Digitale Wallet: Kann Wero die europäische Antwort auf Paypal und Apple Pay werden?
Ein Gegengewicht zu den US-amerikanischen Bezahlsystemen und Finanzökosystemen von Paypal bis Visa und Mastercard will die European Payment Initiative (EPI) schaffen, ein Zusammenschluss von 16 europäischen Banken und Finanzdienstleistern aus sieben Ländern, der jetzt mit der Wero-App ein neues europäisches Zahlungssystem etablieren will. Mit dabei sind auf deutscher Seite die Deutsche Bank sowie die Sparkassen, nachdem die DZ-Bank und die Commerzbank im Laufe der Entwicklung aufgrund der hohen Kosten und des großen zeitlichen Aufwands keine Verhältnismäßigkeit erkannten.
Die EPI-Lösung soll mittelfristig in allen Zahlungssituationen online und offline zum Einsatz kommen. In einem ersten Schritt will man ab Juni erste Geldtransaktionen zwischen Mobilgeräten ausführen können, was ja prinzipiell genau auf Lösungen wie Apple Pay und Google Pay, aber auch auf Paypal als Konkurrenz abzielt.
Doch ob daraus ein wirklich erfolgreiches europaweit akzeptiertes Projekt wird, bleibt abzuwarten – und es wird immer fraglicher. Denn die EPI ist eine über die Zeit geschrumpfte Initiative, an der ursprünglich Banken aus allen Bereichen der unterschiedlichen Staaten teilhaben sollten. Doch nach und nach sorgten die Kostenstrukturen – die Rede war von mehr als vier Milliarden Euro – und die Verpflichtungen dafür, dass immer mehr Banken nicht an der Entwicklung festhielten oder erst später einsteigen wollen, wenn das System bereits mehr oder weniger die Marktreife erreicht hat.
Dennoch gibt sich Joachim Schmalzl, Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und Vorsitzender des EPI-Verwaltungsrates, zuversichtlich, dass Wero eine Erfolgsgeschichte werden könnte: „Wir werden die Handy-zu-Handy-Zahlungen im Juni breit nach außen geben, mit einem Aufschlag in Deutschland, Belgien und Frankreich – und im nächsten Jahr kommt dann das volle Programm.“
Wero soll Unabhängigkeit von Paypal und Co. schaffen
Wero als digitale Wallet wäre in der Tat eine Möglichkeit für die europäischen Banken, weniger abhängig von US-amerikanischen Lösungen zu werden und hier vor allem das Geschäft auch nicht an die großen Digitalkonzerne wie Paypal, Apple oder Google abzutreten. Verantwortlichen bei Banken und Finanzdienstleistern ist die starke Abhängigkeit von den Digital Playern nämlich seit Jahren ein Dorn im Auge.
Mit dem digitalen Euro, der ja parallel auf Initiative der EZB und der nationalen Zentralbanken im Entstehen ist, hat all das übrigens (noch) nichts zu tun. Dabei dreht es sich um eine digitale Erscheinungsform einer Zentralbankwährung, die auch nur in sehr überschaubarem Umfang pro Kund:in verfügbar sein wird und vor allem das schnelle und einfache Bezahlen im digitalen Umfeld und an der Ladenkasse ermöglichen soll. Doch die Beschreibung zeigt ja schon, dass die Einsatzgebiete ähnlich sein könnten.
Hinzu kommt, dass Paypal auf der einen Seite und Apple Pay in anderer Hinsicht etablierte und in vielen Ländern (auch über den Euroraum hinaus) akzeptierte Zahlungslösungen sind, sodass es für viele Nutzer:innen wenig Mehrwert geben dürfte (wohl aber viele Akzeptanzschwächen). Hinzu kommt die fehlende Bekanntheit und die Tatsache, dass zunächst ja nur ein Teil der Banken mit an Bord ist. Wir erinnern uns: Das hat seinerzeit schon bei Paydirekt für Probleme gesorgt (und da waren zumindest auf Seiten der deutschen Institute mehr dabei).
Alternative oder Konkurrenz zum digitalen Euro?
Es gibt daher durchaus Kritik an der Zweigleisigkeit der europäischen Banken. Wenn es nicht mittelfristig gelinge, so ein hochrangiger Vertreter aus dem Sparkassenumfeld, beide Lösungen gemeinsam zu denken, könne das sogar eher zur Verwirrung und Ablehnung der Kund:innen (und damit sind sowohl gewerbliche Anbieter als auch Verbraucher:innen gemeint) führen.
Noch ist vor allem unklar, welche Händler:innen und Einzelhandelsunternehmen an dem System teilnehmen werden. Denn abgesehen von der fehlenden Bekanntheit geht es dabei natürlich um die Implementierung in Shopsysteme und die Akzeptanz durch die Payment-Service-Provider (PSP). Hier erklärt ein Verantwortlicher eines großen PSP, dass man sich natürlich die neue Lösung anschaut, aber davon ausgehen müsse, dass sie nicht von einem auf den anderen Tag bei den Kund:innen ankomme.
Es gibt eine funktionierende Lösung in Spanien und auch in der Schweiz wird bereits eine interessante Alternative angeboten. Warum diese Dienste nicht einfach auf ganz Europa ausweiten? Muss es unbedingt was ganz neues sein?
Fehler im Artikel: Die DZ Bank ist dabei.
Quelle: Ich arbeite dort :)