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MIT Technology Review Kommentar

Künstliche Intelligenz und Kernenergie: Warum wir den Hype um KI kritisch hinterfragen sollten

Angst vor Super-KIs ist eine – inzwischen sogar durch den frisch gebackenen Physik-Nobelpreisträger – gern erzählte Dystopie. Aber es ist die falsche Geschichte, wenn es um die Sorgen geht, die wir uns in Bezug auf KIs machen sollten.

Von MIT Technology Review Online
3 Min.
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Microsoft hilft bei der Wiederinbetriebnahme des Katastrophen-Kraftwerks Three Mile Island. (Bild: Dall-E / t3n)

„Wir sollten sehr ängstlich sein“, prangt die Schlagzeile über einem Interview mit der KI-Koryphäe Geoffrey Hinton. Normalerweise blättere ich weiter, ohne zu lesen. Ich bin genervt von solchen Warnungen. Indem sie warnen, tun sie vor allem eines: Sie befeuern den Hype. Diesmal bin ich eingeknickt und habe doch weitergelesen. Ich brauche Stoff für diese Kolumne.

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Hinton spricht darüber, wie KI zu einer Superintelligenz wird, die irgendwann versteht, dass sie mehr Kontrolle erlangen muss. Um sich gegen konkurrierende Superintelligenzen durchzusetzen, beginnt sie, die Rechenzentren der anderen zu übernehmen. Ihr Ziel: mehr zu lernen, weiter zu wachsen und mächtiger zu werden. So schaurig er auch skizziert, was uns bevorsteht, es lässt mich kalt. Das Interview liest sich wie ein Gespräch mit jemandem, der über Sci-Fi halluziniert.

KI und Kernenergie: die Fünfzigerjahre lassen grüßen

Für mich beginnt die wahre Dystopie heute, hier und jetzt. Was mich schaudern lässt, sind Schlagzeilen wie „Störfall-AKW soll Strom für Tech-Konzern liefern“. Für den Energiehunger von Big Tech wird in den USA ein alter Meiler reaktiviert. Er wird wieder ans Netz genommen, um ein Rechenzentrum zu versorgen und den Energiehunger Künstlicher Intelligenz zu stillen. KI und Kernenergie, die Fünfzigerjahre lassen grüßen.

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Julia Kloiber

Julia Kloiber schreibt für die gedruckte Ausgabe von MIT Technology Review regelmäßig eine Kolumne. (Foto: Oliver Ajkovic).

Hinter der Schlagzeile steckt der Tech-Konzern Microsoft. Die Verantwortlichen reden in glattem PR-Sprech von Klimaneutralität. Microsoft-Mitgründer Bill Gates preist Atomkraft seit Jahren als DIE Möglichkeit, dem Klimawandel bei gleichzeitig steigendem Energiebedarf zu begegnen. Anders als Gates, der ein Kind der Fünfziger ist, bin ich ein Kind der Achtziger, genauer eines, das vier Tage vor dem Reaktorunfall von Tschernobyl auf die Welt kam.

Für die Abschaltung der letzten drei Reaktoren, mit denen am 15. April 2023 die Ära der Atomkraft in Deutschland zu Ende ging, wurde jahrzehntelang aufgeklärt und gekämpft. Und vielleicht ist es nicht das Ende der Geschichte, denn es bleibt zu befürchten, dass die geplante Reaktivierung von Three Mile Island für den KI-Boom nicht die letzte ihrer Art sein wird.

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Irland: KI verbraucht mehr Energie als städtische Haushalte

80.0000 Haushalte könnten mit dem Strom versorgt werden, den das Kernkraftwerk Three Mile Island bald exklusiv für Microsoft produzieren soll. Kein Einzelfall: In Irland haben Rechenzentren im Jahr 2023 mehr Strom verbraucht als alle städtischen Haushalte zusammen. Dass KI einen hohen Energieverbrauch hat, ist mittlerweile so bekannt, dass es kaum noch jemanden interessiert. Der Verbrauch wird von vielen als notwendiges Übel betrachtet. Innovation hat eben ihren Preis und wenn der Preis die Reaktivierung eines Atomkraftwerks ist, dann ist das eben so. Was in all den Debatten kaum hinterfragt wird, ist, welche großartigen Innovationen den Verbrauch von so horrenden Energiemengen rechtfertigen? Etwa Chatbots, Bildgeneratoren, selbstfahrende Autos …? In kaum eine andere Technologie projizieren wir so viel Hoffnung wie in KI. Wir vertrauen geradezu blind darauf, dass sich der ganze Einsatz lohnen wird.

Nimmt man Hintons Szenario mit der Superintelligenz, die sich mehr und mehr Macht verschafft, und fügt die Zutat Kernenergie hinzu, dann wird es erst so richtig dystopisch. Sein „Wir sollten sehr ängstlich sein“ unterschreibe ich dennoch nicht. Angst ist eine passive Emotion. Wir sollten wachsam sein und stets hinterfragen, was wir als Gesellschaft bereit sind, für Technologie-Hypes aufs Spiel zu setzen.

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Autorin dieses Textes ist Julia Kloiber. Sie arbeitet als Mitgründerin der feministischen Organisation Superrr Lab an gerechten und inklusiven digitalen Zukünften. In der gedruckten Ausgabe von MIT Technology Review berichtet sie in ihrer Kolumne über ihre Erfahrungen in und mit der Tech-Welt.

Weitere Texte von Julia Kloiber:

 

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