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Forscher entwickeln Formel, um Flow-Zustand zu messen

Mit ihrer „informational theory of flow“ wollen drei amerikanische Forscher den Flow-Zustand entschlüsselt haben. Die Ergebnisse könnten für Arbeitgeber:innen und App-Entwickler:innen spannend sein.

Von Insa Schniedermeier
4 Min.
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Wie kommt man in den Flow? Forscher haben eine Theorie dafür entwickelt. (Foto: Shutterstock / fizkes)

Der Flow-Zustand gilt als der Goldstandard der Kreativarbeit, denn wer im Flow ist, ist kreativ, konzentriert, produktiv und motiviert. Man erreicht mehr im Flow und kann besser lernen. Oft ist man im Flow so sehr in eine Aufgabe vertieft, dass man seine Umgebung vergisst. Treffend wird das mit der Redewendung „ich bin im Tunnel“ beschrieben. Aber wie kommt man in den Flow? In einem neuen Paper haben drei amerikanische Forscher nun ihre Theorie veröffentlicht, mit der sie den individuellen Flow-Zustand messbar machen wollen.

Was ist der Flow-Zustand?

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„Flow“ (englisch für fließen) bezeichnet das als beglückend erlebte Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung und restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit, vergleichbar mit einem Rausch-Zustand. Im Flow soll man nicht nur mehr erreichen können, sondern auch mehr Freude bei der Erreichung von Aufgaben empfinden.

Als Schöpfer der Flow-Theorie gilt der Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi (1934-2021). Er hatte seine Theorie aus der Beobachtung verschiedener Tätigkeiten abgeleitet, unter anderem der Arbeit von Chirurg:innen und dem Training von Extremsportler:innen. Heute weiß man, dass man auch bei rein geistigen Aktivitäten in den Flow kommen kann. Sowohl Flow-Zugang als auch das Flow-Erlebnis sind dabei individuell unterschiedlich.

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Wie misst man den Flow?

Drei Forscher aus den USA haben nun eine mathematische Formel entwickelt, mit der sich beschreiben lässt, wie gut eine bestimmte Tätigkeit zum Flow-Zustand führt. In dem am 26. April im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichtem Paper schreiben die drei Autoren von der Yale University und der Northeastern University, dass ein Flow-Zustand von der gegenseitigen Information (I) zweier Variablen beeinflusst wird:

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  1. dem gewünschten Ergebnis (E).
  2. den Mitteln (M), die dem Individuum zur Erreichung dieses Ergebnisses zur Verfügung stehen.

Mathematisch ausgedrückt sieht ihre Annahme so aus:

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Um die Theorie zu überprüfen, haben die Forscher insgesamt fünf Experimente durchgeführt. Bei einem Experiment konnten Teilnehmer:innen beispielsweise Kacheln auf einem Screen anklicken, woraufhin ein Jackpot erschien, wenn sie es richtig machten. Wurde die Kachel nicht korrekt angeklickt, erhielten sie auch keinen Jackpot. Mit jedem Jackpot konnten die Teilnehmer:innen 0,10 US-Dollar erspielen.

(Grafik: Melnikoff, D.E., Carlson, R.W. & Stillman, P.E. A computational theory of the subjective experience of flow. Nat Commun 13, 2252 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-29742-2)

Die Formel: I(M;E)

Aus den Ergebnissen der Experimente folgerten die Forscher, dass es beim Erreichen von Flow-Zuständen in erster Linie auf das Wissen über die beiden Variablen Ergebnis (E) und Mitteln (M) ankommt. Je besser man das Ziel kennt und weiß, wie man es erreichen kann, desto besser kommt man in den Flow-Zustand.

„Nicht alle Vorhersagen unserer Theorie sind intuitiv“, schreiben die Forscher weiter. Oft würde beispielsweise vermutet, dass Flow-Zustände in dem Bereich zwischen Über- und Unterforderung entstünden. Den Forschern zufolge spielt allerdings die empfundene Herausforderung einer Aufgabe im Verhältnis zu den eigenen Skills eine eher untergeordnete Rolle. Will heißen: Die Qualität einer Tätigkeit ist bei der Erreichung von Flow-Zuständen nicht unbedingt wichtig. Selbst bei langweiligen Tätigkeiten soll man Flow-Zustände erreichen können, wenn man beispielsweise Informationen (I) dazu bekommt, wie einen diese Tätigkeit seinem Ziel näherbringt.

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Eine Frage der Wahrnehmung

Die neue Studie zum Flow-Zustand erinnert an das wissenschaftliche Zimmermädchen-Experiment von 2008, bei dem eindrücklich der Placebo-Effekt demonstriert wurde. Der Harvard-Forscherin Elle Langer war aufgefallen, dass viele Zimmermädchen übergewichtig waren, obwohl sie sich den ganzen Tag bewegen, bücken und Dinge hin und her tragen. Gefragt nach ihrem Fitness-Level schätzten sich die meisten Zimmermädchen selbst als nicht körperlich aktiv ein. 67 Prozent des Hotelpersonals gaben an, keine sportliche Tätigkeit auszuüben.

Tatsächlich fand die Forscherin heraus, dass die Frauen nicht von ihrer bewegungsintensiven Arbeit profitierten. Bei bei den meisten waren die Gesundheitswerte (Blutdruck, Body Mass Index, Gewicht) unterdurchschnittlich und stimmten mit ihrer wahrgenommenen körperlichen Aktivität überein – nicht mit dem tatsächlichen.

Das Zimmermädchen-Experiment

Um herauszufinden, inwieweit Wissen und Informationen über ihre Tätigkeit das Ergebnis beeinflussen würden, teilte Langer eine Gruppe von übergewichtigen Zimmermädchen in zwei Kategorien ein. 44 Hotelangestellte bekamen genau erklärt, was sie jeden Tag leisten und wie viel Kalorien bei jeder einzelnen Tätigkeit verbrannt werden. Die anderen 40 Frauen erhielten keine neuen Informationen über ihre Arbeit.

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Einen Monat später maßen Langer und ihr Team die Körperwerte noch einmal. Das Ergebnis: In der aufgeklärten Gruppe waren sowohl Blutdruck und Gewicht gefallen, obwohl die Frauen ihre Tätigkeit genauso wie immer ausgeführt hatten. Langer nannte das Ganze Placebo-Effekt. Doch auch für das Flow-Experiment kann man Schlüsse daraus ableiten.

Fazit

Erhält man mehr Informationen über das Ergebnis und/oder verbessert seine benötigten Skills, um dieses zu erreichen, so erreicht man mehr und kommt schneller in den Flow. Diese Erkenntnisse können sich beispielsweise Arbeitgeber:innen zunutze machen, um ihre Angestellten besser zu motivieren.

Auch Fitness- oder Produktivitäts-Apps können sich die Ergebnisse zunutze machen, um ihre Anwender:innen zu motivieren. Dafür könnten sie den Nutzer:innen beispielsweise zeigen, wie ihr Workout ihnen hilft, ein gewünschtes Ziel zu erreichen.

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Dein t3n-Team

Kevin

Interessanter Beitrag zu einem interessanten Thema mit traurigem Fazit.
Anstatt daraus schlüsse zu ziehen, wie jeder einzelne sich besser motivieren kann, um auch unbeliebte Tätigkeiten besser erledigt zu bekommen denkt man an zwei andere Dinge.
Den Arbeitgeber und App-Entwickler, weil jeder weiß: Nur produktive Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter.

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