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Analyse

„Coronaturbo“: Wie sich der Handel jetzt für die Zeit nach der Krise aufstellen muss

Eine neue Studie des IFH Köln hat die Katalysatorfunktion von Corona für den stationären Handel untersucht. Die Ergebnisse sind alarmierend – und der dafür gewählte Begriff „Coronaturbo“ nicht übertrieben.

3 Min.
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Innenstädte wie hier in Kiel werden nach der Pandemie anders aussehen. (Foto: Petra Nowack / Shutterstock.com)

Dass die Pandemie in vielen Bereichen zu Veränderungen führt und diese rapide beschleunigt, ist wohl allgemeiner Konsens. Doch das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln hat nun zusammen mit Professor Dr. Werner Reinartz, Universität zu Köln, errechnet, was das ausmacht. Der Studie zufolge beschleunigt sich pandemiebedingt der Strukturwandel im Handel um etwa sieben bis acht Jahre; das IFH Köln spricht durchaus treffend von einem „Coronaturbo“.

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Die zu erwartenden Folgen sind tiefgreifend: Geschäftsaufgaben, Onlinewachstum und Formatverschiebungen mit nie dagewesener Dynamik. Das Kundenverhalten in der Pandemie hat sich im Hinblick auf Einkäufe offline und online stark verändert. Selbst Verbraucher, von denen wir es nicht gedacht hätten, kaufen mehr oder weniger regelmäßig auch Schnelldreher wie Lebensmittel oder Getränke online und lassen sich Toilettenpapier und Katzenstreu in die Wohnung liefern.

Der Webshop ist der neue Telefonanschluss

Speziell für den Präsenzhandel bringt das eine Vielzahl neuer Herausforderungen mit sich. Wer jetzt selbst im lokalen Umfeld nicht wenigstens eine Bestellmöglichkeit per E-Mail oder Whatsapp anbietet, vielleicht sogar einen kleinen Webshop aufgesetzt oder fertig implementiert hat, muss derzeit viele Kompromisse machen – und selbst die Argumentation „das lohnt sich bei uns nicht“ ist vielen Händlern inzwischen im Halse stecken geblieben angesichts zahlreicher Fälle, die vormachen, dass es besser geht als gedacht. Denn die Kunden sind, das zeigen etliche Beispiele, durchaus bereit dazu, den lokalen Handel auch in der Pandemie nicht alleine zu lassen, wenn dieser den ersten Schritt tut.

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Doch all das ist, das zeigen die Zahlen des IFH Köln, keine Übergangslösung, sondern zumindest ein Teil davon könnte uns erhalten bleiben. Die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen im Markt sichtbar werden, hat drastisch zugenommen.

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Umgekehrt gilt das aber auch für die drohenden Insolvenzen und Geschäftsaufgaben: Denn durch die Corona-Pandemie hat sich der Zeithorizont für Prognosen deutlich verkürzt – und zwar um circa sieben Jahre. Bis 2023 werden bis zu 20 Prozent der stationären Läden ihre Türen schließen müssen – also bis zu 80.000 Geschäfte, glaubt das IFH Köln. Nicht mitgerechnet die Verschärfungen durch die Cashflow-Problematik, die viele Händler gerade in strukturschwächeren Gegenden schon bald einholen könnte.

Onlinehandel auf der Überholspur

Dass der Onlinehandel hierbei zwangsläufig zum Krisengewinner wird, ist auch absehbar. Waren auch schon ohne Corona die Aussichten zufriedenstellend, sind sie jetzt bombig. Denn mit Corona erfährt die Onlinedynamik noch einmal weiteren Schub. Rechneten die IFH-Experten bisher mit einem Onlineanteil von bis zu 22 Prozent bis 2030, werden die „Vor-Corona-Prognosen“ zum Onlineanteil am Handel insgesamt bis zu acht Jahre früher eintreten – mit weitreichenden Folgen für die Handelswelt. Die Chancen für einen strukturierten Transformationsprozess werden durch die Pandemie und die dadurch entstandenen Liquiditätsengpässe verhindert.

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Klar scheint auf Basis dieser Zahlen, dass sich Händler mit Ladengeschäft in Zukunft so aufstellen müssen, dass sie von dieser absehbaren und nicht aufhaltbaren Entwicklung profitieren. Denn so wie bislang Parkplätze, Lage des Geschäfts und Erreichbarkeit per Telefon wichtige Elemente sind, die über den Geschäftserfolg entscheiden und darüber, ob die Kunden gerne dort einkaufen, wird das digitale Element noch hinzukommen. Das muss nicht immer ein E-Shop sein; kann es aber in Form von fertigen Lösungen, wie sie etwa im Buchhandel schon heute relativ einfach zu beschaffen sind. Und auch Themen wie Lieferung in der Umgebung werden wieder mehr kommen – so wie wir sie vor 100 Jahre hatten und wie sie inzwischen wieder Sinn ergeben.

Sonderkonjunktur in einzelnen Handelsumfeldern

Nicht zu unterschätzen ist auch die Sonderkonjunktur, wie das IFH Köln aufzeigt. Verloren hat vor allem der stationäre Nonfood-Fachhandel – und damit die Basis der Innenstädte. Neben dem Onlinehandel zählt auch der Lebensmitteleinzelhandel zu den Gewinnern: Rund zwölf Prozent konnte der Lebensmitteleinzelhandel laut aktueller Hochrechnungen 2020 gegenüber 2019 an Umsatz zulegen – schon weil die Verbraucher aktuell seltener die Gastronomie aufsuchen und sich auch unter Tag seltener extern verpflegen lassen.

Und auch der Blick auf die Handelszweige zeigt ein Ausnahmejahr: Während der Fachhandel mit Bekleidung 2020 im Vergleich zu 2019 knapp ein Viertel an Umsatz verloren hat, konnte der Fahrradmarkt um fast 34 Prozent zulegen. Damit erreicht die Wachstumsratenamplitude zwischen den Handelszweigen für 2020 circa 60 Prozent – in „normalen“ Jahren liegt diese bei circa 15 Prozent.

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