Google soll Chrome durch Sabotage von Firefox gepusht haben
Dass Google seit der Einführung von Chrome im Jahr 2008 der Konkurrenz von Mozilla Steine in den Weg gelegt haben soll, ist ein altbekannter Vorwurf. Der Umfang, in dem dies geschah, ist jedoch größer als gedacht, folgt man den Aussagen von Johnathan Nightingale auf Twitter. Der ehemalige Mozilla-Manager schilderte am Samstag, wie Google Firefox vor zehn Jahren durch unlautere Mittel ausgebremst haben soll, um dem jungen Chrome einen Vorteil auf dem umkämpften Browsermarkt zu verschaffen. Und das, obwohl damals eine strategische Partnerschaft zwischen dem Browseranbieter und dem Suchmaschinenriesen bestand.
Heute hat Googles Chrome unter den Browsern klar die Nase vorn. Statcounter zählt für Stand März 2019 einen Anteil von 62,63 Prozent an der weltweiten Browsernutzung. Dahinter folgt Apples Safari mit 15,56 Prozent, Firefox kann 4,69 Prozent für sich verbuchen. Das sah 2008, als Chrome veröffentlicht wurde, noch ganz anders aus. Firefox war damals der Star unter den jungen, schlanken Browsern und machte sich im „Zweiten Browserkrieg“ daran, den behäbigen Internet Explorer vom Markt zu verdrängen. Laut Statcounter surften im Juli 2008 26,14 Prozent der Internet-Nutzer mit Firefox, ein guter zweiter Platz hinter dem Internet Explorer, dem damals noch 68,57 Prozent die Treue hielten. 2008 schickte Google den hauseigenen Browser Chrome ins Rennen, dessen Verbreitung sich kontinuierlich vergrößerte. Firefox konnte noch bis Januar 2010 seine Beliebtheit steigern (31,64 Prozent), dann begann der langsame Abstieg. Chrome zog mit seinen Nutzerzahlen davon.
„Bei Google waren sie Fans von Firefox“
Johnathan Nightingale war acht Jahre bei Mozilla angestellt und hat in dieser Zeit an Firefox gearbeitet. Damals war Google der wichtigste Partner von Firefox: Mozilla integrierte die Google-Suche als Standardsuche in Firefox. Die Erträge aus dieser Kooperation generierten zu dieser Zeit 90 Prozent der Einnahmen von Mozilla.
„Als ich 2007 bei Mozilla anfing, gab es kein Chrome“, so Nightingale auf Twitter. „Die meisten Leute, mit denen wir bei Google sprachen, waren Firefox-Fans.“ 2008 starte Google Chrome und das Verhältnis wurde komplizierter, allerdings betonten die Google-Mitarbeiter gegenüber Mozilla stets, dass die gute Zusammenarbeit weiter laufe. „Wir sind auf derselben Seite. Wir wollen dasselbe“, bekam Nighingale zu hören. Der Suchmaschinendeal wurde nicht aufgekündigt.
Allerdings sind einzelne, freundlich lächelnde Gesichter bei Google etwas anderes als Google als Gesamtunternehmen, wie Nightingale hervorhebt. An vielen Kleinigkeiten merkte Mozilla, dass Google Firefox das Wasser abgraben wollte, teils mit offenem Visier, teils im Verborgenen. Wenn Nutzer per Google-Suche nach Firefox suchten, erschienen unter den Suchergebnissen Werbung für Chrome. Gmail und Google Docs zeigten teilweise Performance-Einbrüche, wenn sie per Firefox angesteuert wurden. Demo-Seiten blockierten Firefox fälschlicherweise als „inkompatibel“.
Google-Seiten sollen Firefox systematisch benachteiligt haben
Alles durchaus im Rahmen einer Konkurrenzsituation, schreibt Nightingale, „aber wir waren ja immer noch ein Such-Partner, also sagten wir ‚Hey, was soll das?‘. Und jedes Mal erwiderten sie: ‚Ups. Das war unbeabsichtigt. Wir werden das das bei der nächsten Version in zwei Wochen fixen.‘“
Aber die Vorfälle häuften sich und konnten irgendwann keine Nachlässigkeit mehr sein, stellt Nightingale fest.
„Ich glaube, sie spielten auf Zeit. Mit jedem Ups haben wir Nutzer verloren. Anstatt unser Produkt zu verbessern, erzeugte jedes Zeitspiel Mühe und Frust“, twittert Nightingale. „Wir wurden für eine Weile überlistet und bis wir es benennen konnten, wie es war, ist eine Menge Schaden angerichtet worden.“
Auf eine Anfrage von t3n teilte Google mit, dass es sich nicht zu den Schilderungen von Jonathan Nightingale äußert. Die Frage, ob es seitens Google eine Benachteiligung mancher Browser mittels technischer Mittel gab oder gibt, blieb unbeantwortet.
Aggressive Werbung und Youtube-Bremse
Schon 2017 hatte Mozillas ehemaliger Technikchef Andreas Gal beklagt, dass Google konkurrierenden Browsern mit aggressiver Werbung das Wasser abgrabe. Der IT-Konzern würde seine Monopolstellung im Netz ausnutzen, um in den eigenen Produkten den Chrome-Browser zu bewerben. Rufen Anwender beispielsweise Gmail mit einem anderen Browser auf, erscheint prominent der Hinweis: „Hol dir Chrome“. Auch auf Youtube oder im Google-Kalender würden derartige Hinweisschilder aufpoppen.
In einer anderen Liga spielen technische Bremsklötze. Im Juli 2018 zeigte Mozilla-Manager Chris Peterson, dass die Youtube-Startseite in Firefox und Microsoft Edge gegenüber Chrome bis zu fünfmal länger braucht, um geladen zu werden. Das ergebe oft einen Lag von fünf Sekunden gegenüber einer Sekunde, eine spürbare Minderung des Nutzererlebnisses. Schuld sei eine veraltete Software im Design der Youtube-Seite, die konkurrierende Browser ausbremst.
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 18.04.2019 aktualisiert.
Mehr zum Thema Chrome und Firefox: Chrome hat den Browser-Krieg gewonnen – sagt der ehemalige Technikchef von Mozilla
Klar, immer sind die anderen Schuld. Es liegt bestimmt nicht daran, dass Firefox mit der Zeit immer bescheidener wurde… Langsamer, unübersichtlicher etc…
Nein, nicht immer und nicht die Anderen, sondern hier ist es google. Alle Vorwürfe betreffen Dinge, die
ausschliesslich von Google entschieden und beeinflußt wurden. Ob da FF oder die anderen Browser auch sonst langsamer sind oder nicht, spielt da keine Rolle.
Vielleicht hat man zu viel Zeit und Energie in die Entwicklung von Firefox OS investiert. Oder Probleme mit FF und Windows 8, die nicht rechtzeitig gelöst wurden? usw.
Man kann Google kritisieren, aber Chrome ist einfach besser. Google als Softwarehersteller hat viel mehr Programmierer und Kapazitäten, um die Probleme schneller zu entdecken und neue Features einzubauen.
Wenn das so ist, wie es geschrieben steht, dann ist das für mich erst recht ein Grund, nicht Chrome zu nutzen, abgesehen davon, ziehe ich es eh vor einem freien Browser wie Firefox zu nutzen, was bei Verwendung von Linux gleich mitgeliefert wird.
Ändert auch nichts daran, dass Firefox nicht so performant ist wie Chrome.
Noch etwas: Als ich letztes Jahr auf Android umstieg und mir meine Softwareumgebung zusammenstellte, waren die obersten Userkommentare im Playstor für den Firefox derart unterirdisch, daß ich erstmal weiter den vorinstallierten Chrome nutzte, obwohl ich seit Jahrzehnten FF nutze.
Als ich ihn dann Monate später doch installierte, um eine Alternative zum Googleuniversum zu versuchen, konnte ich keinen der bemängelten Fehler nachvollziehen. Z.Zt. ist übrigens der „beste“ hilfreiche kritische Kommentar im Playstore der einer Userin, die bemängelt, daß die besuchte Seite so viel Werbung zeigt, „die niemand braucht“ und deshalb dem Firefox nur 2 Sterne gibt. Sagt eigentlich alles.
Inzwischen nehme ich übrigens Firefox Klar, der ist bei mir genauso performant wie chrome.