Weniger Bürokratie, mehr Vertrauen: Dieser Chef gibt seinen Beschäftigten 500 Euro Monatsbudget

Fachliteratur, neues Headset, Impulskarten für einen Workshop: Für gewöhnlich müssen Beschäftigte solche Anschaffungen bei ihrer Firma beantragen. So ein Antragsverfahren kann organisatorische Sicherheit geben. Es ist aber auch ein zusätzlicher Zeitaufwand – sowohl für diejenigen, die den Antrag stellen, als auch für die, die ihn genehmigen.
Wäre es da nicht viel einfacher, den Beschäftigten eine Art Freibetrag zur Verfügung zu stellen, den sie unkompliziert für kleinere Anschaffungen nutzen können? Genau diese Frage hat sich Agenturgründer Mio vor rund sechs Jahren gestellt.
„In unserer Agentur hat jeder Mitarbeiter monatlich 500 Euro Budget zur freien Verfügung“
„Selbst wenn neues Kopierpapier gebraucht wurde, wurde ich um Erlaubnis gefragt“, schildert Mio seine damalige Situation als Agenturchef in einem Post auf Linkedin.
Mio heißt mit vollem Namen Siegmund Mioduszewski. 2011 hat er Kellerkinder gegründet, eine Agentur für Softwarelösungen im E-Commerce. Grundlage für die Dienstleistungen von Kellerkinder ist das Shopware-System, die Zielgruppe sind laut Unternehmenswebsite „Agenturen und Integratoren“.
Ein physisches Office gibt es nicht, das Team der Baden-Württembergischen Agentur arbeitet komplett remote – aber auch im Homeoffice brauchen die Beschäftigten mal Kopierpapier, Druckerpatronen oder eine neue Tastatur. Damit Agenturchef Mio nicht jede einzelne Anschaffung durchwinken muss, führt er ein neues System ein: „In unserer Agentur hat jeder Mitarbeiter monatlich 500 Euro Budget zur freien Verfügung.“
Klingt erst einmal nach viel Geld – ausgereizt oder gar missbraucht werde das Budget aber kaum, so Mioduszewski. „Im Schnitt geben unsere Mitarbeiter sogar nur zwölf Euro pro Monat aus.“
500 Euro Budget für Büro-Ausgaben? So funktioniert das System
Neben der Höhe des Budgets ist festgelegt, wofür die Mitarbeitenden es ausgeben können: alltägliche Anschaffungen wie kleinere Hardware, Homeoffice-Ausstattung und Schreibwaren. Alles, was von den 500 Euro gekauft wird, gehört letztendlich der Firma. Wer also kündigt, muss zum Beispiel die eingekauften Kopfhörer oder den ergonomischen Bürostuhl ans Unternehmen zurückgeben.
Nicht im Budget inbegriffen sind Fortbildungen und die Laptops, die als Hauptarbeitsgerät genutzt werden – dafür gibt es eigene Geldtöpfe. Etwas komplexer ist die Lage bei Abos, zum Beispiel für Software-Tools: „Alles, was eine Laufzeit länger als drei Monate bedeutet, muss freigegeben werden“, antwortet Mioduszewski auf einen Nachfrage via Linkedin.
Werden die 500 Euro in einem Monat nicht ausgereizt, verfallen sie – eine Übertragung auf andere Teammitglieder oder den nächsten Monat ist nicht möglich.
Sind sich Mitarbeitende nicht sicher, ob eine Anschaffung zu den Budgetvorgaben passt, gehen sie in den Dialog. Was die Zahlungsmethodik angeht, arbeite man gerade noch an einer einheitlichen Lösung. Bisher bezahlt ein Teil der Belegschaft mit Kreditkarten, „ein anderer Teil legt das Geld aus und reicht die Rechnung ein“.
Und auch wenn Siegmund Mioduszewski mittlerweile vom Geschäftsführerposten in eine beratende Position gewechselt ist: Das von ihm eingeführte 500-Euro-System bleibt, wird weiter ausgefeilt und findet auf Linkedin zahlreiche Fans.