Evergrande: Wandel zum Elektroautokonzern beflügelt Aktienkurs
Der chinesische Immobilienmarkt bebt und wankt. Als Beispiel dafür dient der angeschlagene Konzern Evergrande, der mit seinen gigantischen Schulden in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar immer wieder in die Schlagzeilen gerät. Er möchte langfristig das Kerngeschäft ändern und dem Bau von Elektroautos Vorrang vor dem problematischen Immobilien-Business geben. Diese Ankündigung von Evergrande beflügelte den Aktienkurs, wie Reuters berichtet.
Ländereien verkaufen, Autos bauen
Angesichts der Schuldenlast hat das Unternehmen ins Auge gefasst, sich von vielen Grundstücken zu trennen. Diskutiert wurde auch, Teile der Autosparte zu veräußern. Sie besteht seit 2019 und hat noch kein Fahrzeugmodell vorgestellt – geschweige denn verkauft. Letzten Monat war die Sparte auf der Suche nach Investoren, weil die Ausgaben so hoch waren. Evergrande hatte zuletzt mithilfe einer Anleihe den Bankrott abgewendet. Jetzt kommen jedoch Zinszahlungen und Ausschüttungen in dreistelliger Millionenhöhe auf den Konzern zu. Doch den anderen Immobilienunternehmen geht es nicht besser.
Krisengespräche mit der Regierung
Aufgrund der Liquiditätsprobleme treffen sich Branchenvertreter mit der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, um über das Emissionsvolumen und Rückzahlungsmodalitäten zu sprechen. Evergrande gab zu Protokoll, zehn Projekte, die wegen Zahlungsunfähigkeit gestoppt worden waren, seien wieder aufgenommen worden. Insgesamt sollen chinesische Bauträger Schulden in Höhe von 5,24 Billionen Dollar angehäuft haben. Das entspricht in etwa einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts.
6 Modelle der Marke Hengshi angekündigt
Im Sommer 2020 hatte die Autosparte sechs Modelle angekündigt, von denen die ersten bereits dieses Jahr in Serie gehen sollten. Dabei waren Limousinen, SUVs und ein Van angedacht. Mittlerweile konzentriert sich Evergrade New Energy Vehicle Group auf den Hengshi 5. Das Kompakt-SUV stammt aus der Feder eines Design-Komitees aus weltbekannten Vertretern dieser Zunft, wie Walter de Silva (ehem. Audi, VW Group), Andre Warming (ehem. BMW, Mini), Mike Robinson (ehem. Fiat, Jaguar) und Maruyama Kogu (ehm. Isuzu) sowie Stephen Schwartz (ehem. Nissan, Laborghini) und Alexander Selipanov (Bugatti, Koenigsegg). Evergrande hat mit Koenigsegg ein Joint Venture gegründet, um Patente von Koenigsegg für Evergrande-Fahrzeuge zu nutzen. Selipanov soll den Designplan für Evergrande erstellt haben.
Der gesamte chinesische Immobilienmarkt ist grotesk übersteigert. Irgendwo im Nirgendwo stehen komplette Hochhaussiedlungen mehr oder minder komplett fertig, aber weitgehend unbezogen, weil die weder in der Nähe von möglichen Arbeitsplätzen stehen, fern von jeder Anbindung zu Verkehrsachsen. Aber auch in den Megastädten sind viele Wohnprojekte in der Rohbauphase stehen geblieben, die die Käufer bereits bezahlt haben, aber nicht fertig gestellt werden. Der pure Albtraum für Anleger.
Schön langsam werden die Auswüchse des radikalen Raubtiermarktes, den die KPCH in der Vergangenheit geduldet hat, sichtbar.
Fest steht jedenfalls, dass das für Evergrande auf dem Spielfeld nicht mehr weiter geht und auch für viele andere. Wenn die dann auf der gleichen Weise weiter machen, jetzt auf dem Automarkt, dann gute Nacht.