
Älteren Netzbewohnern wird Googles neuestes Experiment nur mäßig neu vorkommen – dieses „Experiment, um Benutzern und Web-Publishern zu helfen, tiefere Verbindungen auf Chrome zu schaffen“, wie Janice Wong von Google es selbst formuliert.
Google erinnert sich an RSS
Plötzlich haben ein paar Chrome-Entwickler nämlich ganz offenbar den vormalig populären Syndikationsstandard RSS (Real Simple Syndication) wiederentdeckt. Jetzt will das Team „erforschen“, wie man das Abrufen der neuesten Informationen von seinen Lieblingsseiten direkt in Chrome vereinfachen kann.
Dazu sollen in den kommenden Wochen einige Android-Nutzer in den USA auf Chrome Canary eine experimentelle Follow-Funktion sehen. Die klingt stark nach Social Media und könnte daher funktionieren. Tatsächlich wird dahinter das altbekannte RSS-Protokoll stecken. Für die Inhalte der Seiten, denen Canary-Nutzer dann „folgen“, will das Team einen gleichnamigen Seitenabschnitt auf der Seite „Neuer Tab“ einrichten.

Erste Vorschau auf RSS in Chrome. (Screenshots: Google)
RSS hat keine Nachteile, aber viele Vorteile
Nicht nur für Fans des Google Reader, der genau diese Form der Inhaltsverteilung zur Meisterschaft gebracht hatte, aber 2013 von Google gestrichen worden war, ist die RSS-Rückkehr Googles eine gute Nachricht. Auch Seitenbetreiber sollten sich auf das alte, aber bewährte Protokoll besinnen. Denn es erlaubt ihnen, ihre Inhalte vorbei an allen Walled Gardens, allen voran Facebook und Twitter, direkt an die Konsumenten zu liefern.
Seitenbetreibern will Google künftig Anleitungen zur Verfügung stellen, die bei der soliden Implementation von RSS in die eigene Kanalvielfalt helfen sollen. Bei entsprechender Nachfrage und daraus resultierendem Erfolg könnte Google das Folgen per RSS zu Chrome zurückbringen.
RSS kann Erfolg haben, wenn jeder mitmacht
Deshalb ruft Janice Wong in ihrem Blogbeitrag Verleger, Blogger, Autoren und Verfechter des offenen Webs zum Mitmachen auf. Die Chancen auf einen Erfolg des Projekts stehen nicht schlecht. Immerhin war der Google Reader, ein webbasierter RSS-Feedreader, in der Zeit von 2005 bis 2013 zum Standard geworden.
Dessen Abstieg und letztliche Einstellung hatte seinerzeit mit der rasant steigenden Bedeutung sozialer Netzwerke zu tun, die auch Google damals noch promotet hatte. Inzwischen ist eine steigende Skepsis bei Netznutzern zu spüren, ob zentralisierte Informationspools wie Facebook tatsächlich die Zukunft sein sollten. RSS ist radikal dezentral und nicht von einzelnen Diensten zu kontrollieren. Damit passt es perfekt ins Web 3.0.
RSS ist eine tolle Sache, da keine Styles, sondern nur die Rohdaten in Form von XML übertragen werden – das macht es besonders Schlank, schnell und vielseitig. Vielleicht ist es die Ablöse für die AMP Pages?!
Aber immerhin Super, das Google es wiederbeleben möchte :)
Na endlich! Man wundert sich zwar, dass Google, selbst ein Quasi-Monopolist auf zahlreichen Gebieten, plötzlich wieder die Vorzüge dezentraler Lösungen entdeckt, statt vorhandene perfekte Lösungen zu sabotieren, aber immerhin. Wollen wir mal hoffen, dass diese Einsicht von Dauer ist.