Anzeige
Anzeige
Analyse

Startup-Förderung im Check: Helfen Habecks Maßnahmen Gründer:innen?

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat einen Maßnahmenkatalog zur Startup-Förderung veröffentlicht. Passen die Pläne zur aktuellen Lage und den Wünschen der Gründer:innen? Wir machen den Check.

8 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
(Foto: Ground Picture / Shutterstock)


Im Juni 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Entwurf für die Unterstützung von Startups in Deutschland veröffentlicht. Das Ministerium von Vizekanzler Robert Habeck will in Zukunft junge Unternehmen verstärkt unterstützen und hat dafür mehrere Punkte mit dazugehörigen Maßnahmen ausgearbeitet.

Für die Ausarbeitung haben sich die Beteiligten in Expertengruppen getroffen. Auch Studien wurden zu Rate gezogen. t3n stellt die spannendsten Punkte der entstandenen Ideen-Sammlung der aktuellen Lage der Startups in Deutschland, basierend auf dem Deutschen Startup Monitor 2021, gegenüber.

1. Startup-Finanzierung stärken

Anzeige
Anzeige

Aus der besten Idee wird nichts, wenn sie ohne Geld auskommen muss. Startups sind auf Investor:innen angewiesen – und da gibt es in Deutschland Luft nach oben. Das hat eine Studie der Bundesregierung gezeigt. Künftig soll es unter anderem mehr „Finanzierungsinstrumente“ geben. Es wird ein Horizont genannt: Zehn Milliarden Euro „neue öffentliche Mittel“ sollen bis 2030 in junge Unternehmen investiert werden. Mit privaten Investor:innen sollen die Gelder auf bis zu 30 Milliarden Euro erhöht werden. Gezielt unterstützt werden sollen mit den Geldern verschiedene Initiativen, wie der Deeptech & Climate Fonds. Außerdem soll zum Beispiel das Invest-Programm neu aufgelegt werden.

Wie sieht es aktuell aus? Im Vergleich zu 2020 haben Startups 2021 mehr externes Geld bekommen. Dabei steht für die Gründer:innen aber nicht nur der finanzielle Wert im Vordergrund. Sie legen auch auf die Netzwerke der Geldgeber:innen Wert. Somit könnten gerade Gelder von Privatinvestor:innen mit Kontakten in Zukunft interessant sein. Zur Orientierung: 2021 haben knapp 26 Prozent der Startups 500.000 Euro bis zwei Millionen Euro aufgenommen, 2,5 Prozent haben mehr als 25 Millionen Euro an externen Geldern eingesammelt. Bei der Frage, welche Art der Finanzierungen sie am liebsten annehmen, haben knapp 50 Prozent „staatliche Fördermittel“ angegeben. Diese Finanzierung ist somit die bevorzugte. Am unbeliebtesten ist die Kategorie „Family and Friends“ mit etwa acht Prozent.

Anzeige
Anzeige

2. Mehr Mitarbeiter:innen

Obst, flexible Arbeitszeiten und Sitzsack statt Stuhl: Diese Klischees sind alt und locken wohl kaum noch Talente an. Was interessanter sein könnte? Mitarbeiterbeteiligung. Sprich: Verdient das Startup, verdient auch das Team. Um die Mitarbeiterbeteiligung attraktiver zu machen, will die Bundesregierung „Verbesserungen im Einkommensteuerrecht vornehmen“. Außerdem plant das Ministerium, Startups bei der Gewinnung von ausländischen Fachkräften zu unterstützen. Dafür soll die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten gestärkt werden. Als eine weitere Maßnahme soll dafür das bereits bestehende Portal „Make it in Germany“ genutzt werden. Und auch in Deutschland sollen Fachkräfte ausgebildet werden. Dabei helfen soll IT-Unterricht ab der fünften Klasse.

Anzeige
Anzeige

Wie sieht es aktuell aus? Startups sorgen für Arbeitsplätze. Durchschnittlich arbeiten in deutschen Jungunternehmen knapp 18 Mitarbeiter:innen, über 90 Prozent der Startups planen für 2022 Neueinstellungen. Durchschnittlich wollen sie ihr Team um neun Angestellte wachsen lassen. Mit der Förderung und vor allem Vereinfachung der Mitarbeiterbeteiligung trifft die Politik einen Nerv: 35 Prozent der Startups wünschen sich hier Verbesserungen.

3. Digitaler und einfacherer Gründungsprozess

Gründen erfordert viel Zeit – und Nerven. Papierkram und Behördengänge sind für Gründer:innen eine zusätzliche Belastung. Das soll besser werden: Das Wirtschaftsministerium plant einen vollständig digitalen Gründungsprozess. Als eine weitere Maßnahme soll die Wissensvermittlung rund um Startups in der Schule beginnen: Gründer:innen und Schüler:innen sollen in Kontakt gebracht werden.

Anzeige
Anzeige

Wie sieht es aktuell aus? Die Forderung nach einer „Vereinfachung der Verwaltungsdienstleistungen“ steht bei 40 Prozent der befragten Startups an erster Stelle.

Übrigens: Tipps, wie ihr einen Nachhaltigkeitsbericht schreibt, lest ihr in diesem Artikel.

4. Gründerinnen und Diversität stärken

Das Ministerium um Robert Habeck will mehr Frauen zur Gründung bringen. Laut dem Paper sollen Gründerinnen durch eine „gezielte Finanzierung“ unterstützt werden. Bei dem sogenannten Exist-Programm sollen diverse Gründer:innen-Teams präferiert werden, da solche Gruppen „langfristig erfolgreicher“ seien, heißt es in dem Entwurf. Dazu soll mit „Exist Women“ eine eigene Förderlinie für Gründerinnen eingerichtet werden. Auch eine Stärkung von Frauen in Investment-Komitees ist vorgesehen. Außerdem will die Bundesregierung die Initiative „Frauen Unternehmen“ stärken. Ein Ziel, wieviel Prozent an Gründungen auf Frauen zurückgehen sollen, ist nicht festgelegt.

Anzeige
Anzeige

Wie sieht es jetzt aus? 2021 lag der Anteil der Gründerinnen bei etwa 18 Prozent. Rückblickend ist eine Steigerung zu erkennen: 2017 waren es noch 15 Prozent. Laut einer McKinsey-Studie aus dem Jahr 2021 könnten mit Verdopplung des Gründerinnenanteils auf 32 Prozent pro Jahr zusätzlich 630 Startups gegründet werden.

5. Startup an der Uni starten? Das soll leichter werden

Fiktive Unternehmen und Projekte zu starten, ist an Hochschulen beliebt. Damit aus der Fiktion vermehrt Ausgründungen werden, will das BMWK an dieser Stelle in Zukunft stärker fördern. Dafür kommt wieder das Exist-Förderprogramm zum Zug: Darunter soll „zusätzlich eine Exzellenzinitiative Entrepreneurship-Zentren“ entstehen. Mit der Initiative sollen fünf bis zehn Gründungsprojekte gefördert werden. Außerdem will die Bundesregierung bei der „Übertragung des geistigen Eigentums“ künftig mehr helfen. Eine weitere Maßnahme ist die Stärkung des Austausch zwischen Ländern und Hochschulen bezüglich der Gründungsstrukturen. „Ziel sollte es dabei zumindest sein, eine anteilige Grundfinanzierung für die Sensibilisierung und die Entrepreneurship-Ausbildung für Studierende und Forschende sicherzustellen“, heißt es in dem Entwurf.

Wie sieht es aktuell aus? Etwa 25 Prozent der Gründungen entstammten 2021 laut DMS dem Umfeld von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. In Deutschland liegt besonders eine Einrichtung vorn: die RWTH Aachen. 5,3 Prozent der späteren Gründer:innen haben dort gelernt. Hochschulen spielen für Gründer:innen eine wichtige Rolle: 36 Prozent haben über die Uni auch ihre späteren Mitgründer:innen kennengelernt. 23 Prozent fordern laut der DMS-Umfrage außerdem eine stärkere Unterstützung für solche Ausgründungen.

Anzeige
Anzeige
Deutscher Startup Monitor 2021 – das muss man wissen Quelle: Shutterstock / 4 PM production

6. Bessere Rahmenbedingungen für „gemeinwohlorientierte“ Startups

Herausforderungen wie die Klimakrise erfordern neue Lösungen. Die sollen unter anderem Startups liefern. Daher will das BMWK besonders Gründungen fördern, die in sozialen und nachhaltigen Bereichen unterwegs sind. Ihre Sichtbarkeit soll erhöht werden. Auch das soll durch Finanzierungen erreicht werden.

Wie sieht es aktuell aus? Jeweils fast 50 Prozent der Startups ordneten 2021 ihre Angebote der „Green Economy“ oder der „Social Entrepreneurship“ zu. Allerdings ist ein leichter Rückgang zwischen 2021 zu 2020 zu erkennen. Dennoch fordern auch 38 Prozent der Startups bei der Förderung zu Projekten gegen den Klimawandel gezielte Unterstützungen. Aber sie haben ein weiteres großes Thema: Fast 20 Prozent wünschen sich gezielte Unterstützung im KI-Bereich.

7. Mehr öffentliche Aufträge

Der Staat will Startups nicht nur unterstützen, sondern auch selbst vermehrt Auftraggeber werden. Startups sollen bessere Chancen bekommen, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Dafür soll es einen E-Marktplatz geben. Auf ihm können sich junge Unternehmen vorstellen, potenzielle Auftrageber:innen bekommen eine Übersicht und können nach geeigneten Partnern suchen. Insgesamt soll das digitale Angebot den Überblick über Produkte und Dienstleistungen der Startsups am Markt verbessern.

Anzeige
Anzeige

Wie sieht es aktuell aus? Das das Geschäft mit der „öffentlichen Hand“ lag 2021 auf dem letzten Platz, einen Marktplatz gibt es bisher nicht. Nur knapp fünf Prozent der Startup-Geschäfte werden im Business-to-Governent-Bereich (B2G) gemacht. Zum Vergleich: Im B2B-Bereich finden etwa 68 Prozent der Geschäfte statt, knapp 27 Prozent entfallen auf Geschäfte mit Endverbrauchern. Dass B2G so abgeschlagen ist, hat einen Grund: Die Vergabeprozesse machen es Startups schwer. DSM fordert eine „gezielte Berücksichtigung“ der neuen Unternehmen. Gleichzeitig sehen etwa zwei Drittel der Startups in der Kundengewinnung die größte Herausforderung – mehr öffentliche Aufträge würden ihnen schlicht neue Kund:innen einbringen. Fast 35 Prozent wünschen sich direkt eine gezielte Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Startups.

8. Vereinfachter Datenzugang

Neue Ideen brauchen Wissen und Daten: An die sollen Startups in Zukunft leichter kommen können. So soll mit dem „Transparenzgesetz“ ein Rechtsanspruch für Open Data gegenüber dem Bund geschaffen werden können. Insgesamt soll der Zugang zu Daten aus dem öffentlichen Bereich für Startups vereinfacht werden. Auch eine Zusammenarbeit von jungen Unternehmen und KMU durch KI-Voucher ist geplant. Mit dem Voucher muss das beauftragende Unternehmen die Kosten nicht komplett tragen, ein Teil wird übernommen. Diese Art Gutschein soll das finanzielle Risiko für KMU reduzieren – Startups sollen damit bei der Neukundengewinnung unterstützt werden. Dazu sollen die neuen Firmen auch an das EU-Cloud-Projekt Gaia-X herangeführt werden. Dabei ist das Projekt allgemein umstritten – der Bund unterstützt es nicht mehr finanziell.

Wie sieht es aktuell aus? Mehr Daten? Damit rennt das Ministerium bei Startups offene Türen ein. Knapp 74 Prozent wünschen sich einen Zugang durch den Staat zu mehr öffentlichen Daten. Gleichzeitig sehen etwa 67 Prozent durch eine Daten-Konzentration bei „internationalen Konzernen einen erschwerten Wettbewerb“.

Anzeige
Anzeige

9. Ausprobieren leichter machen

In Zukunft sollen Startups mehr Chancen bekommen, in geschützten Räumen Ideen zu testen. Genannt wird sowas „Reallabor“. Damit der Zugang zu diesen Testräumen gelingt, soll es ein „Reallabor-Gesetz“ geben. Es soll „innovationsfreundliche Rahmenbedingungen“ für die Testräume schaffen, zum Beispiel mit „neuen Experimentierklauseln“. Was das genau bedeutet, wird im Entwurf nicht erklärt.

Wie sieht es aktuell aus? Bei der DSM-Umfrage gibt es dazu keine passenden Angaben. Das „Reallabor-Gesetz“ taucht nicht zum ersten Mal auf: Bereits im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung dafür ein Konzept vorgelegt. Das war bisher allerdings kein großes Thema in der Öffentlichkeit.

10. Fokus? Startup!

Mit dem letzten Punkt soll im Entwurf betont werden, wie wichtig der Bundesregierung Startups sind. Dazu sollen sie „noch stärker ins Zentrum“ gestellt werden. Als eine prioritäre Maßnahmen nennt die Bundesregierung eine Unterstützung bei „der Vernetzung aller relevanten Akteure im Startup-Ökosystem“. Erstmals soll daher ein „Startup Summit Germany“ stattfinden. Außerdem soll ein Kontaktstellennetzwerk in Verbindung mit allen Bundesministerien entstehen. Auch soll der Zugang zu Demonstratoren und Erprobungsräumen erleichtert werden.

Anzeige
Anzeige

Wie sieht es aktuell aus? Laut der DSM-Befragung wünschen sich etwa 22 Prozent der Gründer:innen eine „Stärkung von Programmen zum Austausch von etablierter Wirtschaft und Startups“ – in diese Richtung geht auch die genannte Maßnahme der Bundesregierung. Allerdings liegt dieser Wunsch auf dem vorletzten von insgesamt neun Forderungen. Die Priorität aus Sicht der Startups liegt eher bei vereinfachten Verwaltungsdienstleistungen und finanziellen Förderungen.

Fazit

Die Veröffentlichung des BMWK-Entwurfs ist ein erster Schritt, Startups in Deutschland stärker zu unterstützen. Dabei wird das Papier nicht besonders konkret. Zwar werden reichlich Maßnahmen aufgeführt, jedoch beschränkt sich der Ideenreichtum häufig Finanzierungen oder der Auf- oder Ausbau bestehender Projekte. Exakte Summen werden kaum genannt. Eine klare Zielsetzung sieht sicher anders aus. Weitere Details zu den Initiativen und Projekten würden die guten Ansätze des Entwurfs greifbarer machen – hier verpasst das BMWK eine echte Chance. Insgesamt mangelt es konkreten Zeithorizonten und festen Investitionszielen. Das lässt den Entwurf vage wirken.

Positiv hingegen sind die vielen Gemeinsamkeiten zwischen den Vorschlägen des Ministeriums und den Wünschen der Startups, basierend auf der DSM-Erhebung. Das Bestreben, den Fokus auf junge Unternehmen zu erhöhen, ist durchaus zu erkennen. Der fade Beigeschmack: Insbesondere jetzt, da der Staatshaushalt mit Coronakrise, Ukraine-Krieg und der Inflation des Staatshaushalts sowieso belastet ist, sind Finanzierungen nicht unbedingt leichter zu bekommen. Deshalb bleibt abzuwarten, was aus den Plänen wird und wie die tatsächliche Umsetzung aussieht.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige