Influencer sauer auf Amazon: So wenig zahlt der Konzern für ein Kurzvideo bei Inspire
Inspire ist der Name einer neuen Amazon-eigenen Marketingfunktion oder besser eines Content-Formats, das dazu dient, das Social-Selling-Thema für den Handelskonzern voranzutreiben und über das wir bereits Anfang des Jahres berichtet haben. Der Feed enthält Produktbilder, kurze Videos und Inhalte von Influencer:innen, die den Kund:innen dabei helfen, neue Produkte zu entdecken und zu kaufen.
Ziel von Amazon ist die Ansprache einer jüngeren Zielgruppe und die Verbesserung des Einkaufserlebnisses für die Kund:innen insgesamt – und die erreicht man bekanntermaßen gut über Plattformen wie Tiktok und Instagram, woran das Format angelehnt ist.
Doch offenbar versucht man nun mit extrem niedrigen finanziellen Budgets, eine möglichst große Zahl an Videos zu erhalten. Während Anfang des Jahres noch von einer Bezahlung von immerhin 250 US-Dollar für jedes bis zu 30-sekündige vertikale Video die Rede war, die aus einem Mix aus Bargeld und Amazon-Gutscheinen erfolgen sollte, geht es aktuell nur noch um ein Zehntel dessen pro Video.
25 Dollar pro Video – ein Schnäppchenpreis
Wie mehrere Quellen aus dem Influencer:innen-Umfeld übereinstimmend berichten, verschickte Amazon kürzlich Anfragen an ausgewählte Influencer:innen mit dem Angebot, Videos einzureichen. Die Initiative ist dabei auf insgesamt 35.000 Videos beschränkt, für die 875.000 Dollar ausgegeben werden. Zusätzlich kann ein:e einzelne:r Influencer:in höchstens 500 Videos einreichen, wofür er oder sie mit 12.500 Dollar entlohnt wird – also 25 Dollar pro Kurzvideo. Interessanterweise sollen aber auch Mails mit demselben Maximalwert für nur 250 Videos in Umlauf sein, was einem Preis von 50 Dollar pro Video entsprechen würde.
Auch das ist je nach Influencer:in ein eher geringer Betrag, der in der Regel schon die Produktionskosten nicht ansatzweise decken dürfte und bestenfalls für KI-geschnittene und -angereicherte Inhalte funktionieren dürfte. Doch das setzt dann ein entsprechendes Anlernen der KI voraus, was die große Zahl an Videos pro Influencer:in erklären könnte.
Der Betrag lässt nämlich auch noch aus einem anderen Grund aufhorchen: In der Regel werden Influencer:innen nicht für solche großen Mengen an Videos oder Content-Stücken angefragt. Üblich ist eher eine maximal zweistellige Zahl an Videos, für die dann aber wiederum ein deutlich höherer Betrag je Video bezahlt wird. Die Aktion erinnert somit eher an die in Amazons Anfangszeit üblichen Angebote rund um Rezensionen, bei denen Schnellschreiber auf einfache Weise Amazon-Gutscheine generieren konnten.
Billiger Content bringt Profis auf die Palme
Doch all das erinnert auch an Marketingmaßnahmen anderer Unternehmen, die Nutzer:innen in der Vergangenheit um Werbeclaims, Grafiken, Text-Content und ähnliche kreative Leistungen gebeten haben. Regelmäßig kommen in solchen Fällen jene Dienstleister auf den Plan, die mit vergleichbaren Gewerken ihr Geld verdienen und die billige Masche anprangern. Einerseits mit Recht, andererseits aber auch wieder nicht. Denn der Vergleich ist zu kurz gegriffen und die Unternehmen adressieren hier bewusst eine andere Zielgruppe als die prominenten Namen der jeweiligen Branche – „unverbrauchte Ideengeber mit geringem finanziellen Anspruch, die hierdurch Reichweite und Bekanntheit generieren können“, wie es einmal ein Marketer formuliert hat. Allerdings ist all das eben auch ein Angebot, das die Preise kaputt macht, wenn es denn durch echte Profis angenommen wird. Gerade Freelancer:innen sollten hier zurückhaltend sein, um die Preise der gesamten Branche nicht unter Druck zu bringen.
In jedem Fall konkurriert Amazon bei Inspire mit dem Platzhirsch Tiktok um Reichweite und Marktanteile. Denn die chinesische App hatte vor einigen Monaten angekündigt, sich zunächst insbesondere in den Vereinigten Staaten und Großbritannien stärker als E-Commerce-Plattform positionieren zu wollen.
Ich kaufe zwar gerne und viel bei Amazon ein, aber diese Aktion finde ich auch daneben.
Wer nichts wird wird Influencer. :D