Elektromobilität braucht keine Förderung, sondern eine gute Infrastruktur
Seit einigen Monaten überschlagen sich Deutschlands Medien mit Horrormeldungen zum Thema Elektromobilität. Und tatsächlich war es von der Bundesregierung nicht sonderlich klug, den Umweltbonus im Dezember 2023 quasi über Nacht zu streichen. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten und gestiegener Zinsen hatte das eine verheerende Signalwirkung.
Das erklärt unter anderem auch, warum die Nachfrage nach Elektroautos vorübergehend gesunken ist. Zumindest in Deutschland. Denn man muss wissen, dass sich Elektroautos global gesehen weiterhin großer Beliebtheit erfreuen und es in Fachkreisen keinerlei Zweifel daran gibt, dass die Zukunft der Mobilität im vollelektrischen Antrieb liegt.
Elektromobilität: Subventionen haben nur einen temporären Effekt
Derweil machte hierzulande erst Mitte Oktober folgende Meldung die Runde: „Jeder 3. E-Autofahrer wechselt zurück zum Verbrenner.“
Den Grund dafür muss man gar nicht lange suchen: In den Jahren 2020 und 2021 führte der staatliche Umweltbonus in Kombination mit den niedrigen Zinsen zu absurd günstigen Leasingraten. Daraus resultierte wiederum ein Mitnahmeeffekt, denn bei 160 Euro im Monat für einen VW ID.3 oder teilweise unter 100 Euro für einen Renault Zoe griffen die meisten einfach zu.
Anders ausgedrückt: Viele entschieden sich nicht aus Überzeugung für ein Elektroauto, sondern schlichtweg, weil es bestimmte Modelle fast geschenkt gab. Wenn dieselben Menschen nach Ende der Leasinglaufzeit nun erneut vor der Wahl zwischen einem Verbrenner und einem Elektroauto stehen, werden die Karten neu gemischt – und mit einem Mal ist der vormals positive Effekt des Umweltbonus verpufft.
Dabei ist es noch nicht einmal so, dass Elektroautos teurer sind als ihre Verbrenner-Pendants. Sowohl VW Golf und VW ID.3 als auch BMW X1 und BMW iX1 liegen im Privatleasing gleich auf – und das ganz ohne staatliche Förderung. Beim Elektroauto spart man zudem die Kfz-Steuer, hat geringere Wartungskosten und profitiert dazu noch von weiteren Vergünstigungen (etwa bei der Versicherung).
Und dennoch tun sich viele Deutsche nach wie vor mit einem Elektroauto schwer.
Elektromobilität: Deutschland vernachlässigt die Ladeinfrastruktur
Schuld daran ist nicht zuletzt die bestenfalls mittelmäßige Ladeinfrastruktur in Deutschland, denn wer nicht zu Hause laden kann, hat vielerorts ein Problem.
Überzeugte E-Mobilisten würden nun argumentieren, dass es schon heute überall problemlos möglich ist, sein Elektroauto zu laden, frei nach dem Motto „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Und das stimmt auch. Aber der Otto Normalverbraucher hat weder Zeit noch Lust, in Apps nach freien Ladesäulen zu suchen, sich mit Blockiergebühren und komplexen Tarifmodellen zu beschäftigen, oder zwei Kilometer von seiner Wohnung entfernt zu parken, weil es nur dort eine öffentliche Ladesäule gibt. Von dem ganzen Ärger mit defekten und von Verbrennern zugeparkten Ladesäulen ganz zu schweigen.
Zumal es gerade im ländlichen Raum noch immer genug Gegenden gibt, in denen man pro Dorf nur eine (oder keine) Ladesäule findet. Ein paar Leuchtturmprojekte hier und da sind zwar nett, aber wenn es in einer Großstadt 12 Schnelllader vor einem Einkaufszentrum gibt, dann hilft das den Menschen im Umland wenig.
Selbiges gilt für die Bezahlung. In den Niederlanden scannt man einen QR-Code an der Ladestation und lädt bereits 30 Sekunden später, ohne dass man sich erst irgendwo registrieren muss. In Deutschland nahezu undenkbar. Und selbst wenn man im Besitz einer Ladekarte ist, die teilweise bis zu 18 Euro Grundgebühr im Monat kostet, kann es immer noch passieren, dass man fast 90 Cent pro Kilowattstunde bezahlt.
All das muss sich ändern. Es braucht mehr AC-Ladesäulen für Laternenparker in Wohngebieten, bei denen man sein Elektroauto nicht nachts um 2 Uhr abstecken muss, weil ansonsten eine Blockiergebühr fällig wird. Das Ad-hoc-Laden muss deutlich vereinfacht und die fast schon unlauter hohen Roaming-Preise reguliert werden. Es kann nicht sein, dass jemand sein Elektroauto an eine Ladestation anschließt und dabei Angst haben muss, am Ende bei 20 Euro pro 100 Kilometern zu landen. Wenn das den Netzbetreibern und der Politik nicht gelingt, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Deutschen weiterhin einen Bogen ums Elektroauto machen.
Dass all das kein Hexenwerk ist, lässt sich übrigens in zahlreichen anderen Ländern Europas schon seit Jahren ganz wunderbar beobachten.