Wie tickt die Gen-Z? Schweizer Gründerpaar erklärt Marken die junge Zielgruppe
Eben noch Kinder, plötzlich Arbeitnehmer, Freelancer oder Gründer. Die ersten Vertreterinnen und Vertreter der Generation Z sind angekommen in der Welt der Arbeitenden – und sie sind mindestens so heiß umworben, wie Menschen meiner Generation, die Millennials. Das Problem, das viele Unternehmen mit den Neuen haben: Die Unterschiede zwischen Jüngeren und Älteren sind aufgrund der Digitalisierung heute anders verteilt als früher. So gibt es arbeitsrelevante Bereiche, in dem unter 20-Jährige einen technologischen Wissensvorsprung haben. Stichwort: Tiktok und Snapchat. Was da hilft? Vor allem ein Austausch auf Augenhöhe. Yaël Meier und Jo Dietrich haben genau daraus ein Business-Modell gestrickt: Ihr Anfang 2020 gegründetes Startup Zeam berät Unternehmen wie Ikea, Adidas, Comparis oder Allianz und baut Brücken zwischen den Generationen.
Für die neueste Folge unserer „Meet your Mentor“-Reihe habe ich die beiden Anfang 20-jährigen Schweizer interviewt. Neben dem gemeinsam geführten Unternehmen, das mittlerweile 13 Beschäftigte hat, haben sie noch eine weitere anspruchsvolle Aufgabe: Sie sind Eltern eines neugeborenen Kindes. Klingt nach ungewöhnlich viel Stress für ihr Alter? „Elternsein ist das intuitivste, was es gibt. Genau so muss man auch das Unternehmersein angehen. Das Wichtigste ist: nicht stressen lassen, locker bleiben und nicht zu rational an alles rangehen“, entgegnet mir Jo Dietrich. Yaël Meier nickt und ergänzt: „Go with the flow – dann fügt sich vieles!“
Unternehmer und Eltern mit Anfang 20: Yaël Meier und Jo Dietrich
Wer solche Worte als jugendliche Naivität abtut, sollte sich fragen, wann er oder sie zuletzt von Google eingeladen wurde, um über Wünsche und Träume zu sprechen. Bei Yaël Meier, die mit 14 Jahren angefangen hat als Schauspielerin zu arbeiten und mit 17 Journalistin war, ist die Einladung nicht lange her. Die Zeitschrift Forbes wählte die Schweizerin zudem 2020 in ihre „30 under 30“-Liste – was sie zu den 30 einflussreichsten U30-Gründerinnen in Europa macht. Bei so viel großen Namen kann etwas Lockerheit nicht schaden.
Doch wie macht man sich eigentlich locker, vor allem wenn man sich bereits über viele Jahre in einem stressigen Arbeitsumfeld bewegt hat? Yaël Meier und Jo Dietrich haben für ihre älteren Kunden dazu zahlreiche Ratschläge, die sie selbst beherzigen. Zeitmanagement spielt dabei – wenig verwunderlich – eine wichtige Rolle. „Wir sind sehr vorsichtig, was unsere Zeit betrifft und streichen konsequent alles, was nicht nötig ist oder uns unglücklich macht. Yaël ist eine Master of Priorisierung“, sagt Jo Dietrich.
Für ihre Terminplanung, so Yaël Meier, nutzen sie die Verfügbarkeitspräferenzen von Calendly: „Bei uns kann man sich nur Dienstag, Mittwoch und Donnerstag zwischen 11 und 15 Uhr für Meetings eintragen. Das reicht für alle notwendigen Gespräche. An Freitagen gehen wir hier in den Bergen zum Beispiel gerne wandern. Das macht den Kopf frei.“ Mit Multitasking, das meiner Generation entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen noch als sinnvoll eingeredet wurde, fangen die Gen-Z-Gründer erst gar nicht an: „Kinderbetreuung und Arbeit trennen wir strikt. Manchmal wechseln wir uns mehrmals am Tag ab. Wer E-Mails bearbeitet oder Meetings macht, kann sich dann ganz darauf konzentrieren.“
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Jetzt lesen!Was ebenfalls Freiräume schaffe, sei das Vertrauen in die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade bei größeren Unternehmen fehle das Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen oft, was die Effizienz deutlich beeinflusse, wie Jo Dietrich beobachtet hat. „Wenn du denkst, du kannst alles besser, dann stelle keine Leute ein, sondern arbeite allein. Wir geben gerne Arbeit ab und unser Vertrauen hat sich bisher immer ausgezahlt.“ Dass es in ihrer Generation viele exzellent ausgebildete, hochmotivierte Leute gibt, haben die Schweizer Gründer schnell festgestellt. „Am Anfang war es etwas frustrierend, weil wir nicht alle mit Potenzial dazuholen konnten. Unsere Devise ist: Wir stellen nur Leute ein, wenn wir sie wirklich brauchen“, sagt Yaël Meier. Mittlerweile sei ihr Geschäftsmodell aber erfolgreich genug, um „die besten Mitarbeitenden“ engagieren zu können. „Wir starten immer erstmal auf Stundenbasis, das schafft auf beiden Seiten Raum für Entwicklung.“
„Connecting Companies with the future“ lautet ein Slogan von Zeam. In keinem Punkt trifft er wohl so zu wie beim Thema Tiktok. So relevant die Social-Media-Plattform für die Generation Z ist, so unzugänglich erscheinen ihre Codes und Gepflogenheiten den meisten älteren Internetnutzern, die in der Regel lediglich auf Facebook, Telegram und Linkedin zu Hause sind. „Unternehmen, die an meiner Generation interessiert sind, müssen unsere Social-Media-Kanäle verstehen und dort aktiv sein. Andernfalls existieren sie nicht“, betont Yaël Meier. Umso wichtiger sei es deshalb, frühzeitig junge Content-Creators zu gewinnen. Auch hier geht ihr eigenes Startup-Team mit gutem Vorbild voran: Das Durchschnittsalter bei Zeam beträgt 21 Jahre, der jüngste Mitarbeiter ist 16. „Wir challengen den Status Quo einfach, indem wir sind, wie wir sind“, sagt Jo Dietrich und strahlt ein Gewinnerlächeln.
Bei so viel Aufbruchstimmung wünscht man sich als Millennial fast zurück in die Zeit, als wir selbst neu im Rennen waren. Wobei: Den Großeltern Facebook und Skype beizubringen, war auch nicht immer ein Vergnügen.
Viel Glück und CUL8R Gen Z!