Fahndungsbild aus DNA löst Shitstorm aus – und wird wieder gelöscht
Da sie in einem Ermittlungsfall bezüglich einer Vergewaltigung aus dem Jahr 2019 nicht weitergekommen ist, hat sich die Polizeistelle Edmonton Police Service (EPS) im kanadischen Alberta einer modernen Technik bedient: Anhand der DNA-Probe haben die Ermittler ein Fahndungsbild des Verdächtigen erstellen lassen und auf Twitter veröffentlicht. Nach heftiger Kritik hat die Polizeistelle das Bild nun wieder gelöscht und sich entschuldigt.
Phantombild zeigt, wie der Verdächtige einst „womöglich ausgesehen haben könnte“
Snapshot nennt sich diese Methode – eine Form von DNA-Phänotypisierung, die Experten zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht funktioniert. Anhand der DNA-Probe des Verdächtigen wurde in Zusammenarbeit mit dem US-Technologieunternehmen Parabon Nanolabs ein Phantombild erstellt. Das Unternehmen wirbt auf seiner Website damit, dabei zu helfen, „die härtesten Fälle zu lösen – und zwar schnell“.
Dass die Technologie Einschränkungen hat, hat der EPS in seiner ursprünglichen Pressemitteilung zwar zugegeben. Die DNA ließe schließlich keine Rückschlüsse auf Alter, Gewicht oder Haar- beziehungsweise Bartstyling der Person zu. Dennoch hat die Polizei ein Bild veröffentlicht, wie der Verdächtige „mit 25 Jahren und einem Body-Mass-Index von 22 womöglich ausgesehen haben könnte“.
Rassistisches Profiling auf der nächsten Stufe?
Doch die Grenzen der Technik gehen noch weiter. Denn das Fahndungsbild zeigte einen Dunkelhäutigen. Wie der Genforscher Dr. Adam Rutherford von der Universität London auf Twitter in Bezug auf das veröffentlichte Bild des EPS schrieb, lassen sich jedoch „keine Rückschlüsse über das Gesicht oder die Pigmentierung der Haut anhand der DNA ziehen“. Diese Ermittlungsmethode nannte er „gefährliche Quacksalberei“.
Geneticist here. You can’t make facial profiles or accurate pigmentation predictions from DNA, and this is dangerous snake oil. https://t.co/UCzknc9I10
— Dr Adam Rutherford (@AdamRutherford) October 5, 2022
Bei Rutherfords Kritik blieb es nicht. Auf Social Media hat sich rasch ein Shitstorm zusammengebraut. „Aus diesem Grund fordern wir weniger Finanzierung für die Polizei. Ihr verschwendet Gelder für rassistische Polizeiastrologie“, lautet eine der vielen Reaktionen auf Twitter. Oder: „Schön, dass ihr euch dieses Produkt habt andrehen lassen, ohne darauf zu kommen, dass dies eine offensichtlich schreckliche Idee ist.“
Die Polizeistelle rudert zurück
Aufgrund der heftigen Kritik hat der EPS das Bild nach wenigen Tagen wieder gelöscht und eine Entschuldigung veröffentlicht. Man habe die Methode als „letztes Mittel“ in einem zunehmend aussichtslosen Fall verwendet. Enyinnah Okere, COO der Polizeistelle, sprach von einer „viel zu breiten Charakterisierung“, die jene Technik biete, wodurch eine ohnehin von Vorurteilen gebeutelte Gruppe weiter an den Rand gedrängt werde.
„Jedes Mal, wenn wir neue Technik verwenden – vor allem eine, die Sorgen über Vorurteile gegenüber einer Randgruppe schürt –, können wir nicht vorsichtig genug sein, wie wir diese Methoden rechtsgültig und die Risiken transparent machen.“ In diesem Fall sei dies nicht geglückt. Beim EPS werde man Snapshot nicht mehr anwenden.