An sich sollten wir erwarten, dass die bevorstehende Verschmelzung zwischen der Beacon-Chain und dem Ethereum-Mainnet zu dem, was früher als Ethereum 2.0 bezeichnet wurde, einen deutlichen Einfluss auf den Kurs der zweitwichtigsten Kryptowährung am Markt hat.
Davon kann keine Rede sein. Sicherlich gilt es zur Kenntnis zu nehmen, dass sich der Wert des Ether im Vergleich zu Anfang Juli von um 1.000 US-Dollar, nun wieder in Richtung 1.700 Dollar begeben hat. Aber Grund zur Freude ist das nicht. Nach wie vor steckt der Großteil der Anlegenden im Nettoverlust.
ETC performt besser als ETH
Nun zeigt sich im gleichen Zeitraum ausgerechnet der im Streit abgespaltene Fork Ethereum Classic deutlich positiver. Um mehr als 170 Prozent ist der Kurs des Coins im Juli gestiegen. Nach einem relativ rasanten Aufstieg von unter 15 auf über 40 Dollar, konsolidiert sich der Kurs seit einigen Tagen um 40 Dollar und damit im 90-Tage-Vergleich auf einem Hochstand.
Auch im Jahresvergleich zwischen Ethereum Classic (ETC) und Ethereum (ETH) schneidet die Fork besser ab. Abgestürzt sind beide, aber Classic um rund 42 Prozent von knapp über 70 auf jetzt um 40 Dollar, Ethereum indes um rund 65 Prozent von fast 4.900 auf jetzt um 1.700 Dollar.
Dass sich der schon für den September bevorstehende Merge nicht im Kurs abbildet, erklärt sich Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin recht simpel damit, dass dieser in den Köpfen der Anlegenden noch nicht angekommen und dementsprechend auch noch nicht eingepreist sei.
Proof-of-Stake nicht jedermanns Lieblingsmechanismus
Denkbar scheint indes, dass der Umstieg von Proof-of-Work auf den weniger ressourcenhungrigen Konsensmechanismus Proof-of-Stake eine weniger breite Unterstützung hat als gemeinhin angenommen. Miner braucht man dazu gleich gar nicht zu befragen.
Beim Staking wird tendenziell stets der reicher, der bereits reich ist, weil er schlicht mehr Coins für das Staking entbehren kann, was seine Chancen, den nächsten Block zu generieren und die entsprechende Belohnung einzufahren, deutlich erhöht.
So wundert es auch nicht, dass der bekannte Miner, Angel-Investor und Startup-Berater Chandler Guo angekündigt hat, einen weiteren Fork von Ethereum abspalten zu wollen, der dann weiter auf Proof-of-Work setzen würde. Ob diese Spaltungstendenzen Ethereum letztlich unter Druck setzen können, scheint fraglich.
Immerhin spielt das seit Jahren existierende Ethereum Classic mit seiner Marktkapitalisierung von etwas mehr als fünf Milliarden Dollar keine nennenswerte Rolle im Vergleich mit dem über 206 Milliarden Dollar schweren Ethereum. Auffällig scheint aber doch, dass beide Platzhirsche – also Bitcoin und Ethereum – ihren Status mit Proof-of-Work erreicht haben.
ETC mit höchstem Kursanstieg in den Top 20
Tatsache ist auch, dass Ethereum Classic mit einem Zuwachs von über 52 Prozent in sieben Tagen den mit Abstand höchsten Zuwachs aller Kryptowährungen in den Top 20 der wertvollsten Kryptoprojekte erzielt hat. An Rang 2 und mit weitem Abstand folgt Uniswap mit knapp 26 Prozent. Bitcoin und Ethereum können mit unter fünf und knapp über sechs Prozent nicht mithalten.
Der YouTube-Kanal Coin Bureau mit über zwei Millionen Abonnenten sieht im Aufstieg des ETC lediglich einen spekulativen Effekt im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Merge. Das dürfte zu kurz gegriffen sein. Immerhin ist nicht plausibel, wieso ETC davon profitieren sollte, ETH aber nicht. Wahrscheinlicher scheint daher, dass es Anlegende gibt, die womöglich aus eigener Betroffenheit an Proof-of-Work festhalten wollen. Ob das nachhaltig ein nennenswerter Effekt ist, bleibt abzuwarten.