Was uns die Hunde von Tschernobyl über Leben auf dem Mars verraten können

In der HBO-Miniserie „Chernobyl“ führten die Filmemacher:innen dem Publikum noch einmal die Folgen der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl vor Augen. Hier erfuhren die Zuschauer:innen etwa, dass die Bewohner:innen der nahegelegenen Stadt Prypjat bei der Evakuierung ihre Haustiere wie etwa ihre Hunde zurücklassen mussten.
Die Hunde, die nicht getötet wurden, lebten weiterhin in der heutigen Geisterstadt Prypjat sowie in der Wildnis der Sperrzone. In den vergangenen fast 40 Jahren entwickelten sie sich dort zu einer kräftigen Hunderasse, von denen sich einige Exemplare angeblich auch mit Wölfen gepaart haben sollen.
Aufgrund ihres Überlebens in der noch immer radioaktiv zum Teil hoch verstrahlten Sperrzone von Tschernobyl sind die Hunde jetzt Gegenstand der Forschung, was die Strahlenbelastung bei möglichen künftigen Marsmissionen angeht.
Konkret haben die Forscher:innen rund 300 Hunde von drei Populationen unter die Lupe genommen, wie es in einer im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlichten Studie heißt. Die untersuchten Hunde lebten in den Jahren 2017 bis 2019 zum einen im direkten Umfeld des Kernkraftwerks, beziehungsweise in 15 bis 45 Kilometern Entfernung.
In dieser Studie ging es den Forscher:innen vor allem darum, anhand genetischer Analysen festzustellen, ob die Hundepopulationen tatsächlich die vergangenen 37 Jahre in dem gesperrten Gebiet zugebracht hatten. Das sollte klären, wie lange die Hunde – auch generationenübergreifend – der Strahlung ausgesetzt waren.
Es stellte sich heraus, dass die untersuchten Hunde eher lokal und isoliert lebten. Daher kommen sie jetzt für die geplanten weiteren Studien infrage, in denen die Veränderungen durch die dauerhafte Strahlung über 15 Generationen hinweg untersucht werden sollen, wie inverse.com berichtet.
Hunde, so der Evolutionsgenetiker Timothy Mousseau von der University of South Carolina, der an der Studie mitgearbeitet hat, würden sich gut für die Ableitung von Untersuchungen auf den Menschen eignen. „Sie bekommen viele der gleichen Krankheiten und Krebsarten, die auch wir bekommen“, so Mousseau.
Denn die Herausforderung für künftige längere Weltraumausflüge, etwa Missionen zum Mars und Siedlungen auf Mond oder Mars, ist die hohe Strahlenbelastung. Im Sommer 2022 kam eine Studie zu dem Schluss, dass die Strahlenbelastung für eine Reise zum Mars und einen einjährigen Aufenthalt dort deutlich zu hoch für Astronaut:innen wäre – und das trotz umfangreicher Abschirmungsmaßnahmen.
Was die Forschung zu möglichen Gesundheitsgefährdungen durch die Strahlung erschwert, ist, dass sich die Strahlung im Weltraum auf der Erde nicht so leicht simulieren lässt. Die Sperrzone von Tschernobyl kommt den Bedingungen im All schon recht nahe.
Der nächste Schritt für die Forscher:innen um Mousseau ist, die Auswirkungen der Strahlung auf die Gene der Hunde zu betrachten. Auch dazu werden die genommenen DNA-Proben genutzt. Interessant sei nicht zuletzt, inwieweit sich eine Anpassung an radioaktive Strahlung feststellen ließe, so Mousseau.
Langfristig könnte sich der Wissenschaftler auch eine weitergehende Erforschung der Auswirkungen der Strahlung in der Nähe von Tschernobyl vorstellen. Eine Idee sei die Einrichtung eines Labors direkt innerhalb des Schutzmantels für den zerstörten Reaktor. Dort sollen dann allerdings keine Tiere, sondern Pflanzen und Zellkulturen gezüchtet und untersucht werden.
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