KI-generierte Bilder im Marketing: Zwischen Urheberrecht und Entscheidungshilfe
Neue Bildkompositionen auf Knopfdruck: Das versprechen KI-Tools wie Dall-E und Midjourney. Aber können sie mit ihrem Output wirklich schon einen Mehrwert für die Marketing-Praxis bieten?
Ja, meint Executive Creative Director Markus Neckar von der Agentur Palmer Hargreaves. Er hat mit seinem Team eine Telekom-Kampagne umgesetzt, die mit KI-generierten Bildern als Stilmittel arbeitet – und weiß jetzt, welche Chancen und Schwierigkeiten damit einhergehen.
Ein „Blick in die Zukunft“
Neckars erster Auftrag mit KI-Bezug liegt schon einige Jahre zurück. „Es ging darum, Sanitär-Keramiken anhand von einem Bild zu identifizieren und dann im Live-Betrieb ein Ziel-Keramik-Möbel darüber zu legen.“ Statt selbst Bilder zu generieren, sollte die KI-Anwendung damals also Bilder erkennen, identifizieren und interpretieren – und so helfen, Waschbecken, Toiletten und Duschen auszutauschen.
Durch einen finnischen Digitalkünstler wird Neckar im Frühjahr 2022 auf bildgenerierende KI-Tools wie Dall-E und Midjourney aufmerksam. Der Unterschied zwischen den beiden Anwendungen: „Dall-E ist ein sehr gegenständlich definiertes Modell, was in Richtung Fotorealismus gut funktioniert, während Midjourney eine eher fantasievolle Interpretation liefert.“
Mit dem Discord-Bot von Midjourney starten der 41-Jährige und sein Team erste eigene Versuche. Sie tauchen, wie Neckar selbst sagt, in ein Rabbit-Hole ab. „Aus dieser Begeisterung haben wir dann angefangen, das Thema und die Resultate in die Agentur zu tragen.“ Dabei gibt es zahlreiche Fragen: „Wofür können wir es benutzen? Passt vielleicht mal eine Storyline oder eine Kampagne, die wir machen?“
Tatsächlich findet sich ein Auftrag, zu dem die Umsetzung mit Midjourney passen könnte. Ein Palmer-Hargreaves-Team soll Einladungen zum Brandhouse der Deutschen Telekom im Rahmen des Kölner Digitalisierungsevents Digital X gestalten. „Für die Bewerbung, gerade fürs Targeting auf Linkedin zum Beispiel, brauchten wir eine aussagekräftige Visualisierung, die sich abhebt und neugierig macht“, erklärt Neckar.
Die Digitalisierung sei immer ein Blick in die Zukunft, „und wie könnte man besser einen Blick in die Zukunft werfen, als mit einer bildgenerierenden KI-Maschine, die man fragt: ‚Wie stellst du dir denn die Umsetzung dieses Themas für die Zukunft vor?‘“
Marketing-Kampagne mit Midjourney: Die Krux mit dem Urheberrecht
Der Pitch überzeugt – doch es gibt einen Haken: Neben der kreativen Umsetzung müssen Neckar und sein Team herausfinden, wie es um die Urheber- und Lizenzrechte steht, wenn eine bildgenerierende KI-Anwendung im Spiel ist.
Denn: „Das Urheberrecht gilt eigentlich nur für natürliche Personen (…), und die bildgenerierenden Technologien sind noch so neu, dass es noch keine Grundsatzurteile gibt.“
In Abstimmung mit der Rechtsabteilung entsteht folgende Argumentation: In der Telekom-Kampagne werden die KI-generierten Motive nicht alleinstehend genutzt, sondern in eine auf den Kunden angepassten Gesamtkomposition eingebettet. Diese Komposition ist eine kreative Leistung von natürlichen Personen – und sollte dementsprechend urheberrechtlich sicher sein. „Dennoch sind wir natürlich sehr gespannt, was die Rechtssprechung letztendlich ergeben wird, ab welchem Grad von menschlichem Zutun da juristische Klarheit herrschen wird“, so Neckar.
Bildgenerierende KI-Modelle: „Einfach Ausprobieren“
Bis bildgenerierende KI-Modelle wirklich großflächig Verwendung finden, dürfte es noch etwas dauern, schätzt der Marketing-Profi – und das nicht nur wegen rechtlicher Fragen.
Bei der fotorealistischen Darstellung von existierenden Motiven – zum Beispiel der London Bridge – gibt es noch Luft nach oben, außerdem hätten die Bilder derzeit meist noch „einen sehr distinguierten Style“. „Der passt manchmal durch die Storylines, und manchmal passt er auch einfach nicht.“
Auch bei der Umsetzung von sehr spezifischen Composings verlieren die gängigen KI-Anwendungen laut Neckar derzeit noch gegen menschliche Profis. Und: „Wenn es darum geht, konzeptionell einen eigenen Look für eine Marke oder ein Produkt zu entwickeln, wird das auch in naher Zukunft schwer von einer KI erstellt werden können. Man muss dafür viel mehr wissen, braucht Intuition und manchmal auch ein Quäntchen Mut, um zu entscheiden: ‚Gehe ich mit der Konvention oder breche ich mit Erwartungshaltungen?‘“
Geht es hingegen um die Umsetzung von fertigen Konzepten, könnten die KI-Anwendungen künftig durchaus für ein höheres Maß an Automatisierung sorgen. „Ich glaube, in einem Jahr werden wir sehr produktive Einsatzmöglichkeit sehen.“
Und Neckar sieht in Dall-E, Midjourney und Co. noch eine ganz andere Chance: Indem aus einzelnen Stichworten und kurzen Beschreibungen immer wieder unterschiedliche Bilder generiert werden, entstehe ein unerschöpflicher Pool aus Inspirationen. „Nicht alles, was aus dem Tool rauskommt, ist nutzbar (…) – aber wir probieren es dann einfach noch einmal.“
Sein Tipp für alle, die neugierig sind, welche Gestaltungsmöglichkeiten bildgenerierende KI-Tools bieten: „Arschbombe rein, ausprobieren.“
Na ich bin gespannt, wann es die ersten Klagen gibt.
Die Entwickler haben ohne Einwilligung urheberrechtlich geschütztes Material für ihre KIs benutzt und früher oder später wird das auf sie zurückfallen.
Das eine Kreativ-Agentur hier so leicht bereit ist eine extrem unethische KI zu benutzen ist finde ich erstaunlich.