Angela Merkels CDU weiß, wo sie steht, wenn es um die Europäische Union geht. Demokratisch, handlungsfähig, sicher und bürgernah soll sie sein. „Wir wollen Europa als starken Staatenverbund, als erfolgreichen Wirtschaftsraum und als globalen Stabilitätsanker in der Welt“, heißt es im Präambel des Wahlprogramms der Christdemokraten, die sich zusammen mit der Schwesterpartei CSU in den Europawahlen zur Wahl stellen. Diesmal geht es tatsächlich um viel: Populisten nationalistischer Parteien versuchen, das Friedensprojekt aus dem Inneren heraus zu zersetzen. Und auch ausländische Einflüsse wollen die Machtverhältnisse in der Welt verschieben. „Angesichts der Spannungen mit Russland, des Aufstrebens asiatischer Staaten und des veränderten Selbstverständnisses der USA muss sich unser Europa gestärkt und selbstbewusst behaupten“, schreibt die CDU/CSU im EU-Wahlprogramm. Doch was bedeuten diese Herausforderungen für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft in Europa?
Wirtschaft stärken heißt Stabilität stärken
Die Antwort auf die vielen Bedrohungen im Inneren und Äußeren ist stets die gleiche: Wohlstand schaffen. Denn Wohlstand bedeutet Stabilität. Der gemeinsame Binnenmarkt sei dafür die Grundlage, geben die Christdemokraten zu verstehen. Er ermögliche innerhalb der EU grenzenlose Mobilität für Bürger, Waren, Dienstleistungen und Kapital. „Das ist ein Mehrwert für alle“, schreiben die Konservativen. „Die Mitgliedsländer gewinnen durch Handel und Wettbewerb. Wir Bürger erhalten durch größere Märkte zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten und sichere Arbeitsplätze.“ Damit der Wohlstand floriert, gibt sich die CDU/CSU gewohnt wirtschaftsnah – jedoch mit zunehmend verändertem Fokus. Die Moderne greift deutsche Schlüsselbranchen an. Die Wirtschaft brummt zwar und Unternehmen vermelden nach wie vor Rekordzahlen. Doch dass Vorsicht geboten ist, erkennen auch die Christdemokraten an: Themen wie die Digitalisierung, ein wachsender Fachkräftemangel und nachlassende Innovationskraft fordern neuen Anpassungsbedarf.
„Wir wollen Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort machen.“
Um den Anschluss zur Zukunft nicht zu verlieren, sollen vor allem auch junge IT-Unternehmen stärker als bisher gefördert werden. „Wir wollen, dass europäische Ideen mit mehr europäischem Kapital als bisher finanziert und auch in Europa verwirklicht werden können“, heißt es im Wahlprogramm. Dazu wollen die Verantwortlichen einen Europäischen Zukunftsfonds zur stärkeren Startup-Finanzierung aufsetzen. Als junge ausländische IT-Unternehmen – unterstützt mit Milliarden an Risikokapital und staatlicher Förderung – sich neue Märkte aufgeteilt haben und zu gigantischen Tech-Konzernen heranwuchsen, hat die CDU/CSU noch von Neuland gesprochen. Ein Umstand, der europäische Unternehmen heute vor Herausforderungen stellt. Vor allem die Automobilbranche wird aus den USA und China von Tesla und Byton angegriffen. Der weltweite Onlinehandel wird vor allem von Amazon und Alibaba abgewickelt. Ein weiteres Programm neben Invest EU – ein milliardenschwerer Risikokapitalfond, den die EU-Finanzminister weiter ausbauen wollen – ist löblich.
Zugute halten muss man, dass europäische Firmen anderer Branchen damals mehr Unterstützung erfahren haben. Europa ist nach wie vor die Wiege modernster Energie- und Industrie-4.0-Technologien. Wohlwissend, dass auch hier die Konkurrenz im Ausland nicht schläft und aggressiv um Marktanteile kämpft. Eine Schlüsseltechnologie, die die Christdemokraten besonders vorantreiben wollen, ist die KI (künstliche Intelligenz). „Wir wollen Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort machen“, heißt es im EU-Wahlprogramm der CDU/CSU. Das soll zum einen über die Förderung von Startups, zum anderen auch von Forschungsstätten passieren. „Wir werden ‚Horizont Europa‘, das nächste Leit- und Rahmenprogramm der EU für Forschung und Entwicklung, mit ausreichend Geld ausstatten und Innovationen von der Idee bis zur Marktreife fördern“, versprechen die Konservativen. Außerdem sollen europäische Forschungseinrichtungen noch besser miteinander vernetzt werden. Zusammenarbeit statt Protektionismus lautet auch hier die Devise.
Das große Ziel: Die Innovationsunion
Das große erklärte Ziel sei eine Innovationsunion, heißt es im Wahlprogramm, die die sechs Schlüsseltechnologien der Zukunft anführe. Welche das neben der KI sind, darauf gehen die Christdemokraten jedoch nicht weiter ein. Der Klimaschutz, die Medizin, die Mobilität und die Landwirtschaft sollen von dem Vorhaben in besonderem Maße profitieren, heißt es weiter. Eine Forderung lautet zudem, „eine europäische Digitalplattform für smarte Anwendungen und künstliche Intelligenz“ aufzubauen. Daten, so macht die CDU/CSU klar, seien eine wichtige Ressource der Zukunft. „Um sie nutzen zu können, werden wir Plattformen und Instrumente entwickeln, mit denen sie effektiv, intelligent und sicher verarbeitet werden können.“ Wie diese Plattformen und Instrumente aussehen sollen und wer genau „Wir“ ist, bleibt jedoch unbeantwortet. Die Konservativen bleiben da zunächst vage und formulieren abstrakt statt konkret. Ein Wahlprogramm ist und bleibt schlussendlich an vielen Stellen eben nur ein Positionspapier und ist noch kein Masterplan.
„Wir wollen neue Formen der Mobilität wie einen europäischen Hyperloop vorantreiben.“
Ungewohnt selbstkritisch liest sich dieser Satz: „Bei der Digitalisierung muss Europa schneller werden.“ Dass die EU bei diesem Thema langsamer ist als andere Teile der Welt, liegt auch und vor allem an der durchschnittlich bis schlechten IT-Infrastruktur. Das weiß auch die CDU/CSU und gibt zu verstehen, dass sie sich für ein europäisches Mobilfunknetz 5G stark machen will. Das ist übrigens eine populäre Forderung sämtlicher Parteien. Auf Bundesebene läuft derzeit ein Lizenzvergabeverfahren, das bestimmen soll, wer das 5G-Netz künftig ausbauen darf. Im internationalen Vergleich sind viele Länder jedoch wesentlich weiter. Keiner der 5G-Vorreiter kommt aus Europa. Ganz vorne dabei sind die USA, Japan und Südkorea. In den Vereinigten Staaten soll noch in diesem Jahr der großflächige 5G-Netzausbau beginnen. Hier hat die EU verpennt und allen voran auch immer wieder die Christdemokraten, die beim Netzausbau – egal welcher Art – in der Vergangenheit oft mehr versprochen haben, als sie schlussendlich hielten.
An Visionen mangelt es trotzdem nicht: „Zukunftsprojekte“ heißt eine Teilüberschrift in dem EU-Wahlprogramm. Darin steht: „Wir wollen Deutschland und Europa zum Kontinent der Mobilität von morgen machen.“ Hier macht die CDU/CSU klar, dass sie auch künftig die starke Automobilindustrie unterstützen werde. Sie solle „die Technologieführerschaft bei der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, beim autonomen und elektrischen Fahren behalten“, heißt es. Notwendig sei es deshalb, die eigene Kompetenz und Kapazitäten bei der Batteriezellenfertigung zu stärken. Noch stamme ein Großteil der in Europa verbauten Batteriezellen aus Asien, räumen die Parteien ein. „Das werden wir mit einer eigenen europäischen Batteriezellenproduktion unter Einbeziehung des gesamten Lebenszyklus ändern.“ Über diesen Satz stolpert der ein oder andere Leser dann sicher auch etwas stirnrunzelnd: Man wolle „neue Formen der Mobilität wie einen europäischen Hyperloop vorantreiben“. Ehrgeizig sind sie ja, die Christdemokraten.
CDU/CSU-Wahlprogramm: Was nicht drin steht
Dass die Christdemokraten wirtschaftsnahe Politik machen wollen, verwundert nicht. Dass sie inzwischen auch verstehen, dass das Digitale keine Modeerscheinung ist, sondern bleibt, lässt aufatmen. Und die CDU/CSU hat natürlich Recht, wenn sie sagt, dass Wohlstand uns Stabilität bringt. Dennoch vermissen Interessierte ein paar andere Themen. Vor allem gesellschaftlich relevante Punkte sucht der Leser des Wahlprogramms vergebens. Interessiert hätte beispielsweise auch, ob die Konservativen weitere Open-Government-Pläne in der Schublade haben. Wer ein bürgernahes Europa will, muss die Öffnung von Regierung und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung weiter vorantreiben. Das trägt nicht zuletzt zu mehr Transparenz, zu mehr Teilhabe, zu einer intensiveren Zusammenarbeit, zu mehr Innovation und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange bei. Plattformen wie Data.europa.eu, auf der alle offenen Daten der Europäischen Union zugänglich sind, sind ein guter Anfang. Davon wissen jedoch die wenigsten EU-Bürger.
Außerdem wäre eine klare Position im Wahlprogramm zu einer Digitalsteuer interessant gewesen. Dass US-Techkonzerne wie Apple und Google trotz gewaltiger Wertschöpfung in der Europäischen Union kaum Steuern zahlen, ist ein Problem. Überlegungen wie die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer von drei Prozent ab einer festgelegten Umsatzschwelle könnten helfen. Die Linke will sie („Gegen die wachsende Ungleichheit braucht es […] gerechte Digitalsteuer, die den Internetgiganten ihre Privilegien nimmt.“). Die FDP lehnt sie ab: „Durch eine solche Konstruktion entstünde die Gefahr eines internationalen Steuerstreits.“ Doch wie steht die CDU/CSU dazu? Trotz erster Verhandlungen hat es in der EU bislang keine Einigung auf eine Digitalsteuer gegeben. Wer jedoch Wohlstand will, wird um Steuern, die der Solidargemeinschaft zugute kommen, nicht herumkommen. Das Thema sollte dringend wieder auf die Agenda. Ob die Konservativen es setzen wollen, erfährt der Leser des Wahlprogramms nicht.
Die Europawahlprogramme der Parteien im Überblick
- Europawahlprogramm im Digitalcheck: Was will die Linke?
- Europawahlprogramm im Digitalcheck: Was will die FDP?
- Europawahlprogramm im Digitalcheck: Was will das Bündnis 90/Die Grünen?
- Europawahlprogramm im Digitalcheck: Was will die AfD?
Unser neues Heft „Hey Europa“ beschreibt, wie wir eine positive digitale Zukunft für Europa erschaffen können. Dazu haben wir ein Manifest veröffentlicht – beteilige dich hier an der Diskussion!
#NiemehrCDU
Ihre Webseite ist nur Digitalseidenvoll, von einen wichtigen Punkt,Flüchtlingszuwanderung ,Kulturunter –
wanderung,schleichende Islamisierung in Deutschland,Miliardenkosten der Indegrationverbrechensbe-
kämpfung,Freilaufendde Straftäter wegen Urteile die ein normaler Mensch in unserem Land nicht versteht
u.s.w.Dieses und noch vieles Mehr das intressiert die breite Masse.
Hallo Johann Reck, wir sind ein Fachmagazin für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Deswegen untersuchen wir die Parteiprogramme auf eben diese Kernthemen – unabhängig davon was die breite Masse (… oder Sie?) interessiert. Uns gibt es in der Form schon seit 15 Jahren. Und wir bleiben da auch am Ball.
Gruß, Andreas Weck
CDU soll weg vom Fenster. In all den Jahren haben sie nichts erreicht nur leere Versprechungen.