Deutsches Startup setzt auf dieses extrem beständige Material für neue Datenspeicher
Das Münchner Startup Cerabyte speichert Daten auf hauchdünnen Keramikschichten – für Tausenden von Jahren. Ihr Ziel ist allerdings nicht so etwas wie Informationen über vergrabenen radioaktiven Müll für künftige Generationen zu erhalten. Das System soll vielmehr die zur Zeit noch übliche, aber Energie und Ressourcen fressende Speicherung von Daten auf SSDs, magnetischen Festplatten oder auch Magnetbändern nachhaltiger machen.
Dass diese Technologie eine Menge Potenzial hat, scheint sich auch in der Branche herumzusprechen. Zumindest scheint das auch das US-Unternehmen Pure Storage zu glauben, das erst vor wenigen Jahren selbst noch als Start-up mit seinen SSD-Speichern den US-Markt eroberte, und jetzt eine nicht genannte Summe in Cerabyte investiert hat.
Speichern in Keramik
In Cloud-Datenzentren werden Daten mittlerweile meist auf Festplatten gespeichert, die allerdings permanent laufen. Deshalb müssen die Daten ständig umkopiert werden, da die Platten nach einigen Jahren unzuverlässig werden. Ähnliches gilt für moderne SSDs. Sie müssen ständig mit Spannung versorgt werden, sonst gehen die Daten verloren. Außerdem ist auch ihre Lebensdauer begrenzt. Die kostengünstige Alternative der Wahl – zumindest für Daten, die nicht ständig gebraucht werden – sind tatsächlich immer noch magnetische Bandlaufwerke in Roboter-Bibliotheken.
Auf dieser technischen Plattform setzt nun auch Cerabyte an: Das Startup hat ein Speichersystem gebaut, das ebenfalls Kassetten in dem für Bandlaufwerke üblichen Format verwendet. Allerdings enthalten die Kassetten neun mal neun Zentimeter messende, dünne Glasscheiben, die mit etwa zehn Nanometern dünnen Keramikschicht versehen sind.
Keramik ist extrem beständig. Experimenten in Klimakammern bei Temperaturen zwischen -273 und 500 Grad Celsius „weisen auf eine Lebensdauer von Tausenden von Jahren hin“, schreibt Cerabyte in einem Whitepaper. Das ist auch ein wichtiger Unterschied zu anderen optischen Speichermedien: Denn theoretisch halten zwar auch CDs, DVDs und Blu Ray-Scheiben sehr lange. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, dass die Scheiben brüchig werden, weil Weichmacher und Farbstoffe entweichen oder sich verklebte Schichten voneinander lösen können – wer noch selbst gebrannte CDs besitzt, dürfte das Problem aus eigener Anschauung kennen.
Warum Keramik für den Speicher?
Bereits 2014 demonstrierten Forschende, dass sich Daten mit Femtosekunden-Lasern in Quarzlas brennen lassen. Allerdings absorbiert das Glas nicht besonders gut. Cerabyte nutzt daher Keramik.
Beim Beschreiben brennt ein Laser, der ultrakurze Pulse – mit extrem hoher Leistung – erzeugt, die Daten in Form von winzigen Vertiefungen in die Keramikschicht. Bei solchen Femtosekunden-Lasern gab es in den vergangen 20 Jahren sehr viele Fortschritte. Der kurze Puls bewirkt, dass Material direkt verdampft, ohne vorher zu schmelzen. Beim Auslesen der Daten fährt ein Trägersystem aus der Chipherstellung den Glasträger an die richtige Position. Eine Hochgeschwindigkeitskamera liest über ein Mikroskop die Bits aus.
Der Prototyp kann rund zehn Gigabyte auf einer Scheibe speichern. Laut Cerabyte lässt sich das mit den jetzt verwendeten Femtosekunden-Lasern auf bis zu 120 Gigabyte steigern. Das klingt ziemlich beeindruckend, aber auch auf diesem Gebiet schläft die Konkurrenz nicht: Erst im Frühjahr präsentierten chinesische Forschende in Nature ein optisches Speichermedium, auf das sie bis zu 200 Terabyte Daten packen wollen.