Fremdschämen deluxe: Intel schießt mit neuem Werbespot gegen Apple
Manche Wunden sind tief und vernarben nie so richtig – das gilt nicht nur für Donald Trump, der noch immer nicht darüber hinweg zu sein scheint, dass Twitter ihn nicht mehr mitspielen lassen will. Auch der Chiphersteller Intel hegt allem Anschein nach noch immer ordentlich Groll auf Apple, weil man dort seit gut einem Jahr auf eigene Chips setzt.
Intels neuer Werbespot soll Apples „Zauber aufheben“
Intel hat einen neuen Werbespot veröffentlicht, der relativ unsubtil gegen Apple schießt. Unter dem Titel „Den Zauber aufheben“ werden – laut Einblendung – „echten Menschen, die für ihre Zeit und Meinungen bezahlt werden“, Features vorgestellt, die angeblich auf neue Macbooks kommen sollen. Alle sind begeistert, dann kommt der Plottwist: Die Rede war gar nicht von Apple-Rechnern, sondern von real existierenden Windows-Computern, die (natürlich) mit Intel-Chips laufen. So weit, so in-your-face.
Das Prinzip „Ich zeige Fans einer Marke das Konkurrenzprodukt, sage, es wäre von ihrer bevorzugten Marke, und hole mir dann von ihnen die Bestätigung, dass es megatoll und superinnovativ ist“ ist nichts Neues und mag sicherlich Geschmackssache sein. Es ist aber schon faszinierend, wie plump und unlogisch Intel hier vorgeht: Die „neuen Technologien“ und „Innovationen“, die den Versuchspersonen präsentiert werden, sind komplett alte Hüte. Wer die letzten drei, vier Jahre nicht gerade unter einem Stein im Wald gelebt hat, dürfte wissen, dass es Laptops gibt, die – OMG! – man mit mehr Arbeitsspeicher nachrüsten kann. Oder die – ich kann es kaum glauben! – einen Touchscreen haben. Oder – okay, jetzt wird es komplett absurd, verarsch mich nicht! – auch als Tablet verwendet werden können. Die Menschen im Intel-Spot rasten jedoch aus, als hätten sie allesamt unter besagtem Stein im Wald gelebt, und zücken sofort die Kreditkarten.
Nur fürs Protokoll
Ich schreibe das nicht aus der Position einer Apple-Jüngerin, die knatschig ist, weil Intel hier die Unzulänglichkeiten von Macbooks thematisiert. In der Sache sind das ja durchaus relevante Kritikpunkte, die aufgeworfen werden – viele Spiele gibt es gar nicht für Macs, Nutzer:innen müssen sich entscheiden, ob sie ein iPad oder ein Macbook verwenden möchten, und ja, auch beim Arbeitsspeicher muss man sich vorher entscheiden und dann damit leben. Die Frage ist eher, ob man das so überheblich und – Verzeihung – cringey rüberbringen muss, mit angeblich echten Menschen, die sich verhalten, als hätten sie seit Ende der 2010er keinen Elektrofachmarkt mehr betreten.
Dieses Video hat nicht umsonst mehr Dislikes als Likes bekommen.
Was viele bei solchen Artikeln (auch die Schreiberlinge) vergessen:
Es gibt durchaus Menschen, die sich mit soetwas nicht befassen können, wollen oder müssen. Es gibt also durchaus Menschen, die reagieren können, wie die (offensichtlichen) Schauspieler im Video.
Ich bin selbst Linux-Admin und bin seit einem Jahr aus der Apple-Sekte draussen – vor allem seit ich mich mehr mit Datenschutz und Apples falschen Claims diesbezüglich befasse – , auch ich musste mir grade wenn es um den Tech-Support geht immer wieder vor Augen halten, dass es auch 2021 noch Menschen gibt, die CDs als runde Disketten bezeichnen und Webseiten DinA3 ausgedruckt per Päckchen senden.
Also nein, Frau Wieschollek, dieser Werbespot ist weder überheblich noch cringey. Zumal Apple ebenso vorgeht, wenn es um Microsoft oder Android geht.
Kleiner Nachtrag: Meine Beispiele mit ausgedruckten DinA3 Webseiten die per Päckschen in die Agentur geliefert wurden und ein Telefonat in dem man mich gefragt hat ob man Outlook von der runden silbernen Diskette aus starten müsse oder erst irgendwie auf den PC übertragen musste, fanden zwischen 2015 und heute wirklich statt.
Nicht jeder ist Technikaffin und glaubt mir, auch viele die sich für Technikaffin halten, sind es nicht immer wirklich.
Übrigens redet im Spot m.M.n niemand von „Windows-Computern“ sondern von Hardware mit Intel-Technologie. Auf selbiger läuft neben Windows auch Linux, also Ubuntu, Debian, Arch Linux, CentOS, etc. Somit kommt einem der Artikel schon etwas befangen vor.
Würde Apple sein MacOS gegenüber anderen Herstellern öffnen, würde auch dieses garantiert ohne aufwendige Hacks und Tricks perfekt auf der Hardware im Video laufen. Macht es ja schon, mit besagten Tricks und Kniffen.