Fürs Mate 10: Schneller Kirin-970-Prozessor macht das Smartphone per KI-Chip intelligent
Kirin 970: 8 CPU- und 12 GPU-Kerne plus NPU fürs Huawei Mate 10
Mit dem Kirin 970 will Huawei die Messlatte von Mobilprozessoren auf eine neue Stufe heben. Der neue Chip des Konzerns hebt sich von den Produkten der Konkurrenz wie Qualcomm und Samsung ab, indem er einen dedizierten Chip für Machine-Learning an Bord hat. Mit der sogenannten „Neural-Processing-Unit“ (NPU) sei es möglich Prozesse, die bisher in der Cloud ausgeführt werden, lokal auf dem Smartphone zu erledigen. Die NPU soll bestimmte Prozesse bis zu 20 Mal schneller ausführen als eine herkömmliche CPU. Darüber hinaus sei der Einsatz der NPU 50 Prozent energieeffizienter.
„Die Zukunft von Smartphones befindet sich an der Schwelle einer aufregenden, neuen Ära.“
Als ein Beispiel wurde eine Objekterkennungs-Routine in Bildern und Videos einmal mit und einmal ohne NPU ausgeführt. Das Ergebnis: Mit dem KI-Chip wurden 200 Bilder binnen sechs Sekunden erkannt, die CPU brauchte 120 Sekunden für den gleichen Prozess. Auf der IFA demonstrierte das Unternehmen die Bilderkennungsfunktion am Messestand: Dabei erkennt die NPU auf einem Display dargestellte Objekte und weist ihnen Namen zu – beispielsweise Auto, Hund, Pizza, Uhr, Stuhl, auch mehrere Möbelstücke oder Person beziehungsweise auch eine Gruppe von Personen. Per Big Data und Machine-Learning muss die NPU indes im Vorfeld trainiert werden, um diese Fähigkeiten zu erhalten.
„Wir wollen smarte Geräte in intelligente Geräte verwandeln, um das Nutzererlebnis noch einmal deutlich zu verbessern. Dafür produzieren wir Ende-zu-Ende-Kapazitäten, die eine koordinierte Entwicklung von Chips, Endgeräten und der Cloud ermöglichen.“ – Richard Yu
Ziel Huaweis ist es mit der On-Board-KI neben Latenzzeiten, auch Stabilität und Datenschutz zu erhöhen. „Cloud-AI und On-Device-AI können einander ergänzen“, so Yu. On-Device AI erfasse dabei genau die Daten, die notwendig seien, um das Nutzungsverhalten des Verbrauchers besser zu verstehen und ihn bei der alltäglichen Nutzung zu unterstützen. Die ins Gerät integrierten Sensoren produzierten eine Menge an Echtzeit-, Szenario-spezifischen und auch personalisierten Daten. Durch die neuen Möglichkeiten des Kirin 970 mit On-Bord-NPU sollen Smartphones und andere Geräte der Besitzer intelligenter werden und Dienste bieten, die weit personalisierter und sofort abrufbar seien, so Hauwei.
Kirin 970: Huawei macht das SoC mit NPU zur offenen Plattform
Als weiteren Pluspunkt wird neben der höheren Bearbeitungsgeschwindigkeit On-Bord, auch die geringere Latenz gegenüber Cloud-basierten KI-Lösungen genannt. Damit der dedizierte KI-Prozessor genutzt werden kann, sind Entwickler aufgerufen, ihre Apps und Services für die NPU anzupassen. Huawei positioniert seinen Kirin-AI-Chip als eine offene Plattform und macht ihn so für Entwickler und Partner zugänglich.
Die weiteren Komponenten des Systems-on-a-Chip (SoC) sind auch nicht zu verachten: Der Achtkern-Chip nach dem Big-Little-Prinzip wird im Zehn-Nanometer-Verfahren beim Auftragsfertiger TSMC produziert, bei dem übrigens auch Apple fertigen lässt. Vier Cortex-A73-Kerne mit maximal 2,4 Gigahertz stehen vier Cortex-A53-Kernen mit maximal 1,8 Gigahertz zur Seite. Der Kirin ist laut Huawei 40 Prozent kleiner als sein Vorgänger, der Kirin 960, der unter anderem im Mate 9 (Test) verbaut wurde.
Auf das etwa einen Quadratzentimeter große SoC passen 5,5 Milliarden Transistoren, sagte Yu am Samstag in Berlin. Insgesamt soll der Kirin 970 rund 25 Prozent mehr Performance liefern als der 960er, und benötige zugleich 50 Prozent weniger Energie. Unterstützt wird der Prozessor von einer aktuellen Mali-G72-Grafikeinheit, die zweite Generation der Bifrost-Architektur von ARM, die 50 Prozent effizienter und 20 Prozent performanter als der Vorgänger sein soll.
Das LTE-Modul des Kirin-Chips ist auch überarbeitet worden. Das Cat.-18-LTE-4,5G-Modem soll im Downstream bis zu 1,2 Gigabit pro Sekunde unterstützen – es kombiniert außerdem 4×4-MIMO, 5-Band-Carrier-Aggregation und QAM-256-Modulation. Darüber hinaus werde es im von Yu bestätigten Mate 10 und Mate 10 Pro möglich sein, zwei SIM-Slots jeweils mit LTE-Geschwindigkeit und VoLTE zu nutzen. Bisher konnten Smartphones mit Dual-SIM-Slots nur mit jeweils einer SIM-Karte LTE-Speed liefern.
Die Mitbewerber Samsung (Exynos) und Qualcomm (X20) hatten bereits vor Huawei Modems mit 4,5G-Speed angekündigt. Es deutet sich aber an, dass Huawei beim Markteintritt die Nase vorn hat, denn die neuen Mate-10-Modelle mit Kirin-970-Chip werden schon im Oktober angekündigt. Hierzulande werden wir bis auf Weiteres jedoch ohnehin noch nicht von den hohen Datenraten profitieren.
Huawei Mate 10 und Mate 10 Pro: Die ersten Modelle mit Kirin 970
Die ersten Smartphones mit dem neuen Kirin-SoC werden am 16. Oktober in München präsentiert. Richard Yu bestätigte im Laufe der Präsentation des Kirin 970, dass es ein Mate 10 und ein Mate 10 Pro geben werde. Ähnlich verfuhr Huawei schon im letzten Jahr beim Mate 9, das auch als Mate 9 Pro auf den Markt kam – letzteres kam auf offiziellem Wege nie nach Deutschland. Lediglich eine Luxus-Version wurde als Porsche-Edition zum Preis von knapp 1.400 Euro exklusiv via Porsche-Design-Stores verkauft.
Das Huawei Mate 10 (Pro) soll in puncto Design am Galaxy S8, Note 8 und LG V10 orientiert sein und ein nahezu rahmenloses Volldisplay bieten. Man munkelt, das Display soll eine Bilddiagonale von sechs Zoll besitzen. Mit einer Dual-Hauptkamera mit Leica-Branding ist abermals zu rechnen.
Mobile-KI-Chips: Huawei legt vor
Google plant schon seit geraumer Zeit Smartphones mit KI-Chips auszurüsten. (Bild: Movidius)
Der Weg, den Huawei mit seinem KI-Chip aufzeigt, ist nicht komplett neu, nur kein anderes Unternehmen hat bisher einen solchen Prozessor präsentiert. Google hatte bereits Anfang 2016 eine Partnerschaft mit dem KI-Startup Movidius angekündigt, um einen mobilen KI-Prozessor zu entwickeln, der wie Menschen Sehen und Erkennen könne. Daraus wurde aber nichts, da Intel sich Movidius noch im selben Jahr einverleibt hat.
Gerüchte, dass Apple an einem solchen Chip arbeitet, kursieren seit einigen Monaten im Netz. Ungewiss ist jedoch, ob der iPhone-Konzern mit der Entwicklung schon so weit ist, ihn in der kommenden iPhone-Generation zu verbauen. Qualcomm, der weltweit größte Entwickler für Mobil-Prozessoren, hatte vor geraumer Zeit auch schon eine Neural-Processing-Engine angekündigt, ein On-Board-Chip lässt jedoch noch auf sich warten. Möglicherweise könnte eine solche Lösung aber im 2018er Obklasse-Chip Snapdragon 845, dem Nachfolger des Snapdragon 835, integriert sein.
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