Cyberpunk 2077: Auf welche Technologien ihr besonders achten solltet
Mit Cyberpunk 2077 ist kürzlich das wohl meisterwartete Spiel des Jahres erschienen. Spieler erleben eine dystopische Welt, in der große Konzerne herrschen und die Technologie, noch stärker als heute schon, das Leben der Menschen bestimmt. In dem Rollenspiel können Spieler Entscheidungen treffen, die sich stark auf den Verlauf der Geschichte auswirken. Sie lernen skurrile und faszinierende Charaktere kennen, die allesamt zur Dichte der Spielwelt beitragen. Daneben aber finden sich auch viele Technologien in dem Spiel wieder, die Ansätze fortführen, die bereits in der Gegenwart zu finden sind. Wir haben mit Philipp Weber, Senior Quest Designer bei CD Projekt Red, darüber gesprochen, wie diese Technologien im Spiel entstanden sind. Und welche er am liebsten schon heute selbst ausprobieren möchte.
Zur Darstellung dieser zukünftigen Technologien, die im Spiel auch dazu dienen, Menschen verfügbar und willfährig zu machen, gehört auch die Tatsache, dass es bei der Entwicklung von Cyberpunk 2077 wieder zu erheblichem Crunch kam. Also zum bewussten Überarbeiten der Mitarbeiter, um Entwicklungsziele einzuhalten. Grund ist oft fehlerhaftes Management, das viele AAA-Videospiele betrifft und bittere Realität der Arbeit vieler Menschen in der Games-Industrie ist.
Keine ideale Zukunft
„Die Recherche hat mit vielen Magazinen, Büchern und Artikeln angefangen“, sagt Weber. Man habe versucht, bereits bekannte Technologien weiterzudenken, als auch, sich gänzlich neue zu erdenken. „Uns war dabei auch wichtig, Cyberpunk aus der Sicht der 80er zu sehen – und dann weiterzuentwickeln, was man sich damals schon vorgestellt hat“, sagt er. Denn Cyberpunk 2077 basiert auf dem Pen-&-Paper-Rollenspiel aus dem Jahr 1988. Von fliegenden Autos zu Straßen mit Magnetstreifen oder Schwebebahnen. Das alles können Spieler auch in Cyberpunk 2077 entdecken.
„Geleitet hat uns aber der Gedanke, dass es sich um eine Zukunft handeln soll, die nicht optimal ist. Es ist eher eine Warnung als unsere ideale Vorstellung.“ Daher würden Autos noch immer mit fossilen Brennstoffen betrieben und die globale Erwärmung sei nach wie vor ein großes Thema. „Die Menschheit hat in unserem Spiel noch nicht viel dazugelernt“, sagt der Quest-Designer.
Braindance und der gläserne Mensch
Das Braindance ist eine der wichtigsten Mechaniken in Cyberpunk 2077. Es erlaubt den Spielern, das Erlebte von Menschen nach Hinweisen zu durchsuchen, die ihnen nutzen können. So können sie etwa das Gehörte vor- und zurückspulen und so Gespräche belauschen. Braindance ist aber auch eine beliebte Unterhaltungsform in der Welt von Cyberpunk 2077. Die Vernetzung von Menschen, die Offenbarung des Innersten. Kürzlich stellte Elon Musk eine funktionierende Version des Neuralink vor, ein Hirnimplantat, das zukünftig eine Symbiose zwischen Mensch und KI ermöglichen soll. Musk will Erinnerungen speichern und Menschen auf der ganzen Welt zusammenschalten. Sind wird also wirklich so weit entfernt von der dystopischen Welt des Spiels?
Bei der Entwicklung dieser Apparatur haben sich die Entwickler derweil wohl zu sehr an der Realität orientiert. Denn durch die Einleitungs-Sequenz können Menschen, die dafür anfällig sind, einen epileptischen Anfall erleiden. Ein Umstand, vor dem im Spiel bisher nicht ausdrücklich gewarnt wird.
In Cyberpunk 2077 gibt es viele Strukturen, die auf Überwachungsmechanismen aufbauen, die schon heute existieren. Apps teilen Daten mit dem Staat, Großkonzerne überwachen ihre Mitarbeiter, aufgeweichte Verschlüsselungen durch Regierungen. Das ist keine dystopische Zukunft. „Im Spiel gibt es Cyberware einer großen Firma, die auf das Bewusstsein von Menschen Einfluss nimmt, ihnen etwa die Angst nimmt. Und Menschen lassen das zu, machen das sogar gerne – das ist eine Angst, die ich habe“, sagt Weber. Es mache ihm Sorge, dass große Firmen schon heute Zugriff auf viele Daten von Usern hätten und es kaum jemanden störe. In Cyberpunk 2077 scheint es nur die konsequente Fortführung zu sein – dein Körper und dein Geist gehören nicht mehr dir.
Der künstliche Körper
Auch Augmentierungen spielen in Cyberpunk 2077 eine große Rolle. Die Menschen der Spielwelt lassen sich künstliche Körperteile transplantieren, die ihre Fähigkeiten erweitern. So können sie sich etwa bessere Augen anschaffen, eine Wirbelsäule, die stärkere Lasten tragbar macht oder einen Arm, der stärker zugreifen kann.
Schon heute haben Menschen mit körperlichen Behinderungen Möglichkeiten, durch Prothesen besser am alltäglichen Leben teilzunehmen, die üblichsten sind Bein-Prothesen. Aber auch an Retina-Implantaten wird etwa schon gearbeitet, die als Seh-Prothesen für blinde Menschen fungieren sollen.
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Diese eigentlich positiven Partizipations-Chancen verkehren sich im Spiel jedoch schnell ins Gegenteil. Nicht nur werden die verbesserten Körper als Waffen eingesetzt, sondern, „wenn Spieler etwa einen Cyberarm implantieren, muss der menschliche Arm ja irgendwo hin. Dafür müssen sie einen Vertrag unterschrieben, damit der Arm eingelagert wird. Das kostet jedoch Geld – und wenn man nicht mehr zahlen kann, wird der Körperteil verkauft“, sagt Philipp Weber.
Um eine realistische Darstellung zu ermöglichen, so Weber, haben sich die Entwickler angeschaut, wie eine solche OP aussehen würde, welche Maßnahmen getroffen werden müssten, damit ein Austausch von Körperteilen erfolgreich wäre. „Damit das Transplantat angenommen wird, müssen die Charaktere Medikamente nehmen, die dem Gehirn vorgaukeln, dass es eigene Körperzellen sind.“ Man habe versucht, bei der Darstellung dieser Technologien so weit wie möglich in die Tiefe zu gehen.
Die volle Verständigung
Es ist typisch, dass in Videospielen Untertitel angezeigt werden. In Cyberpunk 2077 werden diese aber zum Feature einer Augmentierung. In der Spielwelt leben Menschen, die ganz unterschiedliche Sprachen sprechen. Und nicht alle können die Spieler direkt verstehen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, sich Sprach-Chips einpflanzen zu lassen, die das Gesprochene in Echtzeit übersetzen und als Text auf dem Bildschirm anzeigen.
Überhaupt ist es in dieser Welt zur Norm geworden, dass sich Menschen über Kabel in ihrem Arm mit allerlei Elektronik verbinden. In einem Auto schalten Spieler so etwa den Autopiloten an – oder kontrollieren das Geschütz auf dem Dach. Auch können sie etwa die Kontrolle von Mechs übernehmen, die Teil der Spielwelt sind. „Dafür haben wir mit einem Industrial Designer gesprochen. Wir wollen wissen, wie in so einem Gerät, das heute noch nicht existiert, die Hydraulik aussehen kann, mit logischen physikalischen Maßnahmen“, sagt Weber.
„Fliegende Autos find ich ganz spannend“
Philipp Weber selbst kann, trotz aller dystopischer Ideen im Spiel, dennoch ein paar Technologien nennen, auf die er sich selbst freuen würde. Das seien zunächst die fliegenden Autos, die er schon gerne heute steuern würde. „Aber auch was mit dem Körper gemacht werden kann, find ich sehr interessant“, sagt er. Einer der größten Popstars des Spiels sei ein Mensch, der sich zum kompletten Cyborg hat machen lassen. „Musik macht sie mit künstlicher Intelligenz, alles nach ihren Vorstellungen – aber im Unterbewusstsein.“ Das seien Ideen, die Weber faszinierend findet, auch wenn sie freilich schnell ins Dystopische kippen können.
Der Cyborg-Popstar aus Cyberpunk 2077 wird übrigens von der Musikerin Grimes gespielt. Die wiederum ist die Freundin von Elon Musk. Und so schließt sich der Kreis um zukünftige Technologien, Tech-Konzerne und Schnittstellen zwischen KI und Menschen. Viel vom Cyberpunk-Genre war schon immer im Jetzt angelegt. Cyberpunk 2077 hat selten revolutionäre Gedanken, sondern zeigt eine Weiterführung der Ideen, die schon heute virulent sind. Ob wir 2077 wirklich die Gefühle anderer Menschen nachempfinden können, während wir unseren Geist in einen neuen Körper transplantieren lassen, ist fraglich. Aber die Bewegung in diese Richtung, sie ist schon da.
„Denn durch die Einleitungs-Sequenz können Menschen, die dafür anfällig sind, einen epileptischen Anfall erleiden. Ein Umstand, vor dem im Spiel bisher nicht ausdrücklich gewarnt wird.“
Im Spiel wird seit Release direkt nach Start davor gewarnt. Mit dem letzten Update 1.04 wurde der Effekt außerdem abgeschwächt.