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Analyse

Intel, Tesla und BASF: Investitionsboom macht Hoffnung auf goldene Zeiten im Osten

Tesla in Brandenburg, BASF in Thüringen – und jetzt auch noch ein Riesen-Chipwerk von Intel in Sachsen-Anhalt. Ein neues, goldenes Kapitel für Ostdeutschland?

Quelle: dpa
3 Min.
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So soll Intels Chipfabrik in Magdeburg aussehen. (Bild: Intel)

Für Carsten Schneider ist die Entscheidung des US-Chipkonzerns Intel für Magdeburg schlicht eine Sensation. „Das ist ein Signal für ganz Ostdeutschland, das nicht zu überbewerten ist“, sagte der Ostbeauftragte der Bundesregierung am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das werde „die wirtschaftsgeografische Landkarte Deutschlands verändern“.

Tatsächlich verbucht Ostdeutschland eine Rieseninvestition nach der anderen. Kommende Woche will Tesla aus der neuen Gigafabrik in Grünheide bei Berlin das erste Elektroauto ausliefern. Ebenfalls in diesem Jahr will BASF in Schwarzheide die Herstellung von Batteriematerial starten. In Thüringen baut der chinesische CATL-Konzern für bis zu 1,8 Milliarden Euro eine Batteriefabrik, die noch 2022 loslegen könnte. Seit Mitte 2021 produziert in Dresden bereits das Bosch-Halbleiterwerk – eine der modernsten Chipfabriken der Welt. Plötzlich also goldene Zeiten für den Osten?

Intels Pläne wirken gigantisch

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Gerade die neuen Pläne von Intel wirken tatsächlich gigantisch. Der US-Konzern will in einer ersten Ausbaustufe zwei direkt benachbarte Halbleiterwerke in Magdeburg bauen, um dort ab 2027 Prozessoren und Grafikchips herzustellen. Das Unternehmen will zunächst rund 17 Milliarden Euro investieren. Laut Intel sollen etwa 3000 High-Tech-Arbeitsplätze sowie Zehntausende zusätzliche Stellen bei Zulieferern entstehen.

Das könnte Sogwirkung für weitere Investoren entwickeln, vermutet das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). „Es wird dieses Land komplett umgestalten“, erwartet Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Auch an Tesla in Grünheide knüpfen sich solche Erwartungen. Ein Magnet werde das riesige Autowerk vor den Toren Berlins, hofft das Land Brandenburg. „Wir sind nicht mehr die verlängerte Werkbank des Westens“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Anfang März.

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Allerdings teilen nicht alle Experten die Euphorie. Ja, es gebe ein Potenzial, dass andere Investoren nachzögen, sagt Industrieexperte Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. „Aber das wird nicht von alleine kommen. Es ist eine Chance für die Region, aber die Akteure müssen die Chance auch wahrnehmen.“ Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden findet die Intel-Entscheidung zwar „für Magdeburg super“. Aber: „Ich sehe das nicht, dass das so eine Art Zeitenwende für den Osten ist.“

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In Erinnerung sind die vielen Rückschläge in den ostdeutschen Ländern seit der Wiedervereinigung. Sachsen-Anhalt etwa litt unter der Pleite des einstigen Solar-Weltmarktführers Q-Cells. In Brandenburg platzte im Jahr 2003 der Traum einer Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Der hoch subventionierte Cargolifter hob nie aus dem Spreewald ab. Thüringen bangte um das Opel-Werk in Eisenach mit seinen rund 1300 Mitarbeitern, das vom Mutterkonzern Stellantis zeitweise infrage gestellt wurde.

EU für Konzerne strategisch wichtig

Es gebe bei Industrieansiedlungen keine Erfolgsgarantie, sagt DIW-Experte Gornig. Die Entscheidungen der Mutterkonzerne seien individuell, ebenso wie die Bedingungen für die Investitionen. Aber einige Umstände scheinen für die jetzt angekündigten oder begonnenen Projekte in Ostdeutschland zu sprechen.

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So kam Tesla-Chef Elon Musk mit seiner „Gigafactory“ nach Grünheide, weil dort 300 Hektar vorhanden waren, aber auch wegen des Angebots von Ökostrom in Brandenburg. Für Intel spielte die zentrale Lage Magdeburgs eine Rolle und 450 Hektar Fläche. Dresden punktet unter anderem mit Forschung und Bildung an der Technischen Universität.

Für die Erfolgsaussichten gerade der Batterie- und Halbleiterfabriken spricht aber noch ein weiterer Punkt: Beide Branchen definiert die Europäische Union als strategisch wichtig, um die Energiewende voranzubringen und angesichts wackliger Lieferketten international unabhängiger zu werden. Und für beides stehen große Fördertöpfe bereit. So wird für Intel in Magdeburg ein „einstelliger Milliardenbetrag“ öffentlicher Gelder fließen, wie der Ostbeauftragte Schneider sagte.

Massiver Fachkräftemangel könnte ein Problem werden

Knackpunkt könnte hingegen werden, die vielen neuen Stellen tatsächlich gut zu besetzen. „Wir haben große Probleme im Osten mit einem massiven Fachkräftemangel“, sagt Ifo-Experte Ragnitz. „Kurzfristig bis zu 3000 Leute, die kriegt man auf dem Arbeitsmarkt im Osten kaum.“ Das gehe eigentlich nur über Zuwanderung. Für viele Regionen in Ostdeutschland wäre das eine Trendumkehr nach langen Jahren mit Abwanderung und Überalterung. Punkten können sie damit, dass zumindest im Vergleich mit Stuttgart oder München Mieten und Immobilien noch bezahlbar sind.

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In Magdeburg hofft man auch auf Pendler aus Leipzig, Braunschweig und Berlin. Zudem will man alle Register ziehen, um Fachkräfte zu rekrutieren. Bei den Hochschulen sollen die Schwerpunkte der Lehrstühle überprüft, technische Studiengänge gezielt beworben werden. Immerhin hat Magdeburg eine lange Industriegeschichte. Zu DDR-Zeiten hatte dort das Schwermaschinenbau-Kombinat „Ernst Thälmann“ (Sket) 30 000 Beschäftigte. Dort sind heute nur noch wenige Hundert übrig. Nun könnte mit Intel ein neues Kapitel beginnen. (Von Christopher Kissmann, Oliver von Riegen, David Hutzler und Verena Schmitt-Roschmann)

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