Kunden weniger Zeit darauf, sich vor Ort im Laden umzuschauen, und immerhin 30 Prozent planen ihre Ladenbesuche intensiver. Händler können ihre CRM-Daten verwenden, um die Wirkung von Onlinemedien (Suche, Shopping und Youtube) zu bewerten, indem Google-Ads-Klicks mit Offline-Kaufverhalten abgeglichen werden. Insbesondere Smart Bidding nutzt auf Basis von Machine-Learning sämtliche relevanten Schlüsselsignale wie Gerät, Standort und Tageszeit aus, um die Leistung für jede einzelne Auktion vorherzusagen, erklärt Smarketer-Experte Hinzpeter. Marketingverantwortliche und Kunden können so Zeit sparen und Budgets optimal nutzen.
Die Idealo-Umfrage zeigt jedenfalls, dass sich der Aufwand und das Marketing-Budget für die Händler lohnen könnte: Zwei Drittel erklären, sie wollen am diesjährigen Black Friday mindestens so viel ausgeben wie 2020. Dabei ist der Anteil derer, die mehr ausgeben wollen, in diesem Jahr mit 25 Prozent dreimal so hoch wie im letzten Jahr. Im Durchschnitt liegt das eingeplante Budget bei 334 Euro – und damit 26 Prozent über dem durchschnittlich veranschlagten Budget von 2020.
Zwar lässt sich etwa die Hälfte (48 Prozent) auch zu spontanen Black-Friday-Käufen hinreißen – das heißt aber nicht, dass die Befragten unvorbereitet sind (wie das geht, erklären wir dir in diesem Ratgeber). 58 Prozent der teilnehmenden Verbraucher suchen bereits in den Tagen davor genau die Produkte heraus, die sie kaufen möchten – und das ist auch sinnvoll: Denn Untersuchungen im vergangenen Jahr haben gezeigt, dass in bestimmten Produktgruppen zwar ein niedriges Preisniveau erreicht wurde, bei Weitem aber nicht Bestpreise.
Engpässe durch die Chipknappheit zu erwarten
Und Händler berichten insbesondere bei sämtlichen technischen Produktgruppen, speziell Smartphones, Notebooks und Unterhaltungselektronik, dass der Engpass bei der Chipproduktion dazu führen könnte, dass die Preisreduzierungen bei aktuellen Produktreihen weniger stark ausfallen könnten als in den Vorjahren. Und hinzu kommt – das unterscheidet sich allerdings nicht von den letzten Jahren –, dass sowohl an den Tagen um den Black Friday als auch in den zwei Wochen vor Weihnachten Paketdienste und Logistiker voll ausgelastet sind. Die Befürchtung, dass es zu Engpässen kommen könnte, ist also einerseits nicht unbegründet, dürfte im aktuellen Jahresendgeschäft aber andere Gründe haben als sonst.