Was passiert mit den E-Scootern im Winter?
Sie stehen, liegen und rollen an jeder Ecke: Drei Monate nach ihrer Zulassung beherrschen E-Scooter in vielen deutschen Großstädten das Straßenbild. Doch trotz Rekordsommer mit heißen Temperaturen und wenig Regen fällt die Zwischenbilanz ernüchternd aus. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK ergab kürzlich, dass 70 Prozent der Deutschen noch kein Interesse an dem neuen und in Deutschland erst seit Juni zugelassenen Fortbewegungsmittel haben. Nur fünf Prozent der mehr als 1.000 für die Studie befragten Männer und Frauen hätten bis Anfang Juli schon einen E–Scooter ausprobiert – und das hauptsächlich zum Freizeitvergnügen und bisher weniger als Alternative zu anderen Verkehrsmitteln wie etwa dem Auto.
Nächste Bewährungsprobe für E-Scooter
Die Verleihanbieter zeigen sich mit der Nachfrage in den ersten Monaten zwar zufrieden. „Unsere Erwartungen wurden deutlich übertroffen“, teilt etwa Stefan Keuchel vom Berliner Anbieter Circ auf Nachfrage von t3n mit. Beim Konkurrenten Tier spricht man europaweit gar von „zehn Millionen absolvierten Fahrten“.
„Kleine Raddurchmesser der E-Scooter erhöhen Unfallgefahr im Winter“
Doch die nächste große Bewährungsprobe steht dem E-Scooter erst noch bevor. Der heiße Sommer ist einem stürmischen Herbsteinbruch mit starken Regenfällen gewichen, spätestens im Frühjahr ist zudem mit Schnee und Glatteisgefahr zu rechnen. Keine guten Bedingungen für E-Scooter: „In der Regel sind Radwege im Winter schlechter oder später geräumt. Es ist also mit Rinnen im Schnee oder Eisflächen oder Pickeln zu rechnen. Alles Probleme, mit denen auch Radfahrer zu kämpfen haben, die aber durch die kleineren Raddurchmesser der E-Scooter verschärft werden“, erklärt Siegfried Brockmann, Unfallforscher beim Verband der deutschen Versicherer.
Die bisher geringe Nachfrage nach den E-Scootern wird das kaum begünstigen, im Gegenteil: Statistisch gesehen sinkt schon die Fahrbereitschaft von Radfahrern im Winter wegen der erhöhten Unfallgefahr erheblich. Nur 25,4 Prozent der Krafträder verunglückten 2018 im Winter. „Schlechte Straßen- und Witterungsverhältnisse, wie sie im Winterhalbjahr oft vorliegen, halten viele von den Straßen fern“, schreibt das Statistische Bundesamt. Dieser Trend ist seit vielen Jahren zu beobachten. Und auch wenn es noch keine vergleichbaren Erhebungen für E-Scooter gibt, ist es denkbar, dass auch E-Scooter-Fahrer im Winter seltener aufs Brett steigen werden als im Sommer. Ziehen die Anbieter ihre Flotten jetzt also aus den Großstädten ab?
E-Scooter sollen auf der Straße bleiben
Die Frage lässt sich auf Nachfrage bei vier der größten Verleihanbieter in Deutschland (Circ, Tier, Voi und Lime) recht eindeutig beantworten: Nein. „Wir stellen uns darauf ein, dass es im Winter weniger Nutzer werden, aber immer noch so viele, dass wir den Betrieb regulär aufrechterhalten“, sagt David Krebs vom E-Scooter-Anbieter Tier. Die Firma aus Berlin hat in 19 deutschen Städten knapp 15.000 Fahrzeuge stationiert.
Laut Krebs sei Kälte für viele Nutzer auch gar kein ausschlaggebender Hinderungsgrund, eher sei es Nässe: „Die Roller werden weniger genutzt, wenn es regnet. Scheint aber die Sonne, werden sie genutzt, selbst wenn es nur zwei Grad warm ist. Die Menschen müssen sich ja trotzdem fortbewegen. Und 20 Minuten in der Kälte auf einen Bus zu warten ist auch nicht schön“, so Krebs.
Ähnlich argumentiert man auch beim Konkurrenzanbieter Voi. „Aus Erfahrung lässt sich sagen, dass unsere Roller auch im Winter gefahren werden“, sagt Deutschlandchef Claus Unterkircher. Man erwarte deshalb keinen oder nur einen leichten Rückgang bei bestehenden Nutzern. „Wir werden unser E-Scooter-Angebot in den Städten konstant halten oder sogar ausbauen, weil wir weiterhin generell stark wachsende Nachfrage nach nachhaltiger Elektromobilität sehen.“
„Bei Schnee und Eis schalten wir die Roller ab“
Dass sich die wackligen Roller bei besonderen Schlechtwetterlagen noch schwieriger fahren lassen, sehen allerdings auch die Verleihanbieter ein. „Auch wenn die letzten Winter in Deutschland alle relativ mild waren, wird es Tage geben, an denen die Straßenverhältnisse keine Fahrten mit dem E-Scooter zulassen – zum Beispiel bei Eis oder Schnee“, sagt Stefan Keuchel vom Berliner Anbieter Circ. „An solchen Tagen werden unsere Roller in den jeweiligen Städten nicht ausgeliehen werden können.“ Das Buchungssystem werde dann deaktiviert und Nutzer per App benachrichtigt. „Das war in Wien im vergangenen Winter an fünf Tagen der Fall“, ergänzt Tier-Sprecher David Krebs. Auch die E-Scooter-Anbieter Voi und Lime kündigen auf Nachfrage von t3n an, ihren Rollerverleih temporär aus der Ferne abschalten zu wollen.
Darüber hinaus wollen einige Anbieter rechtzeitig zum Winter weitere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Neben Fahrsicherheitstrainings mit Helm- und Reflektorenpflicht betreffe das etwa auch technische Nachrüstungen. „Wir werden unsere Scooter auf Winterverhältnisse anpassen“, sagt Krebs, ohne jedoch Details zu nennen. Circ-Sprecher Keuchel ergänzt: „Die gesamte Circ-Flotte wurde vor kurzem gründlich gewartet. Dabei wurden insbesondere die Bremsen, Reifen, Stabilität und die Lichtanlage überprüft. Außerdem arbeiten wir an einem komplett neuen Roller, mit diversen neuen Features, den wir zeitnah vorstellen werden.“
Ob diese neuen „Features“ die erhöhte Unfallgefahr mit E-Scootern im kommenden Winterhalbjahr wirksam mindern, bleibt allerdings abzuwarten. Unfallforscher Siegfried Brockmann zumindest ist angesichts der kleinen Raddurchmesser skeptisch: „Ich sehe nicht, wie Anbieter dieses spezifische Problem beeinflussen könnten.“
Zum Weiterlesen:
- E-Scooter von Tier, Lime, Circ und Voi ausprobiert: Spaßig, aber nicht billig
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- E-Scooter: Wer nutzt die elektrischen Tretroller eigentlich wofür?
die Abschaltung des Systems bzw. zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen hätte ich mir am Dienstag schon gewünscht als ich mit einem Scooter beim Abbiegen mit einer glatten Stelle machte und im fast 90 Grad Winkel elegant wie ein Rennmotorradfahrer versuchte die Kurve zu nehmen … evt. wäre auch ein verpflichtender Hinweis in der App nice. Wird ja bei Alkohol o.ä. auch gemacht.
Aber ich erinnerte mich wieder, warum ich im Winter kein Rad fahre