Irisches Gesetz könnte Big-Tech-Kritiker:innen einen „Maulkorb“ verpassen
Ein in letzter Minute in Irland eingebrachter Änderungsantrag im Zivilrecht für das Datenschutzgesetz 2018 soll dazu dienen, dass sich Menschen nicht mehr über den Missbrauch ihrer Daten durch Technikfirmen und öffentliche Einrichtungen äußern können.
Das berichtet die Technikseite Techcrunch+ und beruft sich auf öffentliche Aussagen des gemeinnützigen Irish Council for Civil Liberties (ICCL), der die irische Regierung auffordert, ein Veto einzulegen, wenn die Änderungsanträge am Mittwoch dieser Woche im Parlament zur Debatte gestellt werden sollen.
Gesetzesänderung mit Verbot für „die Offenlegung vertraulicher Informationen“
Die Änderung schlägt demnach einen neuen Abschnitt 26A für das Datenschutzgesetz 2018 vor, der „die Offenlegung vertraulicher Informationen“ verbieten würde, die zu irgendeinem Zeitpunkt während der Interaktion eines Beschwerdeführers mit dem Datenschutzbeauftragten offengelegt werden, heißt es in dem Bericht.
So könnte beispielsweise ein/e Aktivist/in, Anwalt/Anwältin oder Bürger, der/die eine Beschwerde einreicht, wichtige Details der Beschwerde nicht der Öffentlichkeit, zum Beispiel den Medien, mitteilen, wenn diese Informationen von der Datenschutzbehörde selbst als „vertraulich“ eingestuft wurden.
Seit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 sei Irland führend bei der Umsetzung europäischer Datenschutzbestimmungen. Dies sei laut Experten darauf zurückzuführen, dass die meisten großen US-Tech-Plattformen ihre europäischen Niederlassungen in Irland hätten.
Ärger um Datenschutz-Grundverordnung
Die DSGVO soll Bürgern eigentlich Kontrolle über ihre Daten und ihnen die Möglichkeit geben, Unternehmen durch größere Transparenz und geeignete Rechtsmittel zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie die persönlichen Daten ihrer Nutzer missbrauchen.
Prominente Aktivisten haben diese genutzt, um genau das zu tun, darunter eben der ICCL in Irland und der österreichische Rechtsanwalt Max Schrems, der zahlreiche Klagen gegen Unternehmen wie Amazon, Apple, Netflix und die Facebook-Muttergesellschaft Meta wegen des Umgangs mit und der Weitergabe von Nutzerdaten eingereicht hat.
Doch die nun vorgeschlagene Gesetzesänderung könnte dem Bericht zufolge jede Kritik sowohl an den milliardenschweren Unternehmen als auch an der irischen Datenschutzkommission (DPC) verhindern.
„Irlands Durchsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) gegen Big-Tech-Unternehmen und die Wahrung der Datenrechte aller Menschen in Europa sollte nicht Gegenstand von Änderungen sein, die in letzter Minute in der Eile der Legislaturperiode eingebracht werden“, sagte Dr. Johnny Ryan von der ICCL in einer Erklärung.
Datenschutz-Gesetztesänderung trifft Journalist:innen
Die Gesetzesänderung würde es nach Ansicht des ICCL Journalist:innen unmöglich machen, ordnungsgemäß über die irische GDPR-Aufsicht über große Tech-Firmen, oder über jede Organisation, die Irland als ihren europäischen Sitz zählt, zu berichten. Dazu zählten große Player wie Meta, Apple, Microsoft, Google und TikTok.
None of Your Business (NOYB), eine in Österreich ansässige gemeinnützige Organisation, die 2017 von Max Schrems mitbegründet wurde, erklärte, dass die Big-Tech-Unternehmen und der DPC „die Privatsphäre für sich selbst wollen.“ Man könne eine Behörde oder große Tech-Unternehmen nicht kritisieren, wenn man nicht sagen dürfe, was in einem Verfahren vor sich gehe, sagte Schrems.
„Indem sie jede noch so kleine Information als ‚vertraulich‘ deklarieren, versuchen sie, den öffentlichen Diskurs und die Berichterstattung zu behindern. Anstatt auf berechtigte Kritik zu reagieren, versuchen sie nun, diese zu kriminalisieren. Das vorgeschlagene Gesetz in Irland stellt die Weitergabe von Informationen über ein Verfahren unter Strafe. Das zeigt, dass sie die Öffentlichkeit und Reporter mehr als alles andere fürchten, denn das Gesetz würde es der Datenschutzbehörde erlauben, Informationen selektiv weiterzugeben, wenn sie es für richtig hält. Es ist unglaublich, dass so etwas in einem europäischen Land passieren kann.“
Eine Stellungnahme von öffentlicher Seite gab es bislang nicht.