Gehirn-Computer-Schnittstelle: Gelähmter Mann schreibt ersten Tweet nur mit seinen Gedanken

Die Gehirn-Computer-Schnittstelle wird schnell leistungsfähiger. (Foto: Shutterstock / R.Classen)
Wie der Independent am Montag berichtet, hat ein australischer ALS-Patient (Amyotrophe Lateralsklerose) einen Tag vor Heiligabend den ersten Tweet weltweit abgesetzt, der ausschließlich mit Hilfe seines Gehirns über die Gehirn-Computer-Schnittstelle von Synchron verfasst worden war. Gepostet wurde der Tweet auf dem Twitter-Account des Synchron-Chefs Thomas Oxley.
„Ich brauche keine Tastenanschläge oder Spracheingabe. Ich habe diesen Tweet nur mit meinen Gedanken verfasst.”
Nach seinem ersten Tweet twitterte O’Keefe noch weitere sieben Male, wobei er auf Fragen von Twitter-Nutzenden antwortete. „Meine Hoffnung ist, dass ich den Menschen den Weg ebne, durch Gedanken zu twittern“, hieß es im letzten Tweet.
Synchron ist ein Biotech-Startup, das sich auf Neurotechnologie spezialisiert hat. Mit seinem sogenannten Stentrode-Device, einem büroklammergroßen Chip, der als Brain-Computer-Interface (BCI) funktioniert, will Synchron schwerstbehinderten Menschen zu neuer Unabhängigkeit verhelfen. Stentrode ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen dem menschlichen Gehirn und einem Computer, ohne dass man tippen oder sprechen muss
Der gelähmte O’Keefe musste nicht lange überzeugt werden, wie er nach dem Absetzen seiner Tweets auf einer Pressekonferenz bekannte: „Als ich zum ersten Mal von dieser Technologie hörte, wusste ich, wie viel Unabhängigkeit sie mir zurückgeben könnte.“
„Das System ist erstaunlich, es ist wie Fahrradfahren lernen – man braucht Übung, aber wenn man erst einmal fährt, wird es ganz natürlich. Jetzt muss ich nur noch daran denken, wohin ich auf dem Computer klicken möchte, und schon kann ich E-Mails schreiben, Bankgeschäfte erledigen, einkaufen und jetzt auch der Welt über Twitter Nachrichten schicken.“
Stentrode nutzt der Australier schon seit dem Frühjahr 2020, als es ihm zur Vermeidung einer großen Kopf-Operation über die Halsvene eingesetzt worden war. Beginnend an der Vene dauerte es vier Stunden, bis das System an Ort und Stelle im Gehirn angekommen war. Seitdem konnte er wieder mit Angehörigen und Freunden per E-Mail in Kontakt treten oder einfache Computerspiele wie Solitaire spielen.
Für Synchron-Chef Thomas Oxley sind die ersten Tweets aus dem BCI-Computer nicht bloß „spaßige Weihnachtsbotschaften“. Sie seien vielmehr „ein wichtiger Moment für die Forschung an implantierbaren Gehirn-Computer-Schnittstellen“. Denn sie würden unterstreichen, welche Hoffnung und Freiheit sie jenen geben könnten, „denen durch eine schwächende Lähmung so viel von ihrer funktionellen Unabhängigkeit genommen wurde.“
Erste Human-Forschungsstudien mit dem Synchron-BCI will das Unternehmen im kommenden Jahr in den USA durchführen. Das hatte auch Neuralink von Elon Musk angekündigt. Das beeindruckendste Ergebnis, das Musks Firma bislang zu bieten hat, ist indes dieser Pong spielende Makake.
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