Das neueste Projekt der Astrophysik-Abteilung der US-Raumfahrtbehörde Nasa läuft unter dem Arbeitstitel „Habitable Worlds Observatory“ (HWO), also etwa „Observatorium für bewohnbare Welten“. Das macht den klaren Fokus deutlich: Das HWO soll mindestens eine Erde 2.0 finden und erforschen.
Bewohnbare Welten gesucht
So wird es sich beim HWO um ein Weltraumteleskop handeln, das im infraroten, optischen und ultravioletten Licht beobachten und so nach bewohnbaren Exoplaneten und Anzeichen von Leben auf ihnen suchen kann. Einen ersten Ausblick auf das Projekt hat Nasa-Manager Mark Clampin am 9. Januar 2023 gegeben.
Auf der 241. Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft in Seattle im US-Bundesstaat Washington erläuterte Clampin, dass die Suche nach Leben außerhalb der Erde bestimmte Anforderungen setzt, die das neue Teleskop erfüllen muss. So wird das Habitable Worlds Observatory „ein superstabiles Teleskop sein, das mit einem leistungsstarken Koronographen ausgestattet ist“.
HWO kombiniert JWST-Spiegel und leistungsfähigen Koronagraphen
Dieses Instrument erlaubt es Forschenden, schwach sichtbare Objekte wie Gesteinsplaneten in der Nähe heller Objekte wie Sternen zu untersuchen. Für die Technik will die Nasa auf den bewährten segmentierten Spiegel zurückgreifen, der bereits beim James-Webb-Space-Telescope (JWST) eingesetzt wird.
Der Koronagraph soll eine weiterentwickelte Version jenes Instruments sein, das das im Bau befindliche Nancy Grace Roman Space Telescope (NGRST) an Bord haben wird. NGRST soll voraussichtlich um die Mitte dieses Jahrzehnts starten.
Damit es nicht wieder zu einem Kosten- und Termindesaster wie beim JWST kommt, will Clampin an das Habitable Worlds Observatory so herangehen, als ob die Sonde ein striktes Startfenster in Abhängigkeit von der Dynamik des Sonnensystems hätte. So geht die Nasa häufig an Missionen zur Planetenforschung heran.
Robotische Upgrades fest eingeplant
Obwohl das HWO wie das JWST rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt gegenüber der Sonne – und damit am sogenannten Lagrange-Punkt 2 – stehen wird, soll das Teleskop anders als JWST von Beginn an aufrüstbar konzipiert werden.
Zwar sind bemannte Missionen bis zu diesem Punkt nicht möglich, die Nasa geht aber davon aus, dass in der Zukunft robotische Upgrades möglich sein werden. „In 10, 15 Jahren wird es eine Menge Unternehmen geben, die sehr einfache robotische Wartungsarbeiten an L2 durchführen können“, so Clampin. „Das gibt uns Flexibilität, denn es bedeutet, dass wir nicht unbedingt alle wissenschaftlichen Ziele beim ersten Mal erreichen müssen.“
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Größere Raketen bringen größere Flexibilität
Für die Trägerrakete der Mission will sich die Nasa des privaten Sektors bedienen. Infrage kämen etwa die New Glenn von Blue Origin oder das Starship von SpaceX.
Die Modelle eignen sich besonders, weil sie eine Frachtverkleidung an der Raketenspitze erlauben, die bis zu neun Meter breit ist. Die Ariane-5, die das JWST ins All gebracht hat, kann nur bis zu 4,5 Meter breite Verkleidungen anbieten.
Deshalb musste das JWST in deutlich mehr beweglichen Einzelteilen geplant werden, um es in die verhältnismäßig kleine „Verpackung“ zu integrieren. So kam es letztlich zu dem kritischen Entfaltungsprozess des Spiegels im All, bei dem 300 potenzielle Fehlerpunkte überwunden werden mussten.
„Es gibt eine Reihe kommerzieller Unternehmen, die jetzt sehr große Verkleidungen herstellen. Wir wären verrückt, wenn wir sie nicht nutzen würden“, bestätigt Clampin. „Große Verkleidungen auf großen Raketen geben einem Flexibilität.“