Desktop-PC vor dem Aus? Warum der klassische Computer noch lange nicht Geschichte ist

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Vor Jahren stand in vielen Haushalten ein Ungetüm von einem PC, der entweder selbst zusammengebaut oder fertig aus dem Fachhandel erstanden wurde. Diese Zeiten sind lange vorbei. Wer sich jetzt einen Rechner zulegt, greift meist zu einem Notebook. Die Gerätegattung hat schließlich alles an Bord, was man braucht – inklusive Keyboard, Trackpad und Bildschirm.
Notebooks dominieren den Markt
Notebooks sind schon seit über einer Dekade die am meisten verkaufte Gerätegattung in der PC-Welt: Laut eines Berichts von iSuppli (jetzt Omdia) wurden 2008 erstmals mehr Notebooks als Desktoprechner abgesetzt. Ausgestorben ist trotz alledem die Gerätegattung der Tischrechner noch nicht. Auch in der Smartphone-Welt gibt es neben den iPhones und Android-Geräten immer noch Feature-Phones – selbst, wenn der Vergleich hinkt.
Denn Desktop-PCs, vorwiegend mit Windows als Betriebssystem, halten sich nicht nur im Gamingbereich wacker, sondern auch nicht selten in der Entwicklung oder im Profibereich. Sicher sind Macs wie ein Mac Pro oder Mac Studio für einige eine interessante Option. Der Vorteil von Windows-Rechnern ist immer noch, dass ihre einzelnen Komponenten von Prozessor, über Grafikkarte bis Speicher ausgetauscht und damit leistungsfähiger gemacht werden können.
Bei Notebooks ist das mittlerweile immer seltener der Fall. Viele Komponenten sind fest verlötet, sodass man beim Kauf sicher sein muss, dass die gegebene Konfiguration ausreicht.
… aber Desktops bleiben
Wir haben bei einigen PC-Herstellern nachgefragt, wie es um das Desktop-Segment bestellt ist. Und sie bestätigen den aktuellen Trend: Marcel Behm, Director PBU Consumer Mobility (Central Europe) bei Acer, gibt zu Protokoll, dass im Endkund:innengschäft neun von zehn verkauften PCs inzwischen mobile Geräte seien. Dennoch hielten sich Desktop-PCs und All-In-Ones „einen stabilen Marktanteil“. „Das Verhältnis hat sich in den vergangenen Jahren nur marginal verändert,“ so Behm.
Behm hält weiter fest, dass die Verteilung im Gaming-Segment noch einmal anders aussehe: „Hier greifen noch fast ein Drittel der Konsumenten zum Desktop. Der Großteil der Nutzer setzt aber auch hier auf eine mobile Lösung. Auch dieser Wert stagniert über die vergangenen Jahre.“
Diese Aussagen decken sich auch mit denen anderer Hersteller. Bei Lenovo liegt das Verhältnis von Notebook zu Desktop mit circa 80 zu 20 Prozent sogar noch ein wenig höher.
Anteil von Mini-PCs könnte wachsen
Auch globale Daten von IDC sprechen eine ähnliche Sprache. Unterschiede zwischen dem globalen und deutschen Markt sind Daten von GfK unwesentlich: Zwischen Januar und Oktober 2024 lag der Anteil im Retailmarkt von Mobile zu Desktop bei 84 zu 16 Prozent. Im Businessbereich, den IDC nicht gesondert ausgewiesen hat, war der Desktopanteil mit 26 Prozent ein wenig höher. Desktops umfassen bei GfK sowohl klassische Tower- als auch Micro- (also Mini-PCs) und All-in-One-Rechner.
Angesichts dessen, dass sowohl Apple als auch Microsoft neue Mini-PCs angekündigt haben (siehe unten): Der Markt der kleinen Desktop-PCs könnte Prognosen zufolge zwischen 2024 und 2032 von 7,69 Milliarden US-Dollar auf 12,5 Milliarden Dollar wachsen. Die kleinen Rechner ermöglichen, auf einem Bruchteil des Platzes herkömmlicher Desktop-Computer, leistungsstarke Rechenfunktionen bereitzustellen.
Macbook vs. Desktop bei Apple: 90:10
Schaut man rüber in die Mac-Welt, so verhalten sich die Anteile zwischen Macbooks und Desktopmodellen ähnlich wie bei Acer: Lediglich zehn Prozent des Absatzes stammen aus den Verkäufen von iMac, Mac Mini, Mac Studio und Mac Pro, so Daten der US-Marktforscher CIRP. Die restlichen 90 Prozent teilen sich die Macbook-Pro und- Air-Modelle mit 51 beziehungsweise 49 Prozent.
Ob Apples neuer Mac Mini mit M4-Chip (Test) Anteile für sich gewinnen kann, ist nicht gesichert. Allerdings ist das neue Basismodell ein kleiner Preis-Leistungskracher, der die Konkurrenz aus der Windows-Welt nicht gut dastehen lässt.
Zwar kein alleiniges Indiz für den Erfolg, aber durchaus spannend: Der Mac Mini hat sich bei Amazon zum Bestseller* im Desktopbereich entwickelt. Konkrete Absatzzahlen, die Apple seit Jahren jedoch nicht mehr herausgibt, wären natürlich die beste Quelle.
Kreative Spielereien von Herstellern
Ähnlich wie Smartphone-Hersteller mit Foldables versuchen sich Notebook-Hersteller auch an neuen Formfaktoren, um neues Leben in den gesetzten Markt zu bekommen. Lenovo und Asus sind mit ihren Notebooks mit Faltdisplay in diesem Bereich am mutigsten. Aufgrund ihrer hohen Preise, des höheren Gewichts und externem Bluetooth-Keyboard weniger für den mobilen Einsatz konzipiert.
Auch Microsoft spielt gelegentlich gerne mit dem Formfaktor: Das 2-in-1 Surface Pro, das aus Tablet und magnetisch haftendem Keyboard besteht, gilt als recht erfolgreich. Weitere Spielereien waren das Surface Book und Surface Laptop Studio. Große Verkaufsschlager waren die Experimente wohl nicht. Zumindest hatte der Hersteller sie lange nicht aktualisiert, erfrischend anders waren sie dennoch.
Wie geht’s weiter?
Es zeigt sich, dass Notebooks das dominierende Produkt sind und wohl auch bleiben. Der Formfaktor ist letztlich ideal, um von überall aus zu arbeiten – ein Aspekt, der in einer Welt von Homeoffice und Remote Work nicht zu vernachlässigen ist.
Mit Verbesserungen bei Notebooks können wir dennoch rechnen: So dürfte dank verbesserter Prozessoren und neuer Akkutechnologien die Laufzeit stetig besser werden. Das haben wir zuletzt bei den neuen ARM-Notebooks gesehen, die zusammen mit Qualcomm entwickelt wurden. Auch Apples neue Macbook Pros sind ausdauernder geworden, während die Performance abermals gesteigert wurde. Zudem sollten bessere Bildschirme basierend auf OLED-Technologie das Arbeiten an den mobilen Rechnern angenehmer gestalten.
Überdies versucht Microsoft, seine Kund:innen mit sogenannten Cloud-PCs zu scheinbar günstigen Preisen zu locken. Der im Zuge der Messe Microsoft Ignite angekündigte Windows 365 Link Mini-Desktop bezieht die Windows-11-Instanz mit allen Daten aus der Cloud, für die ein Microsoft-365-Abo erforderlich ist. Diese Lösung dürfte in erster Linie für Business-Kund:innen ohne feste Arbeitsplätze sinnvoll sein.
Mit dem Aus von Windows 10 im Oktober 2025 soll der PC-Markt angefacht werden, da Nutzer:innen und Unternehmen ihre alten, nicht mit Windows 11 kompatiblen Geräte gegen neue Modelle austauschen müssen. Laut GfK sind im B2B-Bereich schon erste Effekte zu beobachten.
Glaubt man den Vorhersagen von Gartner, wird der Anteil von KI-PCs massiv ansteigen und den Markt bis 2026 dominieren. Gleichzeitig soll der Anteil von X86-PCs schrumpfen und ARM-Notebooks zulegen. Aber das ist eine andere Geschichte.