Das dezentrale Finanzsystem (Defi) aufs Smartphone bringen und dich deine Krypto-Assets selbst verwahren lassen, das sind die Ziele der Defi-Wallet des Berliner Startups Unstoppable Finance. Dessen App wurde von vielen Nutzer:innen erwartet. Am längsten geduldeten sich deutsche Kryptofans, denn hier ist die App erst seit heute – mit über einem halben Jahr Verspätung – verfügbar.
Grund für die Verzögerung war ein Einspruch der deutschen Finanzaufsicht Bafin, die manche Aspekte der Wallet als regulierungspflichtig ansieht. Das führt auch dazu, dass die Version der Wallet-App für den deutschen Markt viele Funktionen eingebüßt hat: Token kaufen oder tauschen können deutsche Nutzende nicht. Die Gespräche mit der Aufsicht würden anhalten, gibt das Unternehmen bekannt.
„Während wir die Argumente der Bafin in weiten Teilen verstehen, gibt es Defi-spezifische Technologien, die einen nuancierteren Ansatz erfordern und zu angepassten Leitlinien führen sollten“, sagt Peter Grosskopf, Gründer und CTO von Unstoppable Finance.
Warum eine Wallet aus Deutschland?
Staken, traden, NFT verwahren – dafür gibt es unzählige Anbieter und dezentrale Protokolle. Welche davon vertrauenswürdig sind, ist oft schwer erkennbar. Unstoppable Finance will das mit einer Vorauswahl von Anbietern für Defi-Services lösen.
Ultimate ist eine mobile Wallet, die den Handel mit Token und die Interaktion mit Defi-Protokollen auf den Ethereum- und Solana-Blockchains ermöglicht. Dafür ist es nicht nötig, die Identität in einem Know-your-Customer-Prozess (KYC) offenzulegen.
„Wir möchten das Robinhood der Defi-Welt werden“, sagt CEO von Wallenberg-Pachaly. Mit NFT und tokenisierten Assets biete die Defi-Wallet deutlich mehr Möglichkeiten, aber mit einer Nutzererfahrung, die ähnlich ist wie die der Neobroker, die auf den Aktienmarkt und auf Kryptowährungen setzen.
„Gute Wallets gibt es bereits viele am Markt. Doch den meisten Leuten ist es zu viel, selbst vertrauenswürdige Protokolle zu finden“, sagt Maximilian von Wallenberg-Pachaly. Ultimate beschreibt er als einen Safe Space im wilden Westen der Defi-Services.
Nur überprüfte und verifizierte Anbieter sollen es auf die Plattform schaffen. Damit soll die App Nutzer:innen „als Co-Pilot“ durch die Defi-Welt navigieren und diese schließlich für ein größeres Publikum öffnen.
Was kann die App?
Folgende Funktionen hat die Anwendung:
- Einzahlung von Fiatwährungen wie Euro
- Handel von etwa 10.000 Token über die Exchanges Orca und Raydium (nur außerhalb Deutschlands)
- direkte Investments in verschiedene Protokolle (wie zum Beispiel das Staking von Solana-Token; nur außerhalb Deutschlands)
- NFT verwahren
- Cloud-Speicherung der privaten Keys
- Tracking von Solana- und Ethereum-Wallet-Adressen
Die Wallet läuft auf der Solana- und Ethereum-Blockchain sowie über Layer-2-Lösungen wie Arbitrum und Optimism. An den Start ging Ultimate mit vier Defi-Protokollen, die über die App genutzt werden können. Das Staking wird zum Beispiel über den Anbieter Lido Finance ermöglicht, der etwa fünf Prozent Rendite für gestakte Solana-Token verspricht.
Wie werden die Defi-Services überprüft?
Mit der Vorauswahl vertrauenswürdiger Protokolle, Anbieter und Produkte will sich Ultimate von anderen Wallets abheben. Im Schnitt dauere es vier bis sechs Wochen, bis neue Anbieter und deren Services überprüft seien, sagt der CEO.
Kriterien seien die Rahmendaten wie Unternehmenshistorie, ‑standort und ‑größe, die angebotenen Services, die Zielgruppe, der Grad der Dezentralität sowie regulatorische Beschwerden. „Wir verlassen uns auch auf externe Audits und Sicherheitstests und schauen uns das Risikoprofil an“, so von Wallenberg-Pachaly.
Was kostet die App?
Aktuell ist die App kostenlos in Apples App-Store und in Googles Play-Store erhältlich und soll laut einem Sprecher des Unternehmens auch dauerhaft kostenlos bleiben. Gebühren soll es ebenfalls nicht geben. Einnahmequelle für Ultimate sind Rückvergütungen, die Drittanbieter wie Lido zahlen.
Welche Zielgruppe hat die App?
Perspektivisch soll Ultimate eine Anwendung für private Anleger:innen sein. „Gerade befinden wir uns in einem Kryptowinter, da fokussieren wir uns auf Menschen, die schon vorher Berührungspunkte mit Defi hatten“, sagt von Wallenberg-Pachaly.
Was steckt hinter Ultimate?
Die App ist das erste Produkt des Berliner Fintechs Unstoppable Finance. Maximilian von Wallenberg-Pachaly, Peter Großkopf (CTO) und Omid Aladini (Director of Engineering) sind die Gründer des Fintechs. Vorher hat das Trio zusammen die Börse Stuttgart Digital Exchange aufgebaut. Ihr Ziel für Ultimate ist nichts weniger, als die Zukunft der Finanzwelt zu bauen.
Im Oktober 2021 erhielten die Gründer eine Finanzierung von 4,5 Millionen Euro. Sie bauten ihr Team auf 30 Mitarbeitende aus und begannen mit der Entwicklung der App. Um weiterzuwachsen, erhielt das Gründertrio im August vergangenen Jahres weitere 12,5 Millionen Euro. An dieser Serie‑A-Finanzierungsrunde hat sich unter anderem Lightspeed Venture Partners beteiligt.
Fazit
Im Test von t3n hat die Betaversion der App problemlos funktioniert und konnte mit einer logisch aufgebauten Oberfläche punkten. Die Wallet ist schnell eingerichtet und die App unterstützt den biometrischen Account-Schutz über Face-ID oder Touch-ID auf dem iPhone.
Der Vorteil zu anderen unhosted, also selbst verwalteten Wallets liegt auf der Hand: die Möglichkeit, die Private Keys zu speichern. Das funktioniert mit der iCloud und ist mit einem Klick erledigt. Alternativ können Nutzer:innen auch Sicherheitsphrasen generieren und sie offline speichern.
Ein großes Manko für deutsche Nutzende sind die eingeschränkten Funktionen der Wallet. Sie können ihre Krypto-Assets zwar in der Wallet verwahren, aber keine neuen Token kaufen oder Token gegen andere tauschen. Dafür sind die deutschen Anwender:innen weiterhin auf andere Börsen angewiesen.
Die Anlagemöglichkeiten sind angesichts der Vielfalt der Protokolle im Defi-Bereich auch bei vollem Funktionsumfang noch recht dürftig. Nachholbedarf gibt es außerdem beim versprochenen Multi-Chain-Ansatz. Bislang läuft die App hauptsächlich auf der Solana-Blockchain, einem Projekt, das Expert:innen für mangelnde Dezentralität und Aussetzer kritisieren.
Ein weiterer Wermutstropfen sind die Auszahlungen: Bislang ist ein Cash-out, also eine Auszahlung der Krypto-Assets in Fiatwährungen wie Euro, über die App noch nicht möglich. Dafür müssten Nutzer:innen ihre Token auf eine zentrale Börse transferieren. Eine Auszahlungsmöglichkeit zu integrieren steht laut Unstoppable Finance allerdings für Mitte 2023 auf dem Plan.
Auch wenn die App noch einige Wünsche offenlässt: Besonders wegen der „Kindersicherung“ alias Cloudspeicherung für die Private Keys könnte die App zu einer guten Wahl für Defi-Einsteiger:innen werden.